Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

Aufbau der Prüfung - Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

Der rechtfertigende Notstand ist in § 34 StGB geregelt und hat - wie auch die übrigen Rechtfertigungsgründe - einen dreistufig Aufbau. Der rechtfertigende Notstand setzt somit eine Notstandslage, eine Notstandshandlung und einen Notstandswillen voraus.

I. Notstandslage

Als erstes Merkmal des § 34 StGB muss eine Notstandslage vorliegen. Diese kennt zwei Voraussetzungen: Der Notstand verlangt zunächst eine Gefahr für ein Rechtsgut, die zudem gegenwärtig sein muss.

1. Gefahr

Gefahr ist die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.

2. Gegenwärtig

Gegenwärtig ist die Gefahr überdies, wenn sie jederzeit in einen Schaden umschlagen kann. Beim rechtfertigenden Notstand ist daher – im Gegensatz zur Notwehr - eine sogenannte Dauergefahr ausreichend. Beispiel: Belästigt und drangsaliert jemand eine andere Person über Wochen oder gar Monate ist dies von § 34 StGB als Dauergefahr erfasst.

II. Notstandshandlung

Weiterhin fordert der rechtfertigende Notstand neben der Notstandslage auch eine Notstandshandlung. Diese besteht aus der Prüfung der Erforderlichkeit, einer Interessenabwägung und gegebenenfalls der Erörterung der Angemessenheit.

1. Erforderlichkeit

Erforderlich ist die Notstandshandlung, wenn die Gefahr nicht anders abwendbar ist. Daher muss die Abwehr zunächst geeignet sein und zudem das relativ mildeste Mittel darstellen.

a) Geeignetheit

b) Mildestes Mittel

2. Interessenabwägung

Ferner verlangt der rechtfertigende Notstand eine Interessenabwägung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung wird geprüft, ob das geschützte Interesse das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegt.

(3. Angemessenheit, § 34 S. 2 StGB)

Nur in bestimmten Fällen ist es in der Prüfung des § 34 StGB notwendig, auf die Angemessenheit der Notstandshandlung einzugehen (siehe S. 2 der Norm). Die Angemessenheit spielt eine Rolle, wenn ein Eingreifen bestimmter Personengruppen – wie beispielsweise von Feuerwehr oder Polizei – vorliegt und gewinnt eine Bedeutung, wenn Grundrechte betroffen sind. Beispiel: Eine Person liegt schwer verletzt im Krankenhaus und braucht dringend eine Bluttransfusion, um zu überleben. Unglücklicherweise hat der Verletzte eine seltene Blutgruppe, welche das Krankenhaus nicht vorrätig hat. Im Nebenzimmer liegt jedoch ein Patient mit derselben Blutgruppe. Dieser weigert sich jedoch auf Nachfrage, einen halben Liter Blut zu spenden. Daraufhin wird ihm zwangsweise Blut entnommen. In diesem Fall ist die Blutentnahme nicht gerechtfertigt, da sie gegen Art. 1 GG verstößt.

III. Notstandswille

Zuletzt setzt der rechtfertigende Notstand nach § 34 StGB einen Notstandswillen, auch Rettungswillen genannt, als subjektives Rechtfertigungselement voraus.

 

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