BGH: Keine Gewährleistungsansprüche des Bestellers bei Nichtigkeit eines Werkvertrags wegen "Schwarzarbeit"

Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Sie vereinbarte mit dem Beklagten, einem Bauunternehmer, dass dieser die Auffahrt neu pflastern sollte. Die Vergütung sollte 1.800 € betragen, wobei die Bezahlung bar ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer erfolgen sollte. Damit sollte dem Beklagten ermöglicht werden, die Einnahmen den Finanzbehörden zu verheimlichen; die Klägerin wollte einen Preisvorteil erzielen.

Der Beklagte führte die Arbeiten aus. Kurz danach traten Unebenheiten auf der Auffahrt auf. Nacharbeiten des Beklagten hatten keinen Erfolg. Ursache für die Unebenheiten ist eine von dem Beklagten zu dick ausgeführte Sandschicht unterhalb der Pflastersteine. Zur Beseitigung sind voraussichtlich Aufwendungen in Höhe von mindestens 6.000 € notwendig.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines Vorschusses zur Mängelbeseitigung von 6.000 €.

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 1.8.2013, Az. VII ZR 6/13) hat die Klage abgewiesen.

Als Anspruchsgrundlage kommt § 637 III BGB in Betracht, der dem Besteller einen Anspruch gegen den Werkunternehmer auf Zahlung eines Vorschusses auf die für die zur Beseitigung eines Werkmangels erforderlichen Aufwendungen zubilligt, wenn die Voraussetzungen des § 637 I und II BGB vorliegen.

Problematisch ist allerdings bereits, ob überhaupt ein wirksamer Werkvertrag vorliegt. Denn der Beklagte hat Schwarzarbeit i.S.v. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG in der seit dem 1.8.2004 geltenden Fassung geleistet, weil er infolge der „Ohne-Rechnung-Abrede“ seine einkommen- und umsatzsteuerlichen Pflichten verletzt hat. Fraglich ist, welche Folgen sich daraus für den Werkvertrag ergeben.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass Verstöße gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in der früheren, bis zum 1.8.2004 geltenden Fassung zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB führen können. Zwar enthielt (auch) die damalige Fassung kein ausdrückliches Verbot der Schwarzarbeit, die Nichtigkeit ergab sich aber aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes und den in §§ 1 und 2 SchwarzArbG a.F. enthaltenen Bußgeldvorschriften. Dazu hat der Bundesgerichtshof in einer Leitentscheidung aus dem Jahre 1982 ausgeführt:

„Das Gesetz droht unter bestimmten Voraussetzungen in den §§ 1 und 2 sowohl dem Auftragnehmer als auch dem Auftraggeber Geldbußen an. Damit will es die Schwarzarbeit schlechthin verbieten und den Leistungsaustausch zwischen dem Auftraggeber und dem nicht in der Handwerksrolle eingetragenen Gewerbetreibenden allgemein verhindern. Das Verbot der Schwarzarbeit richtet sich also nicht nur gegen den die Arbeit leistenden Auftragnehmer, sondern auch gegen den Auftraggeber. Die in §§ 1 und 2 des Gesetzes enthaltene Bußgeldandrohung ist bereits ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür, dass die Rechtsordnung einem das Verbot der Schwarzarbeit missachtenden Vertrag die Wirksamkeit versagen will. Vor allem aber lässt sich der Zweck des Gesetzes, nämlich die Verhinderung von Schwarzarbeit, nur dann erreichen, wenn gegen das Gesetz verstoßende Verträge als nicht rechtswirksam angesehen werden.

Der Sinn und Zweck des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit geht somit dahin, nicht nur als Ordnungsvorschrift den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit einzuschränken, sondern darüber hinaus im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die rechtliche Wirkung zu versagen.“ (BGH NJW 1983, 109 f.)

Voraussetzung war dabei aber grds., dass beide Parteien gegen das SchwarzArbG verstoßen haben. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nämlich anerkannt, dass Verträge, durch deren Abschluss nur eine der Vertragsparteien ein gesetzliches Verbot verletzt, in der Regel gültig sind. Nur in besonderen Fällen kann sich die Unwirksamkeit auch aus einer einseitigen Gesetzesübertretung ergeben, wenn der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf. Im Hinblick darauf hat der Bundesgerichtshof zum SchwarzArbG a.F. ausgefürt:

„Unter Fortführung dieser Rechtsprechung sind auch Verträge, durch die der Auftragnehmer ohne Wissen des Auftraggebers einseitig gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit verstößt, als wirksam anzusehen. Durch das Verbot der Schwarzarbeit soll die erhöhte Arbeitslosigkeit in vielen Berufszweigen bekämpft, eine Gefährdung gewerblicher, insbesondere handwerklicher Betriebe durch Lohn- und Preisunterbietungen vermieden und der durch minderwertige Leistungen sowie unsachgemäße Verwendung von Rohmaterialien geschädigte Auftraggeber geschützt werden. Daneben will das Gesetz eine Minderung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung des Beitragsaufkommens der Sozial- und Arbeitslosenversicherung verhindern. Keiner dieser Regelungszwecke führt bei einseitigen Zuwiderhandlungen des Auftragnehmers notwendigerweise zur Nichtigkeit des Werkvertrags. Vielmehr gebieten es gerade die Interessen des gesetzestreuen Auftraggebers, ihm seine Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche zu belassen und ihn nicht auf unzureichende Ersatzansprüche zu verweisen. … Anders kann es dagegen sein, wenn der Auftraggeber zwar nicht selbst verbotswidrig handelt, aber den Gesetzesverstoß des Vertragspartners kennt und diesen bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.“ (BGH NJW 1984, 1175)

Diese Rechtsprechung überträgt der Bundesgerichtshof im Ausgangsfall auf die seit dem 1.8.2004 geltende Fassung des SchwarzArbG:

„An dieser Beurteilung hält der Senat auch für das seit dem 1. August 2004 geltende Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz grundsätzlich fest. Dieses Gesetz dient ausweislich § 1 I SchwarzArbG der Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Schon daraus ergibt sich, dass die Novellierung des Vorgängergesetzes ausschließlich eine Verschärfung der gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bewirken sollte. Nachdem zu diesem Zeitpunkt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung schon die frühere Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erforderte, dass Verträge, die den Ordnungswidrigkeitstatbeständen zugrunde lagen, bei bestimmter Beteiligung beider Vertragspartner nichtig waren, gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Rechtsfolge nunmehr mit dem neuen Gesetz nicht mehr eintreten sollte.Keiner dieser Regelungszwecke führt bei einseitigen Zuwiderhandlungen des Auftragnehmers notwendigerweise zur Nichtigkeit des Werkvertrags. Vielmehr gebieten es gerade die Interessen des gesetzestreuen Auftraggebers, ihm seine Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche zu belassen und ihn nicht auf unzureichende  Ersatzansprüche zu verweisen. … Anders kann es dagegen sein, wenn der Auftraggeber zwar nicht selbst verbotswidrig handelt, aber den Gesetzesverstoß des Vertragspartners kennt und diesen bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.“ Auch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ist Verbotsgesetz. Es will nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung den zugrunde liegenden Rechtsgeschäften die rechtliche Wirkung nehmen. Deshalb ist es unschädlich, dass auch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz keine ausdrücklichen Verbote enthält. Es definiert erstmals den Begriff der Schwarzarbeit (§ 1 II SchwarzArbG) und übernimmt aus dem bisherigen Gesetz bestimmte Ordnungswidrigkeitstatbestände (§ 8 SchwarzArbG). Die klare Beschreibung des Schwarzarbeitsbegriffs sollte mit dazu beitragen, das Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung zu stärken und damit präventiv der Schwarzarbeit entgegenzuwirken (BT-Drucks. 15/2573, S. 18).“

Der Bundesgerichtshof lässt offen, ob hier nur der Beklagte oder zugleich auch die Klägerin gegen das SchwarzArbG verstoßen hat:

„Denn auch wenn ihr Verhalten nicht unter § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG fiele, würde es ausreichen, zusammen mit dem Verstoß des Beklagten gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG eine Nichtigkeit des Werkvertrages herbeizuführen. Das ergibt sich bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats, nach der es für die Annahme einer Nichtigkeit ausreichen kann, dass der Besteller den Gesetzesverstoß des Unternehmers kennt und diesen bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Nach der Neufassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit reicht eine solche Beteiligung des Bestellers jedenfalls in den Fällen aus, eine Nichtigkeit eines zugrunde liegenden Werkvertrages herbeizuführen, in denen der Unternehmer seine Pflicht zur Erteilung einer Rechnung verletzt und der Besteller dies bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt.“

Davon ausgehend liegt es nahe, den Werkvertrag als gemäß § 134 BGB nichtig anzusehen und der Klage der Bestellerin den Erfolg zu versagen. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 2008 entschieden, dass der Besteller trotz einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ Mängelgewährleistungsrechte geltend machen kann. Zwar sei diese Abrede nach §§ 134, 138 BGB nichtig, da sie der Vorbereitung einer Steuerhinterziehung dient, doch gelte dies - in Abkehr zur Regelwirkung des § 139 BGB - nicht für den gesamten Vertrag, wobei er offenließ, ob insoweit ein (hypothetischer) Parteiwille anzunehmen ist. Denn jedenfalls sei es dem Werkunternehmer nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Nichtigkeit des Vertrages wegen der “Ohne-Rechnung-Abrede” zu berufen. Dies ergebe sich aus der spezifischen Interessenlage in solchen Fällen:

„Bei einem solchen Bauvertrag erbringt der Unternehmer die von ihm geschuldeten Bauleistungen regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers. Eine Rückabwicklung des Vertrages durch Rückgabe der Leistung ist, wenn überhaupt, gewöhnlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Durch sie würden wirtschaftliche Werte gefährdet; der Unternehmer müsste bei einer solchen Rückabwicklung in fremdes Eigentum eingreifen. Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrags regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten. Diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrages entfallen würden.

Für den Unternehmer liegt diese spezifische Interessenlage des Bestellers der Bauleistung offen zutage. Hat er die Bauleistung mangelhaft erbracht, verhält er sich treuwidrig, wenn er sich gegenüber dem in der dargestellten Weise belasteten Besteller auf eine Gesamtnichtigkeit des Bauvertrages beruft, die allein aus der Gesetzwidrigkeit der “Ohne-Rechnung-Abrede” folgen kann. Denn der Unternehmer hat in Kenntnis dieser Abrede und der dargestellten Interessenlage den Vertrag durchgeführt, sozusagen “ins Werk gesetzt”, und seine Bauleistung erbracht. Er setzt sich in dieser von ihm maßgeblich mitverursachten Situation unter Verstoß gegen Treu und Glauben in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrags gerichteten Verhalten, wenn er nunmehr unter Missachtung der besonderen Interessen seines Vertragspartners die “Ohne-Rechnung-Abrede”, die regelmäßig auch seinem eigenen gesetzwidrigen Vorteil dienen sollte, zum Anlass nimmt, für die Mangelhaftigkeit seiner Leistung nicht einstehen zu wollen mit der Folge, dass der Besteller unter Beeinträchtigung seines Eigentums dauerhaft mit den Mangelfolgen belastet bleibt.“ (BGH NJW-RR 2008, 1050)

Diese Rechtsprechung soll aber – so der Bundesgerichtshof in der aktuellen Entscheidung – keine Anwendung finden, wenn ein Verstoß gegen das SchwarzArbG in Rede steht:

„Die Schaffung des Schwarzarbeitstatbestandes des § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG führt wie dargelegt dazu, dass die Verstöße gegen steuerrechtliche Pflichten bereits ohne Weiteres zur Nichtigkeit des gesamten zugrunde liegenden Werkvertrages führen. Eine isolierte Prüfung nur der “Ohne-Rechnung-Abrede” erfolgt nicht.

Eine nach § 134 BGB im öffentlichen Interesse und zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs angeordnete Nichtigkeit kann - anders als die Nichtigkeitsfolge aus § 139 BGB - allenfalls in ganz engen Grenzen durch eine Berufung auf Treu und Glauben überwunden werden. Hierfür reicht es jedenfalls nicht aus, dass ein widersprüchliches Verhalten des Unternehmers darin liegt, dass er bei einem Bauvertrag die von ihm geschuldeten Bauleistungen regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers erbringt und er sich bei der Inanspruchnahme wegen Mängeln anschließend auf die Nichtigkeit des Bauvertrags beruft, obwohl der Besteller wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung das Werk typischerweise behalten wird. Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass wegen der Nichtigkeit des Vertrages Mängelansprüche von vornherein nicht gegeben sind. Die im besonderen Maße von den Grundsätzen von Treu und Glauben beeinflussten Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) sind regelmäßig geeignet, unerträgliche Ergebnisse auch in den Fällen zu verhindern, in denen die aufgrund eines nichtigen Werkvertrages erbrachten Leistungen mangelhaft sind.“

Daher ist der Vertrag gemäß § 134 BGB nichtig; vertragliche Ansprüche stehen der Klägerin somit nicht zu.

Auch weitere Ansprüche kommen nicht in Betracht, wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat:

„Einen Bereicherungsanspruch macht die Klägerin hier nicht geltend. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB steht ihr nicht zu, weil sie den Aufbau der Auffahrt niemals mangelfrei in ihrem Eigentum gehabt hat und die Anfertigung der mangelhaften Auffahrt nicht eine Beschädigung ihres Grundstücks darstellt.“ (OLG Schleswig BeckRS 2013, 02701)

Hätte der Beklagte seinerseits Vergütung verlangt, wären nach vertraglichen Ansprüche solche aus GoA und §§ 812 ff BGB zu prüfen gewesen. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach GoA-Regeln, §§ 683 1, 670 BGB, kommt bei nichtigen Verträgen bekanntlich nicht in Betracht, weil es entweder am Fremdgeschäftsführungswillen fehlt (hL) oder jedenfalls die Aufwendungen nicht für “erforderlich” gehalten werden dürften (BGH).

In einer vollständigen Klausurlösung wäre auch auf den bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Wertersatz, §§ 812 I 1 1. Fall, 818 II BGB einzugehen. Bei dem Ausschlussgrund des § 817 2 BGB (beiderseitiger Verstoß gegen gesetzliches Verbot) wäre zu diskutieren, ob eine Korrektur des § 817 2 BGB über § 242 BGB angezeigt ist.