Abschleppfall auf Carsharing-Parkplatz

Abschleppfall auf Carsharing-Parkplatz

Darf das Ordnungsamt einen Pkw, der niemanden behindert, abschleppen lassen?

Wenn man abgeschleppt wird, ist das ein teures Vergnügen. Schon häufiger musste sich die Justiz mit den Kostenbescheiden von Abschleppmaßnahmen auseinandersetzen. Ob ein unberechtigt geparktes Fahrzeug von einem Carsharing-Parkplatz abgeschleppt werden darf, obwohl es keinen anderen Fahrzeugen im Weg ist, hatte jüngst das VG Düsseldorf zu entscheiden.

Worum geht es?

Eine Frau parkte ihren privaten Pkw auf einem Parkplatz, der ausweislich der Verkehrsschilder eine Parkfläche für Carsharing-Fahrzeuge war. Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes bemerkte diesen Verstoß und kontaktierte ein Abschleppunternehmen. Das Ordnungsamt stellte der Frau die Kosten des Abschleppunternehmens mittels Bescheid in Rechnung. Sie war damit jedoch überhaupt nicht einverstanden und erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Rechtliche Einordnung in der Klausur

Prozessual handelt es sich hier um eine Anfechtungsklage, denn der Kostenbescheid ist ein belastender Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG. Im Rahmen der Begründetheit gilt es hier, die Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides zu prüfen. Die Prüfung von Kostenbescheiden ist sehr verschachtelt und damit nicht ganz einfach. Wichtig ist es, immer den Überblick zu behalten, auf welcher Ebene man sich gerade in der Prüfung befindet. Zunächst musst Du die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides prüfen. Im Rahmen der materiellen Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides musst Du inzident die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme sowie die Kostenpflichtigkeit und Erstattungsfähigkeit prüfen.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht hatte also unter anderem darüber zu befinden, ob das Fahrzeug der Klägerin abgeschleppt werden durfte. Hierzu entschied das Gericht, dass ein Fahrzeug, das unberechtigt auf einem Carsharing-Parkplatz parkt, so zu behandeln ist, als stünde es im absoluten Halteverbot. Es sei daher unerheblich, ob das Fahrzeug der Klägerin tatsächlich ein Carsharing-Pkw am Parken gehindert habe oder nicht. Das Abschleppen sei auch grundsätzlich verhältnismäßig, weil die Funktion von Carsharing-Parkplätzen nur gewährleistet werden könne, wenn die entsprechenden Parkflächen von unberechtigt geparkten Fahrzeugen freigehalten werden. Für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme spreche auch, dass von einem unberechtigt abgestellten Fahrzeug eine negative Vorbildwirkung für andere Fahrer ausgehe. Das Gericht bewertet den Bescheid daher als rechtmäßig. Das Abschleppen des Fahrzeuges der Klägerin war rechtmäßig, sodass sie auch die Kosten tragen musste. Die Klage hat keinen Erfolg.

Prüfungsrelevanz

Abschleppfälle sind absolute Klassiker und begegnen wohl allen Jura Studierenden mindestens einmal im Laufe des Studiums. Trotzdem solltest Du den Fall nicht zu überhastet prüfen. Es gibt nicht den einen Abschleppfall, dessen Lösung Du sofort im Kopf herunterspulen können musst. Schau Dir hier die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhaltes an und lass sie in Deine Lösung einfließen. Zeig dem/der Korrektor:in, dass Du nicht nur das Schema F prüfst, sondern stell hier einen Sachverhaltsbezug her und argumentiere eigenständig.