Examensreport: ZR II 1. Examen aus dem Februar 2018 NRW

Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

A hat von seinem Vater die Waldkunde in den 20er Jahren erlernt und so ein großes Wissen über Bäume und Tiere der Wälder angesammelt. Als A erfährt, dass Holzhändler H für den Ankauf von Klangfichten rund das zwanzigfache des Preises ausgibt, den eine normale Fichte wert ist, ahnt A ein lukratives Geschäft. A weiß, dass Klangfichten vereinzelt auch in den Wäldern des W in Mitternwalde stehen, was in unmittelbarer Nähe ist. 
Da W und seine Mitarbeiter nicht über das nötige Fachwissen verfügen, um die hochwertigen Klangfichten als solche zu erkennen, nehmen diese den gewöhnlichen Weg eines Baumes. Folglich werden sie als Bauholz verkauft und verarbeitet. Deshalb geht A in klaren Januarnächten und hellem Mondschein in das Waldgebiet des W und fällt dort vereinzelt Klangfichten zu. A lädt diese sodann in großen Stücken auf seinen Pickup und veräußert sie an H. H hatte sich zwar schon immer gewundert, woher der arme A über solch hochwertiges Holz verfügt, hatte jedoch für sich entschieden, dass es ihn nichts angehe und er auch nicht weiter nachfrage.

Am 10.10.2007 kauft der berühmte Geigenbauer G von H eine besonders edle Klangholzfichte. Diese hatte A am 20.06.1989 geschlagen und damals an H verkauft. 
 G fertigt seit 2015 aus diesem Holz Geigen an, die er dann vor dem Verkauf zwei bis drei Jahre einspielen lässt. Die Geige Nr. 351 ist das aller erste Instrument, das G aus dieser Fichte anfertigte.

Am 03.11.2017 kommt M, Tochter und Alleinerbin des 2005 verstorbenen W, in das Geschäft des G. M ist sofort von dem außergewöhnlichen Klang der Geige entzückt. G und M vereinbaren, dass M das Instrument mitnehmen darf und vier Wochen zu Hause einspielen kann. Im Anschluss daran kann sie die Geige entweder durch Begleichung des Kaufpreises i.H.v. 80.000 Euro erwerben oder zurückgeben. Bei dem Treffen erwähnt G, dass der besondere Klang auch auf das außerordentlich gute Material zurückzuführen sei, da er die Geige aus Klangholzfichten des Mitternwaldes gefertigt habe. M, die von den seltsamen Holzdiebstählen in ihrer Kindheit gehört hatte, beschleicht sofort ein Verdacht. Zurück zu Hause gibt sie umgehend ein dendrologisches Gutachten in Auftrag (die Dendrologie ist die Kunde von Hölzern). Das Gutachten ergibt, dass die Geige tatsächlich aus einer Klangfichte aus Mitternwalde gefertigt wurde.

Zufällig werden wenige Tage später, am 08.12.2017, die nicht verwitterten Wurzeln des entsprechenden Baumes gefunden. Hierdurch ist die Herkunft des Holzes endgültig geklärt. 
M ist entrüstet und weigert sich daraufhin, die Geige zurückzugeben sowie den Kaufpreis zu bezahlen. Ferner verlangt sie von G den restlichen Baum heraus, da für die Geige lediglich ein Viertel des Stammes verwendet wurde und sie der Meinung ist, es handele sich dabei um „ihren Baum“. Darüber hinaus verlangt sie Schadens- und Wertersatz, weil G ihren Baum verarbeitet habe. 
G hingegen verlangt von M seine Geige heraus. Er habe von dem Diebstahl nichts gewusst und außerdem den Kaufpreis ordnungsgemäß bezahlt.

Frage 1: Welche Ansprüche hat M gegen G?
Frage 2: Kann G von M die Geige herausverlangen?

 

Bearbeitervermerk:

 1. Es ist auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen – gegebenenfalls hilfsgutachterlich – einzugehen.

 2. Bearbeitungszeitpunkt ist der 23.02.2018.

 

Wenn Du die Themen und Anspruchsgrundlagen dieser Klausur genau unter die Lupe nehmen möchtest, dann sende uns eine E-Mail mit dem Betreff “Examensreport Zivilrecht” an info@jura-online.de und wir schalten Dir ein kostenloses Zivilrechtspaket für 5 Tage frei, so dass Du Zugriff auf alle zivilrechtlichen Lerneinheiten hast.

Viel Spaß und viel Erfolg beim eigenständigen Lösen der Klausur
Dein Jura-Online Team