Examensreport: ZR II 1. Examen aus dem Juli Durchgang in Hessen

Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

Der K hat kürzlich im Lotto gewonnen und daraufhin beschlossen, sich seinen Traum von einem Einfamilienhaus zu verwirklichen. Über einen Bekannten kommt er auf den Makler M, den er für sehr fähig hält. K beauftragt daraufhin den M mit der Grundstücksfindung für die Errichtung eines Einfamilienhauses. Beide einigen sich, dass M „im Erfolgsfall“ eine Provision erhalten solle. Nach einiger Zeit findet M das Grundstück von V, das den Wünschen des K entspricht. So kommt es, dass K und V kurz darauf einen ordnungsgemäß beurkundeten Kaufvertrag schließen. Allerdings hält der Nachbar N des V am Grundstück ein im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht. Dies hatte sich der Nachbar einräumen lassen, weil er sein Grundstück erweitern will.

Die Beteiligten wissen um das Vorkaufsrechte des N. Daher wurde im notariell beurkundeten Kaufvertrag zwischen K und V „auf besonderen Wunsch“ des M eine Klausel aufgenommen, die in Nr. 1 erklärt, dass im Falle der wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts durch N dem V ein Widerrufsrecht zusteht.

In Nr. 2 des notariellen Kaufvertrages wird festgelegt, dass der Käufer die Maklerprovision in Höhe von 3% des Kaufpreises zu zahlen hat.

Es kommt, wie es kommen musste. V informiert den N über den geschlossenen Kaufvertrag zwischen K und V. N sieht seine Felle davon schwimmen und bittet seine Eltern um finanzielle Unterstützung und übt form- und fristgerecht sein Vorkaufsrecht aus.

Ausgangsfall:

Daraufhin informiert der V den K über die Ausübung des Vorkaufsrecht durch N. K ist enttäuscht, dass er sich von seinem Traumhaus verabschieden muss. Außerdem sieht er nicht ein, die Provisionskosten für will M zu tragen.

Frage 1:

a) Kann K die Rückerstattung der Provisionskosten von N

b) oder von M verlangen?

Abwandlung:

V verschweigt K die Ausübung. K wird ins Grundbuch eingetragen und ist hocherfreut, sein Traumhaus beziehen zu können. N hingegen freut sich über die Erweiterung seines Grundstücks und will mit der Planung einiger Umbauten beginnen. Daher fragt er bei V an, wann die Auflassung stattfinden könnte.

Frage 2:

Kann N noch Eigentümer des Grundstücks werden?

Unverbindliche Lösungsskizze

Ausgangsfall: Ansprüche des K auf Rückerstattung der Maklerprovision

A. K gegen N auf Rückerstattung der Maklerprovision

I. Vertragliche Ansprüche (-)

II. Quasivertragliche Ansprüche
-> Aufwendungsersatz aus GoA, §§ 683 S. 1, 670 BGB

  1. Fremdes Geschäft
    (+); Arg.: Zahlung der Maklerprovision obliegt eigentlich dem Käufer (K). Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts tritt der N gem. § 464 II BGB in die Position des Käufers ein. Dies umfasst auch die typische Verpflichtung des Käufers zur Entrichtung einer Maklerprovision. Daher fällt die Zahlung letztlich in den Pflichtenkreis des N. Das vereinbarte Widerrufsrecht dürfte im übrigen gem. § 465 2. Fall BGB nichtig und daher irrelevant sein.

  2. Fremdgeschäftsführungswillen
    (-); Arg.: K hat zum Zwecke der Erfüllung einer ursprünglich eigenen Verbindlichkeit gezahlt. Die bloße Kenntnis vom Vorkaufsrecht, sofern es zum Zeitpunkt der Zahlung noch nicht ausgeübt worden ist, begründet keinen (potentiellen) Fremdgeschäftsführungswillen.

  3. Ergebnis: (-)

III. Dingliche Ansprüche (-)

IV. Deliktische Ansprüche (-)

V. Bereicherungsrechtliche Ansprüche

  1. § 812 I 1 1. Fall BGB

a) Etwas erlangt
Hier: Befreiung von einer Verbindlichkeit; Arg.: Nach Ausübung des Vorkaufsrechts hätte eigentlich der N die Maklerprovision zahlen müssen. Die Zahlung durch K an M dürfte zugunsten des N Erfüllungswirkung haben (andere Ansicht vertretbar).

b) Durch Leistung von K an N
(-) Arg.: K zahlte zum Zwecke der Erfüllung einer ursprünglich eigen Verbindlichkeit gegenüber M.

c) Ergebnis: (-)

  1. § 812 I 1 2. Fall BGB a) Etwas erlangt (+)

b) In sonstiger Weise

(+); Arg.: niemand hat an N geleistet.

c) Ohne Rechtsgrund

Hier: Trotz Kenntnis des Vorkaufsrechts wohl keine Vereinbarung zwischen K und N z.B. dahingehend, dass der K im Vorkaufsfall gewissermaßen zugunsten des N bei M stehen lässt.

d) Rechtsfolge: Herausgabe

e) Kein Ausschluss

f) Ergebnis: (+)

B. K gegen M auf Rückerstattung der Maklerprovision

I. Vertragliche Ansprüche

  • Eine „Rückzahlungsverpflichtung“ des M gegenüber K für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts durch N wurde nicht vereinbart.
  • Die bloße Ausübung des Vorkaufsrechts begründet keine vertraglichen (Rück- )Abwicklungsansprüche im Verhältnis K-M.
  • Das vertraglich vereinbarte „Widerrufsrecht“ des V begründet ebenfalls keine irgendwie gearteten Rückabwicklungsansprüche des K gegen N;Arg.: Keine Anhaltspunkte für Ausübung des Widerrufs durch V (nur „Information“ an K); Widerruf würde wohl auch nur bereicherungsrechtlichen Anspruch begründen; Umdeutung in Rücktrittsrecht mit der Folge der Rückabwicklung über §§ 346 ff. BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht und würde auch nur Ansprüche K gegen N begründen.

II. Quasivertragliche Ansprüche (-)

III Dingliche Ansprüche (-)

IV. Deliktische Ansprüche (-)

V. Bereicherungsrechtliche Ansprüche

  1. § 812 I 1 1. Fall BGB (bzw. § 812 I 1 2. Fall BGB)

a) Etwas
Hier: Besitz und Eigentum an den Geldscheinen (bei Barzahlung) oder Auszahlungsanspruch gegen die eigene Bank (Überweisung).

b) Durch Leistung des K an M

Hier: Erfüllung einer zunächst eigenen Verbindlichkeit im Verhältnis K-M

c) Ohne Rechtsgrund
Hier: Maklervertrag (i.V.m. der Klausel im Kaufvertrag)
Aber: Mit Ausübung des Vorkaufsrechts durch N ist der N diesbezüglich in die Position des Verkäufers getreten.

d) Rechtsfolge: Herausgabe

e) Kein Ausschluss (+)

f) Ergebnis: (+)

Abwandlung: Kann N noch Eigentümer werden?

A. N gegen V auf Übereignung des Grundstücks, §§ 433 I, 463 ff. BGB

I. Anspruch entstanden

  1. Kaufvertrag zwischen V und K, § 433 I BGB
    (+); Arg.: die Einhaltung der Formvorschrift des § 311b I BGB ist zu unterstellen.

  2. Einräumung eines Vorkaufsrechts von V an N, § 463 BGB (+)

  3. Ausübung des Vorkaufsrechts durch N (+)

  4. Ergebnis: (+)

II. Anspruch nicht erloschen
-> (Rechtliche) Unmöglichkeit, § 275 I BGB, aufgrund der Übereignung des Grundstücks von V an K gem. §§ 873, 925 BGB

  1. Einigung V-K (+)

  2. Eintragung (+)

  3. Einigsein (+)

  4. Berechtigung des V (+)

  5. (Relative) Unwirksamkeit der Verfügung V an K gegenüber N, §§ 1098 II, 883 II BGB -> Voraussetzung: Dingliches Kaufrecht, §§ 1098 ff. BGB.
    Hier: Keine Anhaltspunkte dafür, dass z.B. eine Eintragung des Vorkaufsrechts stattgefunden hätte. Also wohl nur schuldrechtliches Vorkaufsrecht, §§ 463 ff. BGB. (Andere Auslegung des Sachverhalts vertretbar.)

III. Ergebnis: (-)

B. N gegen K auf Zustimmung zur Grundbuchberichtung, §§ 1098 II, 888 BGB

  • Auch dieser Anspruch würde nur bei Annahme eines dinglichen Vorkaufsrechts bestehen.