Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)
A ist im Reitstall des B als Reiter angestellt. Bei einem Springturnier reitet er auf einem Springpferd des B, gibt diesem beim letzten Sprung ein zu frühes Signal (mittlere Fahrlässigkeit), wodurch es zwar gewinnt (500 €), sich aber am Hoden verletzt, sodass es zeugungsunfähig wird. B verlangt nun die Heilbehandlungskosten iHv 15.000 € zzgl. Mehrwertsteuer iHv 2.500 €, die benötigt werden, um die Zeugungsfähigkeit des Pferdes wiederherzustellen. Allerdings will B diese Operation zum einen gar nicht durchführen lassen und zum anderen wendet A ein, das Pferd sei vor dem Unfall nur 10.000 € wert gewesen und durch die Zeugungsunfähigkeit hat es lediglich einen Wertverlust von 2.000 € erlitten. Außerdem müsse sich B den Gewinn anrechnen.
Frage 1: Hat B gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz, und wenn ja, in welcher Höhe?
Weil A sich weigert, die Kosten zu übernehmen, und weil C, ein Sponsor des Reitstalls, seine finanzielle Unterstützung im Falle der Weiterbeschäftigung des A einstellen wird, wodurch der Reitstall sicher insolvent wird, kündigt der B dem A außerordentlich und fristlos.
Frage 2: Ist die Kündigung wirksam?
A hat noch ausstehendes Gehalt iHv 15.000 € aus dem Jahr 2016, was er von B im Mai 2017 verlangt. Allerdings gibt es eine Klausel, die besagt, dass der Arbeitnehmer vertragliche Ansprüche innerhalb von 2 Monaten geltend machen muss, sofern er nicht nachweist, dass er die Frist schuldlos versäumt hat. Schäden wegen Körper, Gesundheit, Leben und grobem Verschulden sind von dem Ausschluss nicht betroffen.
Frage 3: Kann A von B das ausstehende Gehalt verlangen?
Unverbindliche Lösungsskizze
Frage 1: B gegen A auf Schadensersatz
A. § 280 I BGB
I. Schuldverhältnis
Hier: Arbeitsvertrag, § 611a BGB
II. Pflichtverletzung
Hier: Eigentumsverletzung aufgrund eines zu frühen Sprungsignals
III. Vertretenmüssen, § 276 BGB
Hier: (mittlere) Fahrlässigkeit – im Sachverhalt vorgegeben
IV. Rechtsfolge: Schadensersatz (neben der Leistung)
- Schaden
- Hier: Reparaturkosten, § 249 II 1 BGB i.H.v. 15.000 Euro zzgl. MwSt
- Aber: Reparaturkosten übersteigen den Wiederbeschaffungswert um mehr als 130 %, daher nur Wiederbeschaffungswert (10.000 Euro) – Restwert nach Unfall (8.000 Euro) = 2.000 Euro; Arg.: Parallele zur Rspr beim Verkehrsunfall
- MwSt ohnehin nur erstattungsfähig, wenn angefallen, § 249 II 2 BGB
- Außerdem: Vorteilsanrechnung i.H.v. 500 Euro; Arg.. § 254 BGB analog
- Neben der Leistung
Hier: Integritätsinteresse
V. Kein Ausschluss
-> Grundsätze der betrieblich veranlassten Tätigkeit
Hier: Mittlere Fahrlässigkeit -> Haftungsbeschränkung auf 50 %
VI. Ergebnis: (+), i.H.v. 750 Euro
B. § 823 I BGB
(+), wiederum i.H.v. 750 Euro (s.o.)
Frage 2: Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung
-> Außerordentliche Kündigung, § 626 BGB
I. Ordnungsgemäße Kündigungserklärung (+), mangels anderer Anhaltspunkte
(II. Anhörung des Betriebsrates)
III. Kein besonderer Kündigungsschutz (+)
IV. Wichtiger Grund
- Umstände, die an sich geeignet sind
- Reitfehler des A nicht ausreichend
- Weigerung des A, die Kosten zu übernehmen, nicht ausreichend
- Einstellung der finanziellen Unterstützung durch den Sponsor bei Weiterbeschäftigung des A und dadurch sichere Insolvenz des B: wohl (+)
- Abwägung im Einzelfall
- Dafür: Insolvenz für alle, auch für A, schlecht
- Dagegen: Rückzug eines Investors Risiko des B; Reaktion des Investors nicht nachvollziehbar – nur mittleres Verschulden des A und Weigerung des A größtenteils sogar berechtigt (s.o.).
V. Ergebnis: (-)
Frage 3: A gegen B auf Zahlung des ausstehenden Gehalts, § 611a II BGB
I. Anspruch entstanden
Hier: wirksamer Arbeitsvertrag
II. Anspruch nicht erloschen (+)
III. Anspruch durchsetzbar
-> Verjährung, §§ 194 ff. BGB
- Grundsatz: 3 Jahre, § 195 BGB
- Aber: Ausschlussvereinbarung: 2 Monate
Auslegung
-> Verkürzung der Frist für die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche, also auch GehaltsansprücheWirksamkeit
-> AGB-Kontrolle, §§ 305 ff.BGB
a) AGB, § 305 I BGB (+)
b) Einbeziehung, § 305 II, III BGB (+)
c) Inhaltskontrolle
aa) § 309 Nr. 7 BGB (+)
bb) § 307 BGB
-> Unangemessene Benachteiligung
Hier: Verkürzung auf 2 Monate wohl zu kurz (Rspr: mindestens 3 Monate)
d) Rechtsfolge
-> Unwirksamkeit der Klausel und Geltung der gesetzlichen Regelung
IV. Ergebnis: (+)
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