¡Bienvenido a Perú! OLG Hamm prüft wegen Klimaklage Ortstermin in Peru

Verfahren könnte globale Bedeutung haben

¡Bienvenido a Perú! OLG Hamm prüft in einer Klimaklage einen Ortstermin – in Peru. Der Fall ist auch für kommende Prüfungen interessant.

 

Worum geht es?

Das OLG Hamm hatte 2017 bereits verkündet, dass es in einem Verfahren um einen peruanischen Bauern gegen RWE in die Beweisaufnahme einsteigt. Die Entscheidung sorgte für Aufsehen, wir haben darüber berichtet. In dem Prozess stehen sich der Bergbauer Lliuya und der Energiegigant RWE gegenüber. Der Landwirt fordert von dem Unternehmen die Übernahme der Kosten für Schutzmaßnahmen für sein Haus und sein Dorf in Höhe von 0,47 Prozent. Der Wert rührt daher, dass statistisch etwa 0,47 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen allein der RWE AG zuzuordnen seien.

Das OLG äußerte sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass es einen Entschädigungsanspruch aus § 1004 BGB grundsätzlich für möglich halte und diesen auch zumindest als schlüssig begründet erachte. Lliuya brachte im Prozess vor, dass der Kohleabbau von RWE einen Gletscher in den Anden schmelzen lasse, dessen Schmelzwasser sein Dorf bedrohe. Die Frage ist: Ist das Handeln von RWE kausal-adäquat für den (möglichen) Schaden? Es ist daher nicht nur ein rechtliches, sondern in erster Linie ein Beweisproblem.

 

Sachverständiger schlug Ortstermin vor

Das Gericht entschied sich deshalb dafür, dass zunächst durch Gutachten festgestellt werden solle, ob und inwieweit das Haus des Bauern tatsächlich gefährdet sei. Das Gericht wollte insbesondere die Frage klären lassen, inwiefern die aus dem Schmelzwasser resultierenden möglichen Schäden auch zu einem messbaren Anteil der RWE zurechnen ließen. Allerdings schlug einer der Gutachter einfachheitshalber dem Gericht vor, sich die Lage vor Ort selbst anzuschauen – und das war nicht abgeneigt. Es stellte mittlerweile sogar ein Ersuchen an den Staat Peru, um die Örtlichkeit in Augenschein nehmen zu dürfen. Seitens des OLG-Sprechers Martin Brandt heißt es dazu kurz und knapp:

Die Gespräche laufen noch.

Verfahren könnte globale Bedeutung haben

Der Rechtsstreit könnte globale Bedeutung erlangen: Wenn der Peruaner mit seiner Klage gegen RWE Erfolg hat, dürfte die Entscheidung für viel Wirbel und neue Debatten in der Klimaschutzpolitik sorgen. Es darf zwar nicht außer Acht gelassen werden, dass RWE im Falle einer Niederlage vor den BGH und gegebenenfalls sogar vor das BVerfG ziehen könnte – ein Zeichen ist es aber allemal.

 

Auch für Prüfungen interessant

Der Sachverhalt eignet sich zudem hervorragend für die mündliche Prüfung. Dabei sollte Dir bewusst sein, dass § 1004 BGB – anders als § 823 I BGB – kein rechtswidriges Handeln voraussetzt. Dennoch gelten natürlich bei der Haftung als Handlungsstörer i.S.v. § 1004 BGB allgemeine Zurechnungsgrundsätze. Die Handlung muss also kausal-adäquat für den eingetretenen Erfolg sein. Wie so oft handelt es sich dann allerdings nicht nur um ein rechtliches Problem, sondern um ein Beweisproblem. Für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist als Ausgangspunkt immer derjenige beweispflichtig, der den Anspruch geltend macht. Welche Beweismittel gibt es eigentlich? Antwort: Sachverständigengutachten, Augenschein, Parteivernehmung, Urkunden, Zeugen. Hier wurde ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben.

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