Examensreport: ZR II 1. Examen aus Mai 2014 in NRW

A. Sachverhalt (beruht auf einem Gedächtnisprotokoll)

Der Großhändler V verkaufte dem K, der ein Spielwarengeschäft betreibt 2 Sandbaukästen (Bausätze) für 100 € das Stück (massiv Eiche). Die Sandbaukästen waren im Laden des V deutlich lesbar mit massiv Eiche ausgezeichnet. Der Kaufvertrag kam schriftlich zustande und diesem wurden gesondert lange AGB des V beigefügt. Außerdem vereinbarten V und K, dass der K diese erst später bezahlen muss.

Kurz darauf liefert V dem K zwei Sandbaukasten.

Nun will K bei V noch 2 Rutschen im Wert von 2000 € erwerben (Stück 1000 €). K möchte auch dieses Mal erst später bezahlen. V verlangt deshalb eine Sicherheit i.H.v. 2000 €. K überredet seinen Freund B, der sich selbstschuldnerisch verbürgt. Der Bürgschaftsvertrag ist formwirksam zustande gekommen.

Nach 2 Wochen reklamiert der Kunde E des K, dass er nicht einen Sandbaukasten „massiv Eiche“ erhalten habe, sondern einen aus Spanbauplatten. K zeigt diesen Mangel sofort telefonisch bei V an und verlangt von diesem die Nachlieferung eines Sandbaukastens „massiv Eiche“. Die Sandbaukästen können nicht ausgepackt werden, da sie sonst unverkäuflich werden .

Der V verweigert ausdrücklich die Nachlieferung, woraufhin der K den Rücktritt vom Vertrag erklärt.

Der V weist auf  seine AGB Nr. 5 Ziff. 9 hin. Darin heißt es, dass der V für Gewährleistungen außer bei einem vorsätzlichem oder grob fahrlässigen Verschulden des V nicht aufkomme. Schadensersatzansprüche bleiben bestehen.

Der V erklärt weiter, dass er die Sandbaukästen nicht kontrollieren kann, da diese ja wie K wisse sonst unverkäuflich werden. Deswegen könne V seine Auslieferungen  nicht immer korrekt ausführen und müsse auf dem Gewährleistungsausschluss bestehen.

Mittlerweile werden die Kaufpreisforderungen des V gegen den K fällig. Als  der V den B in Anspruch nehmen will, da der K nicht leisten kann, verweigert dieser die Zahlung und sagt, dass er sich an den Vertrag nicht gebunden fühle. Der K hätte diesen wahrheitswidrig über seine Finanzen Auskunft erteilt. Hätte er gewusst, dass K kein Geld hat, hätte er sich nie verbürgt.

Frage 1: Kann V von K die Bezahlung des Spanbauplatten-Sandkastens verlangen?

Frage 2: Kann V von B die Zahlung der 2000 € verlangen?

Abwandlung 1

K verkaufte dem X einen Sandbaukasten. Als X diesen aufbauen will, bemerkt er, dass die Aufbauanleitung auf Japanisch ist. Darüber verärgert baut er den Sandkasten mit Gewalt auf, sodass an einer Seite ein Holzsplitter von einem 1 cm entsteht. X geht davon aus, dass sein 5-jähriger Sohn S beim Spielen schon aufpassen würde. Als S sich in den Sandkasten setzt, zerreißt seine Hose, die einen Wert von 90 € hat.

X verlangt von K die Bezahlung der Hose. Dieser verweigert dies, da der X selbst schuld sei und S auch beim Hinsetzen hätte aufpassen können.

Frage: Kann X von K Ersatz für die Hose verlangen?

Abwandlung 2:

Der S zieht sich beim Spielen durch den Splitter eine Fleischwunde zu, die aber wieder verheilt. Mittlerweile wurde festgestellt, dass die Farbe des Sandbaukasten schädliche Stoffe enthält, die Krebs hervorrufen können.

Der Hersteller H lässt deshalb ein externes Gutachten erstellen, indem es heißt, dass die Erkrankungsgefahr von sehr geringer Wahrscheinlichkeit ist.

Der X möchte sicherstellen, dass für den Fall der Erkrankung dem S immaterielle und materielle künftige Ansprüche gegen den H zustehen.

Frage: Ist die Klage des S beim örtlich und sachlich zuständigem Landgericht zulässig?

Bearbeitungsvermerk: X ist alleine sorgeberechtigt sowie für S vertretungsbefugt. Die Hose des S steht im Eigentum des X. Es ist ferner davon auszugehen, dass beim Eintritt einer Krebserkrankung der S Schadensersatzansprüche gegen H hätte.

B. Unverbindliche Lösungsskizze

Frage 1: Anspruch des V gegen K auf Zahlung des****Spanbauplatten-Sandkastens, 433 II BGB

I. Anspruch entstanden

1. Einigung (+)

2. Wirksamkeit (+)

II. Anspruch nicht erloschen

1. §§ 142, 119 ff BGB (-)




1. §§ 346 I, 437 Nr. 2, 323 I BGB

a)    wirksamer Kaufvertrag (+)

b)   Mangel

hier: § 434 I 1 bzw. 2 Nr. 2 („massive Eiche“)

c)    Maßgeblicher Zeitpunkt

-       Übergabe, § 446 BGB (+)

d)   Leistungsaufforderung mit angemessener Fristsetzung, 323 I BGB

hier: § 323 II Nr. 1 BGB

e)    Kein Ausschluss

aa) § 442 BGB (-)

bb) § 377 HGB i.V.m. 478 VI BGB (-)

cc) Vertraglich aufgrund AGB

(1) Auslegung

-       Nr. 5 Ziffer 9 AGB erfasst auch den Rücktritt

(2) Wirksamkeit

(-), § 478 IV bzw. § 309 Nr. 8 b aa BGB

f)     Rücktrittserklärung (+)

g)    Keine Einrede der Unwirksamkeit, § 218 BGB (+)

III. Ergebnis: (-)

 

Frage 2: V gegen B auf Zahlung von 2000 €, §§ 765, 433 II BGB

I. Anspruch entstanden

1. Zu sichernde Forderung

hier: § 433 II BGB des V gegen K

1. Wirksame Einigung

a)    Einigung

-       Bürgschaft (+)

b)   Wirksamkeit

-       Täuschung des K gegenüber B über Bonität irrelevant

II. Anspruch nicht erloschen

-       Einwendungen aus Forderungs- bzw. Bürgschaftsverhältnis nicht ersichtlich

III. Anspruch durchsetzbar

-       Einrede der Vorausklage, § 771 BGB (-); Argument: selbstschuldnerische Bürgschaft, § 773 Nr. 1 BGB

IV. Ergebnis (+)

 

Abwandlung 1: X gegen K auf Ersatz der Hose

A. ** § 437 Nr. 3, 280 I BGB**

I. Wirksamer Kaufvertrag (+)

II. Mangel

hier: fehlerhafte Montageanleitung, § 434 II BGB („Japanisch“)

III. Maßgeblicher Zeitpunkt (+)

IV. Voraussetzungen des § 280 I BGB

1. Schuldverhältnis (+)




1. Pflichtverletzung

hier: mangelhafte Leistung

1. Vertretenmüssen

-     vermutet

1. Rechtsfolge: Schadenersatz (neben der Leistung)

hier: Folgeschaden an Hose i.H.v. 90 €

1. Kein [Ausschluss des Schadenersatzanspruchs](https://jura-online.de/lernen/ausschluss-des-schadensersatzanspruchs/1041/excursus?utm_campaign=Examensreport&utm_source=blog&utm_medium=referral&utm_term=Examensreport:ZRII1.ExamenausMai2014inNRW)

-       Mitverschulden, § 254 BGB

a)    Sohn

(-), Argument: § 828 III BGB

b)     Vater

-       §§ 254 II 2, 278 BGB (-); Argument: Vater nicht Erfüllungsgehilfe

V. Kein Ausschluss (+)

VI. Ergebnis: (+)

. ** 823 I BGB**

-       Kein Verschulden nachgewiesen bzw. ausgeschlossen durch Gewährleistungsvorschriften

 

Abwandlung 2:

-       Feststellungsklage, § 256 ZPO bzgl. des Bestehens solcher Ansprüche „dem Grunde nach“