Landwirt aus Peru kämpft gegen die Folgeschäden des Klimawandels
Kann ein einzelner peruanischer Landwirt gegen die Klimawandelfolgen ankommen und damit vielleicht sogar unser Zivil- und Strafrecht verändern? In einem aktuellen Rechtsstreit sorgt der peruanische Landwirt Saúl Lliuya mit seiner Klage gegen die RWE AG derzeit für Aufsehen und könnte damit zumindest ein grundlegendes Umdenken in der Klimaschutzpolitik fördern.
Worum geht es?
Der 5. Zivilsenat des OLG Hamm hat vergangenen Donnerstag im Zivilrechtsstreit des peruanischen Landwirts gegen die RWE AG einen Hinweis- und Beweisbeschluss verkündet. Der klagende Peruaner verlangt, dass eine grundsätzliche Entschädigungspflicht gegen den Energiekonzern nach § 1004 BGB für absehbare Klimawandelfolgeschäden festgestellt wird. Der Grund hierfür ist ein in seiner Heimat schmelzender Gletscher, der auf die Folgen der menschlich verursachten globalen Erwärmung zurückzuführen sei.
Entschädigungspflichten für Großemittenten
Die globale Erwärmung sei insbesondere durch den Einsatz fossiler Brennstoffe bei Strom, Wärme, Treibstoff, Kunststoffen und Dünger schwerwiegend vorangeschritten. Als weitere Folge wird neben Naturkatastrophen auch mit Nahrungs- und Wasserknappheit, großen Migrationsbewegungen und daraus resultierend mit vermehrt gewaltsamen Auseinandersetzungen gerechnet. Es soll demnach nicht nur die Politik zum Handeln verpflichtet werden, sondern auch Entschädigungspflichten für Großemittenten -wie die RWE AG- entstehen.
Bereits im November äußerte sich das OLG Hamm in einer mündlichen Verhandlung dahingehend, dass es einen Entschädigungsanspruch aus § 1004 BGB grundsätzlich für möglich halte und erachte diesen zumindest als schlüssig begründet. Der Hauptantrag des peruanischen Landwirts ist darauf gerichtet, die Verpflichtung der RWE AG feststellen zu lassen, ihm in Peru entstehende Aufwendungen zum Schutze seines Eigentums, anteilig zu ersetzen, da statistisch etwa 0,47% der globalen Treibhausgasemissionen allein der RWE AG zuzuordnen seien.
Beweisbeschluss
Das OLG Hamm hat nach dem Beweisbeschluss klimawissenschaftliche Sachverständigengutachten angefordert, um klären zu lassen, ob das unterhalb einer Gletscherlagune liegende Hausgrundstück des Peruaners tatsächlich ernsthaft durch potentielle Überflutungen oder Schlammlawinen bedroht sei und ob die Ausbreitung der Wassermassen derart zugenommen habe, um ein solches Gefahrenpotential entstehen zu lassen. Entscheidend ist hierbei die Frage, inwiefern sich die daraus resultierenden möglichen Schäden auch zu einem messbaren Anteil der RWE zurechnen ließen.
*** 1004 BGB - Haftung auch für rechtmäßiges Handeln***
Der Rechtsstreit könnte globale Bedeutung erlangen: Wenn der Peruaner mit seiner Klage Erfolg hat, dann dürfte der Prozess für viel Wirbel und neue Debatten in der Klimaschutzpolitik sorgen. Das OLG hat zumindest bereits ausdrücklich erwähnt, dass § 1004 BGB auch eine Haftung für rechtmäßiges Handeln vorsieht und demnach auch für immissionsschutzrechtlich genehmigte Braunkohlekraftwerke anwendbar sein könnte. Die Genehmigung als solche bedeute somit keinen “Freispruch” von in Zukunft entstehenden Schäden. Eine solche Haftung sieht auch § 14 BImSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz) vor.
Die Beweisaufnahme und die Tatsache, ob das OLG der Klage letztlich stattgibt, wird mit Spannung zu verfolgen sein. Hätte der Kläger vor dem OLG Erfolg, so müsste dies aber auch vor dem BGH und gegebenenfalls vor dem BVerfG -falls es zur Verfassungsbeschwerde von RWE käme- bestehen.
Prüfungsrelevanz:
Der - zugegebenermaßen spektakuläre - Sachverhalt eignet sich hervorragend für die mündliche Prüfung. Dabei sollte Dir bewusst sein, dass § 1004 BGB - anders als § 823 I BGB - kein rechtswidriges Handeln voraussetzt. Dennoch gelten natürlich bei der Haftung als Handlungsstörer i.S.v. § 1004 BGB allgemeine Zurechnungsgrundsätze. Die Handlung muss also kausal-adäquat für den eingetretenen Erfolg sein. Wie so oft handelt es sich dann allerdings nicht nur um ein rechtliches Problem, sondern um ein Beweisproblem. Für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist als Ausgangspunkt immer derjenige beweispflichtig, der den Anspruch geltend macht. Welche Beweismittel gibt es eigentlich? Antwort: Sachverständigengutachten, Augenschein, Parteivernehmung, Urkunden, Zeugen. Hier wurde ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben.
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