BGH verhandelt über Ersatz „fiktiver“ Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht

BGH verhandelt über Ersatz „fiktiver“ Mängelbeseitigungskosten im Kaufrecht

Oder doch Werkvertragsrecht?

Der BGH verhandelt über den Ersatz „fiktiver“ Mängelbeseitigungskosten: Sind bloß voraussichtliche, aber bislang nicht aufgewendete Kosten ersatzfähig?

Worum geht es?

In Karlsruhe läuft vor dem BGH aktuell ein spannendes Verfahren über den Ersatz von „fiktiven“ Mängelbeseitigungskosten. Die Kläger erwarben von dem Beklagten im Jahr 2014 eine Eigentumswohnung unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In ihrem Kaufvertrag heißt es:

Dem Verkäufer ist bekannt, dass es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab. Sollte es bis zum 31. Dezember 2015 erneut zu einer Feuchtigkeit im Schlafzimmer kommen, verpflichtet sich der Verkäufer, diese auf seine eigenen Kosten zu beheben.

Soweit, so gut. Ende 2014 trat – wer hätte es gedacht – Feuchtigkeit an der Schlafzimmerwand auf. Die Kläger forderten den Beklagten zur Beseitigung auf, allerdings erfolglos. Deshalb gingen sie gerichtlich gegen ihn vor und forderten Schadensersatz. Spannend ist nun, dass sie ihre Forderung anhand der voraussichtlich entstehenden, aber bislang nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten berechnen. Wie wird der BGH entscheiden?

 

Kaufrecht? Oder doch Werkvertragsrecht?

Bisher sieht es so aus, als würden die Kläger Erfolg haben. Das LG Krefeld hatte ihnen einen Schadensersatz in Höhe von knapp 8.000 Euro zugesprochen. Das OLG Düsseldorf hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, die Revision aber zugelassen.
Kurzer verfahrensrechtlicher Input an dieser Stelle: Revision und Berufung sind beides Rechtsmittel im Prozess, mit denen ein Urteil von einer höheren Instanz überprüft werden kann. Sie unterschieden sich aber enorm. Eine Berufung (§§ 511 ff. ZPO) bietet die Möglichkeit, theoretisch den gesamten Prozess noch einmal “aufzurollen”, es können also alle Tatsachen und Rechtsfragen erneut überprüft werden. Bei einer Revision (§§ 542 ff. ZPO) hingegen stehen die Tatsachen fest. Hier wird ein Urteil lediglich auf Rechtsfehler hin untersucht.

Aber zurück zum Prozess. Die zentrale (Rechts-)Frage in dieser Revision lautet: Muss der Beklagte nach Werkvertrags- oder nach Kaufrecht haften? Das OLG Düsseldorf zumindest legte den abgeschlossenen Kaufvertrag dahingehend aus, dass der Beklagte im Hinblick auf den Feuchtigkeitsmangel keine werkvertragliche Verpflichtung übernommen habe, sondern nach den Regeln des Kaufrechts haften solle. Demzufolge könnten die Kläger gemäß § 437 Nr. 3 in Verbindung mit § 280 I, III, 281 BGB Schadensersatz für die erforderlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen – und das, obwohl sie den Schaden bislang nicht behoben hätten.

Interessant könnte es aber nun deshalb werden, da der Ersatz von Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH davon abhängt, dass diese Kosten tatsächlich aufgewendet worden seien. Muss das im Kaufrecht auch gelten? Nein – so zumindest auch der BGH. Seitens des Gerichts heißt es:

Da der Käufer – anders als der Besteller im Werkvertragsrecht – keinen Vorschuss von seinem Vertragspartner verlangen könne, müsse er seinen Schaden anhand der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten berechnen können; anderenfalls werde er dazu gezwungen, erhebliche Kosten vorzufinanzieren.

Beklagter sieht Überkompensation

Der Beklagte lehnt einen Ersatz „fiktiver“ Mängelbeseitigungskosten ab. Er ist der Auffassung, dadurch würde es zu einer Überkompensation und einer ungerechtfertigten Bereicherung des Käufers führen. Dieser Einwand könnte Gewicht haben, denn genau diese Überlegung hat der BGH in seiner Rechtsprechung bezüglich werkvertraglicher Baumängel berücksichtigt. Der Beklagte ist nun der Auffassung, diese Erwägung müsse im Kaufrecht gleichermaßen berücksichtigt werden.

Die Kläger sind anderer Auffassung. Sie bringen vor, dass der Schadensersatzanspruch nicht über-, sondern „normal“-kompensiere, dass der Verkäufer seine Pflichten nicht erfüllt habe. Außerdem sei dieser ohnehin nicht schutzwürdig, da er die ihm gesetzte Frist zur Nacherfüllung untätig verstreichen lasse. 

Wie der BGH entscheiden wird, bleibt spannend. Wir lassen es Dich auf jeden Fall wissen und geben Dir ein Update!

Schaue Dir hier die prüfungsrelevanten Lerneinheiten zu diesem Thema an:

 - [Gewährleistungsrechte im Kaufrecht, §§ 437 ff. BGB](https://jura-online.de/lernen/gewaehrleistungsrechte-im-kaufrecht-437-ff-bgb/65/excursus)

 - [Pflichten im Werkvertrag, § 631 BGB.](https://jura-online.de/lernen/pflichten-im-werkvertrag-631-bgb/88/excursus)
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