Der "Maintaler Mordfall" geht in die dritte Runde

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Einer der mysteriösesten Fälle Hessens

Nachdem ein Vater und sein Sohn im Juni 2014 ein Ehepaar getötet haben, gehen die Verhandlungen jetzt vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main in die dritte Runde. Sie wurden bereits zwei Mal freigesprochen, aber der BGH hat die Freisprüche beide Male aufgehoben. Warum?

Worum geht es?

Der sogenannte “Maintaler Mordfall” oder “Todesfall Klock” ereignete sich am 06. Juni 2014 in der hessischen Stadt Maintal. Die beiden Mieter eines Reithofs, der heruntergekommenen “Main River Ranch”, Klaus-Dieter B. (damals 59 Jahre alt) und sein damals 29 Jahre alter Sohn, töteten ihre Vermieter, das 57-jährige Ehepaar Harry und Sieglinde Klock und vergruben anschließend die Leichen unter einem Misthaufen. Vier Monate später gestanden die Täter ihre Tat. Sie wurden vom LG Hanau freigesprochen, weil das Gericht Notwehr nicht ausschließen konnte. Der Fall sorgte für bundesweites Aufsehen.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft und der Hinterbliebenen der Opfer wurde das Urteil des LG Hanau vom Bundesgerichtshof (BGH) 2017 aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an eine andere große Strafkammer des LG Hanau zurückverwiesen. 

Nach dem erneuten Freispruch durch die große Strafkammer des Landgerichts legten Staatsanwaltschaft und Nebenkläger 2018 abermals Revision ein - mit Erfolg. Der BGH hob das Urteil letztes Jahr nochmals auf und verwies es dieses Mal zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine Schwurgerichtskammer des LG Frankfurt am Main, womit der Maintaler Mordfall nach sieben Jahren nun zum dritten Mal verhandelt wird. Seit dem 22. April 2021 stehen die Angeklagten wieder vor Gericht.

Notwehr, § 32 StGB
KLausurrelevante Lerneinheit

Das Tatgeschehen

Am 06. Juni 2014 begaben sich die Vermieter, welche gleichzeitig die Eigentümer der Ranch waren, zum Reithof, um ausstehende Miete von den Mietern einzufordern. Als sie nicht zurückkehrten, meldete die Tochter die beiden als vermisst. Obwohl die Ermittler Blutspuren am Reithof fanden, konnten auch nach Gründung einer Sonderkommission und umfangreichen Suchmaßnahmen, einschließlich des Einsatzes von Tauchern im Main, die Leichen nicht gefunden werden. Erst vier Monate später gestanden die Täter die Tat und zeigten den Ermittlern die Leichen, die unter einem Misthaufen vergraben waren. Harry Klock wurde erstochen, seine Ehefrau mit zwei Schüssen aus einer Pistole erschossen.

Die rechtliche Würdigung

Die Staatsanwaltschaft forderte für beide Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. Die Täter beriefen sich auf Notwehr gem. § 32 StGB und gaben an, sie seien von dem aggressiven Vermieter bedroht worden. Der Auseinandersetzung sollen Streitigkeiten wegen Mietzahlungen zugrunde gelegen haben. Am 05. August 2015 sprach das Landgericht Hanau die beiden Täter wegen Vorliegens von Notwehr frei. Das Gericht glaubte den Angeklagten auch darin, dass sie die Leichen nur deshalb versteckten, weil sie befürchten mussten, dass ihnen die Ermittler diesen Tatablauf nicht glauben würden.

Im Vorfeld berichtete die Presse von vermutlich verminderter Schuldfähigkeit, Notwehr sei wahrscheinlich. Das Gericht berief sich dabei maßgeblich auf die Zeugenaussagen eines Tierarztes, der den Vermieter als cholerisch und aggressiv beschrieb, unter anderem die Mieter als „geisteskrank“ beschimpfte und wie Sklaven herumkommandiert haben soll. Allein 30 Anzeigen seien seit 1984 gegen Klock aktenkundig gewesen. Außerdem war von Spielschulden die Rede. Manche beschrieben ihn als nett, ruhig und unauffällig, andere sprachen von einem Schläger aus der Bahnhofsszene. 

Der BGH hob am 01. Februar 2017 auf die Revision der Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hin das Urteil wegen Fehlern in der Beweiswürdigung auf und verwies den Fall an eine andere große Strafkammer des Landgerichts Hanau zurück. Am 16. März 2018 sprach das LG Hanau die beiden Angeklagten erneut frei. Allerdings wurde der Vater wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die aber auf die vorangegangene Untersuchungshaft vollständig angerechnet wurde. Auch gegen dieses Urteil legten Staatsanwaltschaft und Nebenklage Revision ein, woraufhin der BGH das Urteil am 10. März 2020 aufhob und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung diesmal an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main verwies. So sei unter anderem „die Einlassung der Angeklagten falsch dargestellt und falsch gewürdigt worden“. „Der Senat hat sich veranlasst gesehen, das Verfahren letztlich an das Landgericht Frankfurt abzugeben, damit dort eine objektive, neue Verhandlung beginnen kann“, sagte der ermittelnde Oberstaatsanwalt Heinze gegenüber einer Zeitung.

Neue Verhandlungen vor dem LG Frankfurt am Main

Seit dem 22. April 2021 müssen sich Vater und Sohn nun vor dem LG Frankfurt am Main verantworten, welches auf Anweisung des BGH die Beweisaufnahme komplett wiederholen muss. Die Anklage legt dem Vater Mord und dem Sohn nun Totschlag zur Last. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wollte der Vater mit dem Erschießen der Vermieterin die Tat seines Sohnes verdecken, weshalb die Staatsanwaltschaft in diesem Fall von Mord ausgeht. Die Verdeckungsabsicht bestünde darin, die Tat des Sohnes - das Erstechen des Vermieters - zu vertuschen und die anwesende Zeugin, die Ehefrau des Vermieters, zum Schweigen zu bringen.

Aufbau der Prüfung: Mord, § 211 StGB
Klausurrelevante Lerneinheit

Zu Beginn des dritten Prozesses verwies der Vater erneut auf Notwehr. Er habe sich nicht anders helfen können, als auf die Frau zu schießen, nachdem der Sohn mit einem Messer und einem Beil sowie freilaufenden Hunden massiv von den Eheleuten bedrängt worden sei. Während sich der Vater weitgehend auf seine früheren Aussagen berief, äußerte sich der Sohn zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Bislang seien 22 Verhandlungstage bis Anfang September vorgesehen. Der Vorsitzende Richter sprach von einer “ungewöhnlichen Konstellation, dass Strafkammerurteile gleich zwei Mal hintereinander aufgehoben werden”.

Das Frankfurter Landgericht will zahlreiche Zeugen aus dem Umfeld der Angeklagten und Opfer wie auch technische Sachverständige anhören.

Ob es zu einem erneuten Freispruch der Angeklagten kommt, bleibt mit Spannung abzuwarten.

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