Kavaliersdelikt oder ernstzunehmende Straftat?
Der YouTuber Marvin Wildhage dürfte wohl den meisten ein Begriff sein. Mit zahlreichen Pranks hat sich der YouTuber einen Namen gemacht. So hat er u.a. Influencer hinters Licht geführt und deren unlautere Werbepraktiken aufgedeckt oder sich auch bereits in der Vergangenheit mehrfach verkleidet in bestimmte Veranstaltungen eingeschlichen. Derzeit sorgt Marvin mit einer daran angelehnten Aktion für Schlagzeilen. Getarnt als EM-Maskottchen “Albärt” schaffte er es, sich Zutritt zur Münchner Allianz Arena zu verschaffen und dort an der Eröffnungsfeier zur gerade stattfindenden EM mitzumischen. So weit so gut, doch wie lief das alles nun im Detail ab und warum ist das Geschehen durchaus auch aus einem juristischen Blickwinkel spannend?
Was ist passiert?
Weil die Tickets für das Eröffnungsspiel Deutschland - Schottland schon weit im Vorfeld ausverkauft waren und Marvin unbedingt die Nationalmannschaft live sehen wollte, ohne die teilweise astronomischen Preise für Karten auf dem Zweitmarkt zu bezahlen, beschloss er, sich als Maskottchen zu verkleiden. Die Herstellung des Kostüms gab er bei chinesischen Fabriken in Auftrag, die sich bekanntermaßen nicht immer an westliche Markenrechte halten. Während das erste Kostüm nicht wirklich seinen Erwartungen entsprach und nur von schlechter Verarbeitungsqualität war, konnte die zweite Verkleidung für mehrere tausend Euro dann überzeugen.
Freilich reichte die Verkleidung als solche noch nicht aus, um auch problemlos ins Stadion zu kommen. Es mussten noch Zugangskarten her. Hier kam es Marvin zugute, dass zahlreiche Mitarbeiter der EM schon Wochen zuvor ihre Mitarbeiterausweise auf Instagram präsentiert hatten. Dadurch wusste er, welche Farbe, die Umhängebänder hatten und wie die Ausweise im Groben aussehen. Auch schleuste er einen Kollegen als Mitarbeiter ein. Dessen Aufgabe war es, während der Eröffnungsfeiern einen großen Teppich ins Stadion zu tragen. Hierfür fanden mehrfach Proben im Vorfeld statt. Da der Teppich wohl recht schwer und die Arbeitsatmosphäre allgemein nicht sehr gut war, kam es recht schnell zu einem unübersichtlichen Wechsel der Mitarbeiter. Am Ende überblickte keiner mehr so recht, wer denn nun tatsächlich zugangsberechtigt war oder nicht. Marvin und sein Kollege schafften es also tatsächlich, eine Zugangskarte zu ergattern. Diese nutze er als Vorlage und bastelte täuschend echt aussehende Ausweise, um damit das Kontrollpersonal auszutricksen.
Am Tag des Eröffnungsspiels machten sich Marvin und sein Kollege nun also in einem mit UEFA-Logos beklebten Kleintransporter auf den Weg zum Stadion. An der Einlasskontrolle gab es zwar zunächst das Problem, dass der auf den selbst erstellten Ausweisen aufgedruckte QR-Code nicht lesbar war, als sie beide dann aber auf den Parkausweis verwiesen, konnten sie sich Zugang verschaffen.
Im Stadion schließlich angekommen, fiel es wohl niemandem auf, dass mutmaßlich gleich zwei Maskottchen anwesend waren. Sogar Mario Gomez machte ein Foto mit dem verkleideten Marvin.
Als er sich dann während der Eröffnungsfeier auf die Rasenfläche begab, wurde er von einer Ordnerin der UEFA angesprochen. Sie forderte ihn auf, mal eine kurze Pause zu machen und sich in der Kabine zu erholen. Marvin wusste allerdings nicht, wo diese Kabine für das Maskottchen genau war, sodass er etwas planlos im Stadion umherirrte, was wohl nicht unentdeckt blieb. Es kamen mehrere Ordner und Mitarbeiter der UEFA und forderten ihn auf, das Kostüm abzunehmen, sodass der Schwindel letztlich auch auffiel.
Die Polizei verbrachte Marvin und seinen Kollegen in die Gefangenensammelstelle - kurz GESA. Nach kurzer Zeit vernahmen die Beamten die beiden und erteilten Stadionverbote und Platzverweise.
Die UEFA stellte in der Folge wegen des Geschehens Strafanzeige. Nach Angaben der Polizei werde gegen Marvin nun wegen Urkundenfälschung aufgrund der selbst erstellten Ausweise sowie wegen Hausfriedensbruch und dem Erschleichen von Leistungen durch das Betreten des Stadions ohne Zugangsberechtigung ermittelt.
Prüfungsrelevanz
Freilich ist es eher unwahrscheinlich, dass dieser Fall so auch in einer Klausur vorkommen wird. Das ändert aber nichts daran, dass sich die mutmaßlich von Marvin verwirklichten Delikte - insbesondere die Urkundenfälschung - für Prüfungen gut eignen. Nicht unwahrscheinlich ist es also, dass sich ein Klausurersteller angesichts dieses Vorfalls entschließt, eine Klausur u.a. mit diesen Delikten zu kreieren.
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