Examensreport: ZR II 1. Examen aus dem September 2017 Hessen

Sachverhaltschilderung (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

B beauftragt den U ein Einfamilienhaus zu errichten. Das Haus soll mit einem Rollladensystem ausgestattet sein. U vergisst allerdings die Fenster im Obergeschoss. U übergibt dem B die Schlüssel, der das Fehlen der Rollläden im Obergeschoss zunächst nicht bemerkt. B zahlt dem U die vereinbarte Vergütung.

Wenige Tage und einige schlaflose Nächte später bemerkt der B den Fehler und setzt dem U schriftlich eine Frist von einer Woche, um die Rollläden anzubringen. B kümmert sich nicht um die Angelegenheit.

Nach zwei Wochen schreibt der B dem U:

„Ich habe keine Lust mehr auf diese Unzuverlässigkeit. Ich möchte nicht mehr, dass Sie die Rollläden bei mir Einbauen. Ich werde einen Konkurrenten von Ihnen mit dem Anbringen der Rollläden beauftragen und verlange hierfür einen Vorschuss i.H.v. 5.000 Euro von Ihnen.

Nach diesem Schreiben bereut der B sein Vorgehen. Er schreibt dem U ein drittes Mal und fordert diesen auf, nun doch die Rollläden anzubringen.

U ist der Auffassung, dass der B sich nicht ständig umentscheiden könne. Seinem Rechtsanwalt R teilt er mit, dass er bereit sei, dem B 5.000 Euro zu geben. Das seien auch die Kosten, die er, U, selbst im Falle des Einbaus hätte. In keinem Fall sei er bereit, die marktüblichen 8.000 Euro zu zahlen, die ein Konkurrent aufrufen werde.

Welche Ansprüche hat der B gegen U? Was würden Sie in der Position des R dem U raten?

Bearbeitervermerk:
Gehen Sie davon aus, dass dem Vertrag die Bauverordnung nicht beigelegen hat.

Abwandlung 1:
Wie zuvor, allerdings bemerkt der B sogleich, dass die Rollläden fehlen. Nach einigen Wochen verlangt er von U den Einbau. Zu recht?

Abwandlung 2:
B beauftragt den V Photovoltaikanlagen auf dem Dach anzubringen. B möchte Strom zum Verkauf produzieren. Am 01.08.2015 bringt der B die Anlage am Dach des Hauses an. Am 16.08.2017 treten erstmalig Funktionsstörungen auf, die aber „ab Werk“ angelegt waren. B verlangt von V die Instandsetzung. V beruft sich auf Verjährung.

Hat der B gegen V einen Anspruch auf Nachbesserung?

 

Unverbindliche Lösungsskizze

Frage 1

A. B gegen U auf Einbau der Rolllläden
I. § 631 BGB

(-); Arg.: Abnahme

II. §§ 634 Nr. 1, 635 BGB

  1. Anspruch entstanden

a) Wirksamer Werkvertrag (+)

b) Mangel
Hier: § 633 II 1 BGB

c) Maßgeblicher Zeitpunkt
-> Bei Abnahme (+)

d) Nacherfüllungsverlangen

  • Ursprünglich: (+)
  • Dann: Vorschuss, §§ 634 Nr. 2, 637 III BGB
  • Problem: Bindung an Vorschussverlangen (+); Arg.: § 263 BGB (Wahlschuld)

B. B gegen U auf Zahlung eines VorschussesI. §§ 634 Nr. 2, 637 III BGB

  1. Wirksamer Werkvertrag (+)

  2. Mangel (+)

  3. Maßgeblicher Zeitpunkt (+)

  4. Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung (+)

  5. Kein Ausschluss (+)

  6. Rechtsfolge: Ersatz der erforderlichen Aufwendungen/Vorschuss
    Hier: 8.000 Euro; Arg.: eigene Kosten des U für die Nacherfüllung i.H.v. 5.000 Euro nicht maßgeblich

  7. Ergebnis: (+)

II. Sonstige Anspruchsgrundlagen (-)

 

Abwandlung 1: B gegen U auf Zahlung von 8.000 Euro

A. §§ 634 Nr. 2, 637 III BGB
(-); Arg.: vorbehaltlose Abnahme trotz Kenntnis, § 640 II BGB a.F. (§ 640 III BGB n.F.)

B. Sonstige Anspruchsgrundlagen (-)

 

Abwandlung 2: B gegen V auf Nachbesserung

A. §§ 634 Nr. 1, 635 BGB

I. Anspruch entstanden

  1. Wirksamer Werkvertrag
  • Abgrenzung: Kaufvertrag, § 651 BGB a.F. (§ 650 BGB n.F.)
    Hier: Schwerpunkt Einbau, und zwar verbunden mit einer unbeweglichen Sache
  1. Mangel(+)

  2. Maßgeblicher Zeitpunkt
    Hier: „Ab Werk“

  3. Nacherfüllungsverlangen (+)

  4. Kein Ausschluss (+)

II. Anspruch nicht erloschen (+)

III. Anspruch durchsetzbar
-> Verjährung, § 634a BGB

  • Beginn: Ab Abnahme, § 634a II BGB
  • Dauer: 5 Jahre, § 634a I Nr. 2 BGB; Arg.: auch Arbeiten an einem Bauwerk

IV. Ergebnis: (+)