Der VGH Bayern zu den Kosten für Dienstkleidung von teilzeitbeschäftigten Polizeibeamten
Flexible Arbeitszeitmodelle und reduzierte Arbeitszeiten werden bei Arbeitnehmern heutzutage immer beliebter. Dass es mit der Formel - weniger Stunden = weniger Lohn - nicht getan ist und sich weiteres Konfliktpotenzial aus der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses ergeben kann, zeigt der Fall, mit dem sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) kürzlich auseinandersetzen musste. Hier stellte sich die Frage, ob eine reduzierte Stundenanzahl zur Senkung des Dienstkleidungszuschusses führen darf.
Sachverhalt
Der Kläger ist Erster Polizeibeamter im Dienst des beklagten Freistaats Bayern und gehört als Beamter der bayerischen Schutzpolizei zu den sog. Selbsteinkleidern. Darunter fallen Beamte, die eine Erstausstattung der Dienstkleidung erhalten, die sie während des Dienstes tragen müssen. Für die Instandhaltung und Erneuerung dieser Kleidungsstücke wird ihnen laufend ein Dienstkleidungszuschuss gewährt.
Im Jahr 2019 beanspruchte der Kläger zehn zusätzliche Familientage bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von im Übrigen 40 Stunden. Auf das Jahr gerechnet, verringerte sich seine Arbeitszeit durch die zusätzlichen freien Tage damit auf 38 Stunden und 28 Minuten, was eine Reduzierung der Stunden um weniger als 5 % darstellt. Für Teilzeitbeschäftigte der Schutzpolizei wie den Kläger sieht die Polizeidienstkleidungsvorschrift des Beklagten eine pauschale Kürzung des Dienstkleidungszuschusses um 40 % vor. Für das Jahr 2019 wurde dem Kläger somit etwa 55 Euro weniger Zuschuss ausgezahlt als seinen vollzeitbeschäftigten Kollegen.
Nachdem der Polizeibeamte gegen die Kürzung erfolglos Widerspruch eingelegt hatte, erhob er Klage vor dem VG München.
Urteil des Verwaltungsgericht München
Das Gericht verpflichtete den Beklagten, dem Kläger die etwa 55 Euro zu zahlen und hob den insoweit entgegenstehenden Widerspruchsbescheid auf. Dabei stützte es sich wegen der geringfügigen Minimierung der Arbeitszeit im Sinne einer Teilzeitbeschäftigung im Vergleich zu der pauschalen Senkung des Dienstkleidungszuschusses um 40 % auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nach Art. 3 I GG. Die entsprechende Dienstkleidungsvorschrift sei mithin unwirksam.
Zudem läge auch in Hinblick auf Beamte aus anderen Verwaltungsbereichen ein Verstoß des Gleichheitssatzes vor, da der Freistaat Bayern als Dienstherr gegenüber Selbsteinkleidern aus anderen Verwaltungsbereichen eine Staffelung vorgesehen habe, die Polizeibeamten der Schutzpolizei nicht zu Gute kommt: Bei einem Arbeitsanteil von über 50 % erhielten Beamte der Justizverwaltung und Forstverwaltung den vollen Zuschuss, bei einer Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 50% der Stunden ergäbe sich ein Betrag in Höhe von 60 % des vollen Dienstkleidungszuschusses. Mangels eines sachlichen Differenzierungsgrundes läge somit ein ungerechtfertigter Verstoß gegen Art. 3 I GG vor.
Gegen das Urteil des VG München wendete sich der Freistaat Bayern schließlich mit seiner Berufung. Er ist unter anderem der Ansicht, eine Ungleichbehandlung von Polizeibeamten, die in Teilzeit- bzw. Vollzeit tätig sind, rechtfertige sich dadurch, dass sich die Dienstkleidung je nach Tragedauer unterschiedlich abnutze.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof Bayern
Der BayVGH hielt die zulässige Berufung für unbegründet, weil der Kläger einen Anspruch auf Dienstkleidungszuschuss in voller Höhe und damit im selben Umfang wie vollzeitbeschäftigte Kollegen habe.
Im Ergebnis schloss sich das Gericht der Entscheidung des VG München an, es stützte sich dabei jedoch auf andere Gründe als die Vorinstanz: Der BayVGH sah in der Senkung des Dienstkleidungszuschusses aufgrund der Polizeidienstkleidungsvorschrift gerade keinen Verstoß gegen Art. 3 I GG hinsichtlich der Beamten in der Justiz- und Forstverwaltung. Im Rahmen des Ermessens, das dem Bayerischen Staatsministerium des Inneren hinsichtlich des Dienstkleidungszuschusses zukommt, habe es den Gleichheitssatz nur in seinem eigenen Geschäftsbereich zu wahren. Der für die Dienstkleidung der Polizeibeamten zuständige Geschäftsbereich könne mithin nicht an die Verwaltungspraxis eines anderen Resorts gebunden werden, das beispielsweise das Ermessen über die Zuschüsse der Beamten der Justizverwaltung ausübt.
Gleichwohl läge jedoch ein Verstoß gegen Unionsrecht vor, da der Kläger als Teilzeitbeschäftigter gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten ohne sachlichen Grund hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen schlechter gestellt werde. Dies widerspreche einer europäischen Richtlinie (RL 97/81/EG), die dem Schutz von Teilzeitbeschäftigten diene. Die hierzu erforderliche Diskriminierung ergäbe sich daraus, dass Teilzeitbeschäftigte wie der Kläger, die auf mehr als 60 % der Vollzeitstunden beschäftigt sind, pauschal weniger Dienstkleidungszuschuss erhalten, als dies ihrem individuellen Arbeitszeitanteil entspräche.
Die Ungleichbehandlung rechtfertige sich nicht durch einen sachlichen Grund. Ein solcher könne gerade nicht in dem Zweck der Verwaltungsvereinfachung gesehen werden, weil ein pauschaler Prozentsatz zwar die Berechnung erleichtere, er aber nicht den objektiven Kriterien zur Begründung einer Notwendigkeit der Ungleichbehandlung genüge. Demgegenüber hätte eine Berechnung des Zuschusses nach individuellen Zeitanteilen lediglich einen marginalen Mehraufwand bedeutet, weswegen das Argument der Verwaltungsvereinfachung nicht tragfähig sei. Andererseits ließe sich der Verschleiß der Dienstkleidung nicht pauschal nach der Einsatzzeit der Kleidung im Dienst messen. Eine strikte Kopplung der Zuschüsse an die Arbeitszeit würde schließlich zu absurden Ergebnissen führen. Eine solche Berechnungsmethode stoße an seine Grenzen, weil jemand, der eine Teilzeitbeschäftigung mit 20 % der Stunden nachgehe, die Kosten für die Instandhaltung und Erneuerung der Dienstkleidung nicht finanzieren könne, wenn ihm lediglich 20% des Zuschusses gezahlt würde.
Unabhängig von der konkret zu wählenden Methode zur Berechnung des Dienstkleidungszuschusses für Teilzeitbeschäftigte verstoße die von dem Beklagten normierte Senkung jedenfalls gegen Unionsrecht und sei daher nicht heranzuziehen. Dem Kläger stünde so der volle Zuschuss zu.
Ausblick
Das letzte Wort in dieser Sache ist noch nicht gesprochen, da das Gericht eine Revision zum BVerwG zugelassen hat. Klar ist jedoch, dass der bayerische Gesetzgeber seine Gesetzgebung wegen des vorläufigen Ausgangs des Rechtsstreits jedenfalls überdenken dürfte. Auch sollte der Fall Studierenden einen Denkanstoß geben, sich mit dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie dem Diskriminierungsverbot aus Art. 3 GG auseinanderzusetzen und die Grundlagen des Europarechts zu wiederholen.
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