Zustimmung durch Passieren des Drehkreuzes?

Zustimmung durch Passieren des Drehkreuzes?

Kann ein Fitnessstudio die Zustimmung zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge durch Passieren des Drehkreuzes erwirken?

Der Gang ins Fitnessstudio gehört für viele fest zur täglichen Routine. Auch wenn die Mitgliedsbeiträge teils noch recht erschwinglich sind, sind dies ja auch nicht die einzigen Kosten, die im Alltag anfallen. In einer Zeit, in der ohnehin schon alles teils erheblich teurer wird, ist es dann natürlich ärgerlich, wenn sich auch Fitnessstudiobetreiber entschließen, ihre Beiträge zu erhöhen. Mit einer durchaus als kreativ zu bezeichnenden Methode wollte auch der Betreiber einer größeren Kette jüngst eine solche Preiserhöhung durchsetzen.

Was ist passiert?

A ist seit mehreren Jahren Mitglied bei der B GmbH, die deutschlandweit zahlreiche Fitnessstudios betreibt. Um in den Trainingsbereich zu gelangen, müssen die Mitglieder am Eingang ein Drehkreuz passieren. Die Zutrittsberechtigung wird geprüft, indem Trainierende ihre Mitgliedskarte auf den am Drehkreuz angebrachten Scanner auflegen. Sofern die Karte gültig ist, wird der Zutritt automatisch gewährt.

Anfang 2022 hat die B GmbH ihre langjährigen Bestandskunden per E-Mail über eine anstehende Erhöhung der Mitgliedsbeiträge informiert. Da zu einer solchen Preisanpassung eine Zustimmung nötig ist, führt B in ihrer Mail weiter aus, dass die Mitglieder die Zustimmung entweder gegenüber dem Kundenservice erklären können oder einfach beim nächsten Besuch durch Passieren des Drehkreuzes am Eingang des Studios zustimmen können.

Auch im Eingangsbereich des Studios stellte die B ein entsprechendes Hinweisschild auf, auf dem sich die zuvor per E-Mail mitgeteilten Zustimmungsmöglichkeiten befanden. Als A von der Mail und beim nächsten Besuch auch vor Ort Kenntnis erlangte, wollte sie sich dies nicht gefallen lassen und wandte sich an die Verbraucherzentrale ihres Bundeslandes. Nachfolgend klagte der Dachverband aller deutschen Verbraucherzentralen - ein nach § 4 UKlaG zugelassener Verband - vor dem Landgericht in Bamberg, um ein Unterlassen dieser Geschäftspraktik von B zu erreichen.

Rechtliche Einordnung

In Betracht kommt zunächst ein Verstoß gegen das - zugegeben außerhalb des üblichen Pflichtfachstoffs liegende - Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz UWG. Des Weiteren aber - und hier wird es wieder prüfungsrelevant - auch ein Verstoß gegen die Bestimmungen des BGB nach den §§ 305 ff. BGB.

Die Entscheidung des LG Bamberg

Das Gericht kommt in seiner Entscheidung zu der Auffassung, dass u.a. ein Verstoß gegen die gesetzlichen Regelungen für allgemeine Geschäftsbedingungen gegeben sei. Die von B verwendete Formulierung zur Erteilung der Zustimmung seien allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 I BGB. AGB setzten voraus, dass der Verwender damit den Vertragsinhalt einseitig vorgebe, was hier auch der Fall sei. Die Klausel auf dem Hinweisschild knüpfe an das Passieren der Drehkreuze, nämlich die Zustimmungserklärung zu der Beitragserhöhung an. Es werde durch ein bestimmtes Verhalten der Mitglieder Konsens hinsichtlich der Vertragsänderung fingiert.

Des Weiteren widmete sich das Landgericht der Inhaltskontrolle der Klausel. Diese sei nach § 307 III 1 BGB eröffnet, wenn in der Klausel von Rechtsvorschriften abgewichen werde. Der Begriff Rechtsvorschrift sei in diesem Zusammenhang nicht eng iSv. Rechtsnorm zu verstehen, sondern umfasst auch allgemein anerkannte Prinzipien des BGB. Dazu gehöre auch, dass Verträge durch Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB abgeschlossen würden. Zwar könne auch einem konkludenten Handeln in gewissen Situationen ein Erklärungswert zukommen, dann müsse sich der Erklärende aber darüber bewusst sein. Hiervon weiche die Klausel aber ab, denn es sei viel wahrscheinlicher, dass die Kunden des Studios das Drehkreuz nur deshalb passieren, um ihr Training absolvieren zu können und sich dabei gerade keine Gedanken über die anderweitigen Folgen machen würden. Insofern werde hier einer Handlung, die eigentlich einen anderen Zweck verfolge, ein anderer Erklärungswert untergeschoben. Die Inhaltskontrolle sei nach alledem eröffnet.

Im Folgenden vertritt das Landgericht die Auffassung, dass die Klausel mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sei, § 307 II Nr. 1 BGB, sodass eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 I 1 BGB vorliege, die zur Unwirksamkeit der Klausel führe. Zwar könne ein Vertrag bzw. eine Vertragsänderung auch durch schlüssiges Verhalten beider Parteien geschlossen werden, hier sei nach Auffassung des Gerichts aber gerade die Besonderheit zu berücksichtigen, dass durch das Passieren der Drehkreuze nicht zwangsläufig der Zustimmungswille zum Ausdruck gebracht werde, sondern die Mitglieder schlicht ihr vertraglich vereinbartes Recht auf Durchführung der Trainingseinheit wahrnehmen wollen, würden. Insoweit folgt das Gericht hier auch der Ansicht des Klägers, der Eingangsbereich sei oft überfüllt, sodass die Mitglieder sich meist keine Gedanken machen, was das Passieren des Drehkreuzes letztlich bedeutet. Es werde eine Art Überrumpelungssituation geschaffen und sich diese zunutze gemacht.

Abschließend betont das Gericht noch, dass auch die von der Beklagten eingeräumte Möglichkeit, der Zustimmung nachträglich zu widersprechen, nichts ändere, da die Mitglieder hierzu selbst aktiv werden müssten und dies aus diversen Gründen oftmals unterbleiben würde.

Prüfungsrelevanz

Die Prüfung von allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in Klausuren ein absoluter Dauerbrenner. Die hier behandelte Konstellation könnte dabei für Klausurersteller:innen besonders reizvoll sein, als es einen eher ungewöhnlichen und atypischen Sachverhalt darstellt und somit auch ein gewisses Maß an Transferwissen von den Prüflingen abverlangt.

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