Die Klausur betrifft das Darlehens- und Bürgschaftsrecht, wobei ein Darlehen unter Mitwirkung eines minderjährigen Prokuristen abgeschlossen wurde. Bei der zweiten Frage waren innerhalb des Rückzahlungsanspruchs die Rechtsnatur eines Vertrags über das Neubeschichten der Oberfläche einer Küche, Verjährungsfragen und kaufmännische Rügeobliegenheiten zu klären.
Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
Die W-GmbH (W) betreibt ein Weingut, dessen alleinige Geschäftsführerin und Gesellschafterin die A ist. Sie ist deshalb sogar vom Selbstkontrahierungsverbot befreit. W hat auf ihrem Weingut einen Verkostungsraum und eine Verkaufsfläche, um ihren Wein entsprechend gut präsentieren zu können. In dem Verkostungsraum befindet sich eine den individuellen Begebenheiten angepasste Einbauküche. Im Zuge von Renovierungsarbeiten soll nun auch die Küche modernisiert werden. A schließt im Namen der W-GmbH mit B, einem eingetragenen Kaufmann, einen Vertrag über die Modernisierungsmaßnahmen. B soll die Oberflächen der Küche neu, und zwar in mattschwarz, während der Betriebsferien der W im Juli 2017 für 6.000€ beschichten.
Als B die Beschichtung bestellt, vertippt er sich, sodass die Bestellung mit einem falschen Farbcode herausgeht. Er bestellt statt einer matten Beschichtung eine schwarz glänzende. Als die Lieferung erfolgt, denkt B, dass er und A sich auch auf diese Beschichtung geeinigt hätten. Er war sich seines Fehlers nicht bewusst und führt im Juli die Arbeiten bis zum 31.07.2017 aus. A ist währenddessen auf dem Weingut nicht anwesend, da sie im Urlaub ist. Sie verbleibt dort auch länger als geplant, weil sie plötzlich erkrankte. Erst am 13.08.2017 ruft B die A an und verlangt die Zahlung i.H.v. 6.000€.
A ruft ihren Sohn S an (15 Jahre) und fragt ihn, wie die Arbeit des B aussieht. Dieser weiß jedoch nichts von der Farbverabredung und sagt zu A am Telefon, dass alles “einwandfrei” sei. A überweist daraufhin aus dem Urlaub die 6.000€ an B. Zwei Wochen später kommt A aufs Weingut zurück und erkennt den Fehler, ärgert sich, aber unternimmt nichts, weil sie zudem erneut erkrankt.
Der W geht es zunehmend schlechter. Im Oktober 2019 nimmt A ein Darlehen i.H.v. 40.000€ in den Geschäftsräumen des H auf. H verlangt, dass A ein Formular unterschreibt auf dem sie “für alle künftigen Verbindlichkeiten der W-GmbH mit dem H, insbesondere aus Darlehen, selbstschuldnerisch” bürgt. Dieses Formular verlangt er von allen Geschäftsführern. A unterschreibt, H nimmt das Formular wieder an sich und überweist die 40.000€ an die W. Als A wieder krank wird, bestellt sie den mittlerweile 17-jährigen S zum Prokuristen der W. Die Eintragung im Handelsregister erfolgt.
Schaue Dir hier die Lerneinheit zur Prokura gem. §§ 48 ff. HGB an
Prüfungsrelevante Lerneinheit
S nimmt im Namen der W erneut ein Darlehen i.H.v. 20.000€ bei H auf. Im Mai 2020 werden die beiden Darlehen fällig, die W aber nicht zahlen kann. H kündigt daraufhin zum 30.06.2020. Bis zum 13.07.2020 kann H keinen Zahlungseingang durch die W feststellen. H will aber nun von A das Geld zurückgezahlt bekommen. A meint, das Darlehen mit dem minderjährigen S sei gar nicht wirksam und das Formular was sie unterschrieben habe sei viel zu unbestimmt und weit gefasst, weshalb er kein Geld erhalte.
H sagt, A sei geschäftserfahren und praktisch die einzige, die von Erfolgen der W profitiere und Entscheidungen fällen kann, sie stehe daher nicht schlecht dar. A bekommt wenig später erneut die Rechnung des B in die Finger und verlangt von diesem nunmehr die Beschichtung in mattschwarz zu ändern und setzt diesem bis Anfang September 2020 eine Frist. B reagiert nicht.
Daraufhin erklärt A den Rücktritt und verlangt die 6.000€ heraus. B meint, die Farbe beeinträchtige doch schon nicht die Verwendung der Küche, außerdem würde die Neubeschichtung erneut 6.000€ kosten. Der S habe von der falschen Farbe gewusst und das müsse A sich als Organisationsverschulden anlasten lassen. Zudem sei Verjährung eingetreten. A ist empört, sie habe gehört, dass “Sachen am Bau” nicht so schnell verjähren, außerdem könne S nichts dafür.
Frage 1: Kann H von A Zahlung i.H.v. 60.000€ verlangen?
Frage 2: Kann die W-GmbH von B Rückzahlung des Rechnungsbetrags i.H.v. 6.000€ verlangen?Bearbeitervermerk: Auf alle aufgeworfenen Fragen ist, gegebenenfalls in einem Hilfsgutachten, gutachterlich einzugehen. Ein Verbraucherdarlehensvertrag ist nicht zu prüfen. H durfte ein gewerbliches Darlehen vergeben.
Schaue Dir hier die prüfungsrelevanten Lerneinheiten an:
- Wirksamkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen, §§ 106 ff. BGB
- Anfechtungsgründe, §§ 119 ff. BGB
- Darlehen, §§ 488 ff. BGB
- Rücktritt im Werkvertragsrecht
- Prokura gem. §§ 48 ff. HGB
Viel Spaß und viel Erfolg beim eigenständigen Lösen der KlausurDein Jura-Online Team
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