Bar oder Prostitutionsgewerbe?

Bar oder Prostitutionsgewerbe?

VG Stuttgart zur Erlaubnispflicht einer Tabledance Bar nach dem ProstSchG

Prostitutionsgewerbe oder kein Prostitutionsgewerbe, das ist hier die Frage!

Wenn in einer Gaststätte Tabledance angeboten wird, Anbahnungen zur Prostitution dort stattfinden und sich zufälligerweise direkt über dem Etablissement ein Bordell befindet, dann wirkt das zunächst wie ein gutes Geschäftsmodell im verruchten Milieu. Doch die Frage, ob schon eine Tabledancegaststätte bereits unter das ProstSchG fällt, musste jüngst das VG Stuttgart entscheiden.

Worum geht es?

Der Kläger betreibt eine Gaststätte, wo auch Tabledance angeboten wird. Dort können auch Anbahnungen zur Prostitution stattfinden. In demselben Gebäude betreibt der Kläger zudem praktischerweise ein Bordell. Dies befindet sich jedoch auf einer anderen Etage. Beide Etablissements verfügen über einen eigenen separaten Eingang. Das Bordell und der Tanzklub sind jedoch über eine Tür miteinander verbunden. In den Jahren 2014 und 2015 hatte die Stadt dem Kläger mehrere Erlaubnisse nach der GewO erteilt.

2017 trat sodann das ProstSchG in Kraft. Für das Bordell beantragte der Kläger eine Erlaubnis, welche ihm die Stadt auch erteilte. Die Stadt war nunmehr aber der Auffassung, dass auch die Gaststätte unter die Erlaubnispflicht des ProstSchG zu fassen sei. Dies teilte sie dem Kläger zuletzt 2021 mit. Daraufhin erhob er Klage vor dem Verwaltungsgericht.

Einordnung in der Klausur

Hier ist Vorsicht bei der Wahl der Klageart geboten. Wir wissen nach der Beschreibung bisher nicht, in welcher Form die Stadt hier gehandelt hat. In der Klausur ist es wichtig, hier eine Minute innezuhalten und genau zu überlegen, bevor Dir ein Flüchtigkeitsfehler passiert. Schau Dir die Voraussetzungen des 35 S. 1 VwVfG noch einmal genau an und überleg Dir, ob die Stadt hier einen Verwaltungsakt erlassen hat. Ungeachtet dessen, wie die Stadt hier in der Realität gehandelt hat, kann das Prüfungsamt an dieser Stelle den Fall mit oder ohne VA gestalten. Eine beliebte Falle in der Klausur. Halt Dir genau vor Augen, welche Klagearten einen VA voraussetzen und welche nicht. Sodann solltest Du noch nach § 88 VwVfG das klägerische Begehr nicht außer Acht lassen.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Die Klage ist zulässig und begründet. Dreh- und Angelpunkt ist hier § 12 ProstSchG. Demnach bedarf ein Prostitutionsgewerbe der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Fraglich war hier, ob schon die Gaststätte ein Prostitutionsgewerbe darstellt. Die Definition findet sich in § 2 III ProstSchG. Das Gericht prüfte, ob hier eine Prostitutionsstätte oder eine Prostitutionsvermittlung betrieben wurde gem. § 2 III Nr. 1, 4 ProstSchG und kam zu dem Ergebnis, dass das hier nicht einschlägig sei.

Es liege keine Prostitutionsstätte vor, denn weder Gespräche über die Anbahnung sexueller Kontakte noch der Betrieb einer Tabledance-Bar reichen hierfür aus. Für eine Prostitutionsstätte seien sexuelle Handlungen erforderlich. Diese seien hier nicht gegeben.

Es liege auch keine Prostitutionsvermittlung vor. Die Anbahnungsgespräche seien nicht Teil des Geschäftsmodells des Betreibers. Auch dass das Bordell in räumlicher Nähe zur Gaststätte liegt, sei kein Indiz für eine Prostitutionsvermittlung, weil die Lokalitäten unabhängig voneinander betrieben werden.

Ausblick

Dieser Fall schickt Dich zunächst in ein unbekanntes Rechtsgebiet. Davon solltest Du Dich jedoch nicht ins Bockshorn jagen lassen. In einem unbekannten Terrain die Nerven zu bewahren und strukturiert zu denken, ist reine Übungssache. Je öfter Du das trainierst, desto routinierter wirst Du in Deinem Vorgehen. Wir möchten Dir daher ans Herz legen, Übungsfälle mit unbekannten Rechtsgebieten nicht zu meiden. Das ProstSchG ist systematisch gut aufgebaut, sodass Du Dich schnell zurechtfindest. Zudem liefert Dir das Gesetz alle notwendigen Definitionen. Ergänze Deine Subsumtion mit starken Argumenten, dann bleiben keine Wünsche offen. Vorsicht ist in der Zulässigkeit geboten. Bei der statthaften Klageart musst Du genau hinsehen, wie die Klausur gestrickt ist. Die zentrale Frage ist hier, ob ein Verwaltungsakt vorliegt. Die Wiederholung der Merkmale eines VAs kann also nicht schaden.

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