BVerfG zu Rassismus: Rassistische Affenlaute fallen nicht unter Meinungsfreiheit

BVerfG zu Rassismus: Rassistische Affenlaute fallen nicht unter Meinungsfreiheit

BVerfG bestätigt menschenverachtende Äußerung

Bei einer hitzigen Debatte im Betriebsrat äußerte ein Angestellter gegenüber seinem dunkelhäutigen Kollegen Affenlaute. Gegen seine fristlose Kündigung zog er bis vor das BVerfG.

Worum geht es?

Ein Wortgefecht zwischen zwei Arbeitnehmern in einem Logistikunternehmen im Großraum Köln hat es bis zum BVerfG geschafft. Vorab hatten schon mehrere Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit zum Nachteil des späteren Antragstellers in Karlsruhe geurteilt. 

Die beiden Männer waren beide im Betriebsrat des Unternehmens tätig. Während einer Sitzung im November 2017, in der über ein neues EDV-System diskutiert wurde, kam es dann zum Eklat. Der nun vor das BVerfG gezogene Arbeitnehmer titulierte seinen dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten „Ugah ugah“, also Affenlaute. Dieser fühlte sich durch diese Laute diskriminiert und wandte sich an die Beschwerdestelle des Unternehmens. Daraufhin kündigte das Unternehmen den Arbeitsvertrag des anderen Angestellten fristlos. Als Betrieb mit einer multiethischen Belegschaft sei es nicht zumutbar, gegenüber Kollegen rassistisch werdende Arbeitnehmer zu beschäftigen.

Dieser wollte das nicht auf sich sitzen lassen – schließlich sei der Umgangston im Betriebsrat immer „rau“ und „flapsig“ – und zog vor Gericht. 

Kein Erfolg vor ArbG und LAG

Sein juristischer Kampf gegen die fristlose Kündigung seines Arbeitsvertrages begann vor dem Arbeitsgericht in Köln. Dieses musste sich in einer mehrstündigen Beweisaufnahme erstmal Klarheit über das hitzige Wortgefecht verschaffen, denn Teile davon waren strittig. Nach Auffassung des Gerichts antwortete der gekündigte Arbeitnehmer auf die Nachfrage seines Kollegen, was er nun überhaupt wolle, mit den Lauten „Ugah Ugah“, anschließend nannte ihn sein Kollege einen „Stricher“. Nach Vortrag des Gekündigten wurde allerdings er zunächst „Stricher“ genannt und Affenlaute habe er nie gemacht, sondern lediglich „bunga bunga“ gesagt. Er sei kein Rassist. Das ArbG Köln glaubte ihm aber nicht und wies seine Klage gegen die Kündigung ab.

Rechtsquellen im Arbeitsrecht
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Und auch in der nächsten Instanz hatte er keinen Erfolg. Das LAG bestätigte die Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung als Folge auf eine rassistische Diskriminierung. In seiner Entscheidung führte das LAG aus, welche Bedeutung die Affenlaute übersetzt hätten:

Ich sehe in dir einen Primaten, der sich nahezu kommunikationsfähig auf dem geistigen Niveau eines zweijährigen Kindes bewegt.

Gerade gegenüber dunkelhäutigen Menschen seien Affenlaute eine rassistische Diskriminierung und nicht bloß ein grober Umgangston, wie er nach Vortrag des gekündigten Arbeitnehmers herrschen soll. Wo eine Beleidigung wie „Arschloch“ – die im betreffenden Betriebsrat ebenfalls oft zu hören sei – nicht diskriminierend wirke, sei dies bei Affenlauten anders zu bewerten. Denn die Laute als Beleidigung knüpfen unmittelbar an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ 1 AGG) an. Das LAG bestätigte daher die Rechtsauffassung der vorherigen Instanz: Die Affenlaute seien „regelmäßig als grobe, wegen der ethnischen Herkunft als diskriminierende Beleidigung aufzufassen“. Abschließend wies das LAG daraufhin, dass der Arbeitnehmer sich noch nicht einmal bei seinem Kollegen entschuldigt habe. Vielmehr sei er völlig uneinsichtig gewesen.

Beleidigung, § 185 StGB
Prüfungsrelevante Lerneinheit

BVerfG bestätigt menschenverachtende Äußerung

Gegen die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zog der Arbeitnehmer schließlich vor das BVerfG. Doch seine Verfassungsbeschwerde, die eine Verletzung der Meinungsfreiheit geltend machen wollte, wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Rechtsmittel sei mangels hinreichender Begründung unzulässig – wäre aber auch unbegründet, so das BVerfG in seiner Mitteilung.

Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 1. Fall GG
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Die Karlsruher Richter führten aus, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit immer dann zurücktrete, wenn herabsetzende Äußerungen die Menschenwürde antasten oder es sich um eine Formalbeleidigung oder Schmähung handelt. Hier hätten die Arbeitsgerichte zutreffend festgestellt, dass es sich bei den Affenlauten um eine menschenverachtende Diskriminierung handelt, so das BVerfG. In der Entscheidung des Gerichts heißt es:

Danach wird die Menschenwürde angetastet, wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe adressiert wird, und damit das in Art. 3 III 1 GG ausdrücklich normierte Recht auf Anerkennung als Gleiche unabhängig von der „Rasse“ verletzt wird.

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