Examensreport: ÖR I 1. Examen Januar 2019 Niedersachsen

Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

 

Das Unternehmen (U) britischen Rechts in Form einer Limited (Ltd.) mit Sitz im Vereinten Königreich veranstaltet während der Adventszeit Weihnachtsmärkte in ganz Europa, auf denen insbesondere britische Waren angeboten werden. Auch in Deutschland gibt es bereits viele solcher Weihnachtsmärkte.

U beantragt bei der kreisfreien Stadt S eine Sondernutzungserlaubnis i.S.d. § 18 I NStrG (Niedersächsisches Straßengesetz), da U einen solchen Weihnachtsmarkt auch auf einer Freifläche in der Innenstadt von S veranstalten möchte. Diese Freifläche ist eine Gemeindestraße nach § 3 I Nr. 3 NStrG.

Auf Grund des Terroranschlags auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin 2016 und des im Internet durch den sog. Islamischen Staat verbreiteten Aufrufs zu weiteren Terroranschlägen, die durch das Steuern von Kraftfahrzeugen in größere Menschenmengen verübt werden sollen, auf (nicht näher bezeichneten) Großveranstaltungen in ganz Europa, hat die Bürgermeisterin B der S Bedenken.

S ist bereit eine Sondernutzungserlaubnis zu erteilen. Denn auch sonst stünden keine sonstigen Gründe dem entgegen. Die B möchte diese jedoch mit einer Auflage verbinden, nach welche die U die Errichtung einer geeigneten (z.B. durch Betonsperre, Fahrzeugsperre) Überfahrsperre gewährleisten muss. Alternativ denkt B noch an den Erlass einer ordnungsbehördlichen Verfügung, mit welcher der U dies aufgegeben wird.

Dies wird der U im Rahmen einer Anhörung mitgeteilt. U ist darüber sehr entsetzt. Zunächst sieht diese keine Ermächtigungsgrundlage für eine solche Auflage. Schließlich ist durch die Auflage nicht das Straßen- und Wegerecht betroffen. Darüber hinaus ist die Gefahr eines solchen Anschlags eher vage. U ist der Auffassung, dass es sich hierbei und eine Angelegenheit der Gefahrenabwehr handele. Man könne nicht sie dafür verantwortlich machen. Auch ist die Regelung sehr unbestimmt. Durch diese Maßnahme hält sich U auch in seinen Grundrechten verletzt.

Die B hält dem entgegen, dass diese Auflage von einer Ermächtigungsgrundlage abgedeckt sei. Es handelt sich auch nicht nur um eine reine Gefahrenabwehr, da die Anschläge durch Kraftfahrzeuge im öffentlichen Verkehrsraum begangen werden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Gesundheit und das Leben der Menschen das Gewinnstreben des U überwiegen. Die Regelung sei auch ausreichend bestimmt. Es kann ja schließlich nicht sein, dass man bis zum Eintreten eines Schadens warten muss, wo man dann keine Handlungsmöglichkeiten mehr hat.

B möchte in einem ausführlichen Rechtsgutachten, indem auf alle Probleme und insbesondere auch auf die Einreden des U und der Ansicht der B eingegangen wird, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme überprüft wissen.

 

**Aufgabe 1:**a) Prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der Auflage in der Sondernutzungserlaubnis.

b) Prüfen Sie die Rechtmäßigkeit einer ordnungsbehördlichen Verfügung, welche den gleichen Inhalt wie die Auflage hat.

 

 

Abwandlung

B erlässt schließlich die Sondernutzungserlaubnis. Im Punkt II. der Verfügung wird die als „Auflage“ bezeichnete Bestimmung aufgenommen, dass B die Errichtung einer geeigneten (z. B. durch Betonsperre, Fahrzeugsperre) Überfahrsperre gewährleisten muss. Für den Fall des Nichtbefolgens wird unter Pkt. III. ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro angedroht.

U ist damit nicht einverstanden und möchte gegen Pkt. II. und III. der Verfügung vorgehen. B meinte, dass die Klage bereits nicht zulässig sei, da es ja nicht sein könnte, dass man nur gegen bestimmte Punkte der Verfügung klagt.

 

**Aufgabe 2:**Prüfen Sie die Zulässigkeit der Klage!

 

 

Bearbeiterhinweise:

  1. Gehen Sie im Rechtsgutachten auf alle aufgeworfenen Probleme - ggf. hilfsgutachterlich - ein.

  2. Es ist davon auszugehen, dass die U rechts- und parteifähig ist.

  3. Auf die Vorschriften der AEUV und die GewO ist nicht einzugehen.

 

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