BGH zum Pfändungspfandrecht und Insolvenzverfahren

BGH zum Pfändungspfandrecht und Insolvenzverfahren

A. Sachverhalt (vereinfacht)

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe einer vereinnahmten Versicherungsleistung in Anspruch.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht S. Dieser verpfändete am 5. Juni 2006 Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens in Höhe von 43.865,25 Euro an die Beklagte und zeigte dies dem Versicherer an.

Gleichzeitig war S aber bereits verurteilt worden, an die Klägerin mehr als 260.000,00 Euro zu zahlen. Die Klägerin beantragte deshalb am 4. Oktober 2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für die Ansprüche des S aus der Lebensversicherung. Dieser Beschluss wurde dem Versicherer am 16. November 2006 zugestellt.

Kurz darauf, nämlich am 1. Dezember 2006, beantragte S die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und beantragte Restschuldbefreiung. Im Insolvenzverfahren meldeten die Klägerin und die Beklagte ihre Ansprüche zur Tabelle an. Die vom Insolvenzgericht eingesetzte Treuhänderin gab im Laufe des Insolvenzverfahrens die Ansprüche aus der Lebensversicherung frei. Das Insolvenzverfahren wurde am 13. Januar 2011 aufgehoben. Am 20. März 2013 wurde S Restschuldbefreiung erteilt.

Am 1. November 2015 endete die Versicherungsdauer der stets fortgeführten Lebensversicherung des S. Am 7. November 2015 schrieb die Beklagte an den Versicherer, sie habe keine Forderungen mehr gegen S, die Versicherungssumme von 87.514,00 Euro möge daher an S ausgezahlt werden.

Später trat S seine Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Beklagte ab. Die Beklagte erhielt daraufhin vom Versicherer 87.514,00 Euro, die die Klägerin im vorliegenden Verfahren herausverlangt.

Die Klage ist in zwei Instanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung durch die Klägerin sei gemäß § 88 InsO wirkungslos geblieben, weil der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag zugestellt worden sei. Ein durch die Pfändung etwa begründetes Sicherungsrecht sei mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen. Weder die Freigabe der Ansprüche noch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens habe das Pfändungspfandrecht wiederaufleben lassen, weil der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht erneut zugestellt worden sei.

B. Überblick

Zwangsvollstreckungsrechtliche Klausuren sind in beiden Examen sehr beliebt, im zweiten kommen sie in den meisten Bundesländern sogar regelmäßig vor. Sichere Kenntnisse sind auch hier also unerlässlich.

I. Zwangsvollstreckung

Die Voraussetzungen jeder Vollstreckung sind gemäß § 750 ZPO

  • Titel (§§ 704, 794 ZPO)
  • Vollstreckungsklausel (§§ 724, 725 ZPO)
  • Zustellung.

Für die Frage nach der ordnungsgemäßen Durchführung der Vollstreckung prüft man zunächst, worauf der Titel gerichtet ist. Im vorliegenden Fall vollstreckt die Klägerin aus einem titulierten Zahlungsanspruch. Sie hat also eine Geldforderung S.

Im zweiten Schritt wird unterschieden zwischen der Vollstreckung wegen einer Geldforderung in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen des Schuldners. Hier geht es um die Vollstreckung in den Anspruch des S gegen die Versicherungsgesellschaft auf Auszahlung der Versicherungsleistung. Eine Forderung gehört zum beweglichen Vermögen des Schuldners.

Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung (§ 803 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und Verwertung des Vollstreckungsgegenstands. Vollstreckungsgegenstände können in erster Linie bewegliche Sachen und Forderungen sein.

Der gepfändete Gegenstand unterliegt hoheitlicher Verfügungsmacht (Verstrickung). Der Schuldner darf deshalb nicht mehr über ihn verfügen (§§ 135, 136 BGB).

Der Gläubiger erwirbt zur Sicherung ein Pfändungspfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand (§ 804 Abs. 1 ZPO), das ihm grundsätzlich dieselben Rechte vermittelt wie ein vertragliches Pfandrecht (Abs. 2 Halbs. 1) und das im Verhältnis zu anderen Pfändungspfandgläubigern nach dem Prioritätsprinzip behandelt wird (Abs. 3).

Die Pfändung einer Forderung erfolgt dadurch, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers einen Pfändungsbeschluss erlässt (§ 829 ZPO). Damit wird dem Drittschuldner (Schuldner des Schuldners, zB Bank in Bezug auf den Auszahlungsanspruch aus dem Guthaben; hier die Versicherung) verboten, an den Schuldner zu zahlen, und dem Schuldner geboten, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten; insbesondere, sie einzuziehen. Die Pfändung ist bewirkt, sobald der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugestellt wurde (§ 829 Abs. 3 ZPO).

Die Verwertung erfolgt durch Erlass eines Überweisungsbeschlusses, der in der Praxis regelmäßig mit dem Pfändungsbeschluss verbunden wird (Pfändungs- und Überweisungsbeschluss). Der Gläubiger muss sich dabei entscheiden, ob er sich die Forderung zur Einziehung beim Drittschuldner überweisen lässt oder sie an Zahlungs statt erwirbt. Im ersten Fall hat er einen Auszahlungsanspruch gegen den Drittschuldner. Seine Vollstreckungsforderung gegen den Schuldner erlischt, sobald er Zahlung vom Drittschuldner erlangt hat. Im zweiten Fall gilt der Gläubiger bereits als befriedigt (§ 835 Abs. 2 ZPO), selbst wenn er die Forderung beim Schuldner nicht liquidieren kann. In der Praxis kommt die Überweisung an Zahlungs statt deshalb nur selten vor.

Zwangsvollstreckung, §§ 704 ff. ZPO
Prüfungsrelevante Lerneinheit

II. Insolvenzverfahren

Im vorliegenden Fall kollidiert das Zwangsvollstreckungsrecht mit dem Insolvenzrecht. Zwar werden im Examen keine vertieften Kenntnisse des Insolvenzrechts verlangt, die Grundzüge müssen aber bekannt sein. Das gilt vor allem für das Verhältnis zum Zwangsvollstreckungsrecht. Aber auch ansonsten werden die Wirkungen des Insolvenzverfahrens häufig in zivilrechtlichen Wertungen herangezogen.

Über das Vermögen des S wurde 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet. Dabei hat S als natürliche Person auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt. In einem solchen Verfahren gibt es keinen Insolvenzverwalter, sondern einen Treuhänder (§§ 287, 288 InsO). Restschuldbefreiung bedeutet, dass der Schuldner nach Beendigung des Insolvenzverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen von allen Schulden befreit wird, die er im Insolvenzverfahren nicht begleichen konnte (§ 286 InsO). Eine Ausnahme gilt vor allem für Forderungen aus unerlaubter Handlung (§ 302 Nr. 1 InsO).

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dürfen die Gläubiger nicht mehr einzeln vollstrecken (§ 89 InsO). Außerdem ist vorliegend § 88 InsO von Bedeutung. Danach wird eine Sicherung, die der Gläubiger im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag aus dem Vermögen des Schuldners durch Zwangsvollstreckung erlangt hat, unwirksam. Wie unter I. gezeigt, wird die Forderungspfändung mit Zustellung des Beschluss an den Drittschuldner wirksam, hier also am 16. November 2006. Nur zwei Wochen später stellte S den Insolvenzantrag.

Dies Besonderheit des Falls liegt aber darin, dass die Treuhänderin die Forderung aus der Lebensversicherung freigegeben hat. Grundsätzlich erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (§ 35 Abs. 1 InsO). Folglich gehörte auch der Anspruch auf die Versicherungsleistung zur sog. Insolvenzmasse, über die nach § 80 InsO nur der Insolvenzverwalter bzw. hier die Treuhänderin verfügen darf. Verfügungen des Schuldners sind grundsätzlich unwirksam (§ 81 Abs. 1 Satz 1 InsO). Nach ständiger Rechtsprechung kann von diesen aber ein Gegenstand der Insolvenzmasse freigegeben werden. Das wird ein Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder u.a. dann tun, wenn mit dem Gegenstand Belastungen für die Insolvenzmasse verbunden sind, wie vorliegend die Prämienzahlungen für die Versicherung. Der Schuldner darf dann über diese Forderung wieder verfügen.

C. Entscheidung

Der u.a. für das Zwangsvollstreckungsrecht zuständige IX. Zivilsenat des BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 87.514,00 Euro zu zahlen.

Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB.

I. Leistung an einen Nichtberechtigten

Nicht die Beklagte, sondern die Klägerin sei berechtigt gewesen, die Versicherungsleistung zu vereinnahmen.

1. Pfändungspfandrecht der Klägerin

Für die Klägerin habe ein Pfändungspfandrecht am Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bestanden, das gegenüber Rechten der Beklagten vorrangig gewesen sei. Dieses Pfändungspfandrecht sei mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Versicherung am 16. November 2006 wirksam geworden (§ 829 Abs. 3 ZPO).

Allerdings habe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst zur schwebenden Unwirksamkeit des Pfändungspfandrechts geführt, da die Zustellung an die Drittschuldnerin im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrags durch S erfolgt sei (§ 88 Abs. 1 InsO). Solange die Vollstreckungshandlung nicht vom zuständigen Organ aufgehoben werde, bestehe jedoch die Verstrickung fort. Deshalb lebe die Sicherung des Gläubigers wieder auf, wenn der betroffene Vermögensgegenstand vom Insolvenzverwalter freigegeben oder das Insolvenzverfahren ohne Verwertung des Gegenstandes aufgehoben wird.

Vorliegend habe die Treuhänderin die Forderung aus der Lebensversicherung freigegeben. Dadurch sei das Pfändungspfandrecht der Gläubigerin wieder wirksam geworden, ohne dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses noch einmal an die Drittschuldnerin hätte zugestellt werden müssen.

Die Erteilung der Restschuldbefreiung sei unerheblich, weil der Gläubiger berechtigt bleibe, sich aus einem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirksam entstandenen Pfändungspfandrecht zu befriedigen (§ 301 Abs. 2 Satz 1 InsO).

Ebenso spiele es keine Rolle, dass S die Forderung später an die Beklagte abgetreten habe. Gegen das Verbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO verstoßende Verfügungen des Pfändungsschuldners sind dem Pfändungsgläubiger gegenüber gemäß § 136, § 135 Abs. 1 Satz 1 BGB relativ unwirksam, soweit sie ihn rechtlich oder tatsächlich beeinträchtigen.

2. Vorrang des Pfändungspfandrechts

Das Pfändungspfandrecht der Klägerin müsse nicht gegenüber einem vertraglichen Pfandrecht der Beklagten an der Forderung zurücktreten. Die Beklagte habe zwar durch die Verpfändung der Forderung durch S im Juni 2006 bereits vor der Entstehung des Pfändungspfandrechts ein Pfandrecht an der Forderung erworben, dieses Pfandrecht sei aber im November 2015 gemäß § 1273 Abs. 2, § 1255 Abs. 1 BGB aufgehoben worden. Danach genügt zur Aufhebung eines Pfandrechts die Erklärung des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder.

Entstehung eines Pfändungspfandrechts
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Die Beklagte habe eine solche Aufhebungserklärung mit ihrem Schreiben an den Versicherer vom 7. November 2015 abgegeben. Darin hat sie erklärt, dass sie keine Forderungen mehr gegen S habe und die Versicherungssumme von 87.514,00 Euro daher an diesen ausgezahlt werden solle. Der Versicherer sei berechtigt gewesen, diese Erklärung für den eigentlichen Empfänger S entgegen zu nehmen. Der BGH verweist zur Begründung auf eine rechtskräftige Entscheidung zwischen S und dem Versicherer, die sich die Beklagte zu eigen gemacht hatte. Die konkreten Einzelheiten werden aber leider nicht mitgeteilt.

II. Wirksamkeit der Auszahlung gegenüber der Klägerin

Die Auszahlung der Versicherungssumme an die Beklagte sei gegenüber der Klägerin wirksam. Mit der Erhebung der Klage auf Herausgabe des Betrages habe die Klägerin die Auszahlung an die Beklagte genehmigt.

D. Prüfungsrelevanz

Wie gewohnt sollen an dieser Stelle die prüfungsrelevanten Aspekte der Entscheidung zusammengefasst werden.

I. Herausgabeanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB

Für den Herausgabeanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB ist es zwar erforderlich, dass die Leistung an den Nichtberechtigten gegenüber dem Berechtigten als Gläubiger des Anspruchs wirksam ist. Hier ist vor allem die Sicherungsabtretung einer Forderung von Interesse. Der Zedent ist nicht mehr berechtigt, Zahlungen auf die Forderung entgegen zu nehmen. Zeigt er aber die Abtretung seinem Schuldner nicht an, kann dieser auch weiterhin an ihn leisten, wodurch die Forderung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt, und zwar auch im Verhältnis zum Zessionar (§ 407 Abs. 1 BGB). Der Zessionar kann also nicht erneut Zahlung auf diese Forderung verlangen. Er hat jedoch gegen den Zedenten einen Anspruch auf Herausgabe des vereinnahmten Betrages.

Leistung an einen Nichtberechtigten, § 816 II BGB
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Ist die Leistung an den Nichtberechtigten dem Berechtigten gegenüber unwirksam, zum Beispiel weil der Schuldner des Zedenten die Abtretung kannte, greift § 816 Abs. 2 BGB zunächst nicht ein. Der Zessionar könnte sich also weiterhin an den Schuldner des Zedenten halten, während dieser Schuldner in Bezug auf die erste Zahlung einen Bereicherungsanspruch gegen den Zedenten hätte.

Genauso gut kann der Berechtigte die Leistung aber auch genehmigen (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB). Diese Genehmigung muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann – wie hier – auch in der Erhebung einer auf § 816 Abs. 2 BGB gestützten Klage liegen.

Vorliegend konnte die Versicherung nicht mehr schuldbefreiend an die Beklagte leisten. Sie wusste zum einen, dass die Klägerin die Forderung gepfändet hat, da ihr der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt worden war, und zum anderen kannte sie die Mitteilung der Beklagten vom 7. November 2015, dass diese keine Forderung gegen S mehr habe. Die Auszahlung an die Beklagte konnte deshalb gegenüber der Klägerin nicht wirksam sein. Die Klägerin hatte sich jedoch dafür entschieden, nicht den Versicherer, sondern die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Hierin lag die Genehmigung der Auszahlung.

II. Auswirkung des Insolvenzverfahrens auf das Pfändungspfandrecht

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners führt nicht zum Erlöschen eines Pfändungspfandrechts an einem Gegenstand der Insolvenzmasse. Soweit § 88 Abs. 1 BGB von der Unwirksamkeit einer durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherheit spricht, stellt der BGH klar, dass es sich dabei nur um eine schwebende Unwirksamkeit handelt, wie man sie beispielsweise von Rechtsgeschäften Minderjähriger kennt. Während dort die endgültige Wirksamkeit von der Genehmigung der Eltern abhängt, kommt es hier darauf an, ob der Gegenstand des Pfändungspfandrechts freigegeben oder das Insolvenzverfahren aufgehoben wird, ohne dass dieser Gegenstand verwertet wurde. Vorliegend hatte die Treuhänderin die Forderung freigegeben.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen musste für die Wirksamkeit des Pfändungspfandrechts der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht erneut an den Versicherer zugestellt werden. Der BGH macht hier den Unterschied zwischen der Verstrickung der Forderung durch die Pfändung als Hoheitsakt und der materiellen Wirkung des Pfändungspfandrechts deutlich. Die Verstrickung, die durch die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Versicherer eingetreten ist, hat auch während des Insolvenzverfahrens fortbestanden, weil dieser Beschluss nicht vom Vollstreckungsgericht aufgehoben wurde.

III. Prioritätsprinzip

Wie schon unter B. erwähnt, gilt für das Verhältnis eines Pfändungspfandrechts zu anderen Pfandrechten das Prioritätsprinzip (§ 804 Abs. 2 Halbs. 1 ZPO). Danach geht ein früher begründetes Pfandrecht einem später begründeten vor. Der „ältere“ Pfändungsgläubiger kann also im Umfang seiner durch Pfändung gesicherten Forderung auf das Vermögen des Schuldners zugreifen, während der „jüngere“ Gläubiger hoffen muss, dass danach noch etwas für ihn übrigbleibt. Das gilt auch im Verhältnis mehrerer Inhaber von Pfändungspfandrechten (§ 804 Abs. 3 ZPO).

Die Beklagte hatte noch vor der Pfändung der Forderung des S gegen den Versicherer durch die Klägerin ein vertragliches Pfandrecht an der Forderung durch Einigung mit S und Anzeige an den Versicherer erworben (§§ 1274 Abs. 1, 398 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Voraussetzung für diese Priorität ist natürlich, dass das ältere Pfandrecht noch besteht. Das muss in der Klausur also inzident geprüft werden, wie es auch der BGH vorliegend getan hat. Dabei kam es darauf an, dass die Beklagte ihr Pfandrecht an der Forderung gemäß § 1255 BGB, der auch für die Forderungspfändung gilt (§ 1273 Abs. 2 Satz 1 BGB), aufgegeben hatte. Das hat der BGH aus dem Schreiben an den Versicherer abgeleitet. Warum der Versicherer hierbei als Repräsentant des S als dem Erklärungsempfänger anzusehen war, bleibt leider offen.