Wer muss die Kosten für den Schlossausbau tragen?
Bei Notfällen kann es praktisch sein, wenn der Nachbar einen Zweitschlüssel für die eigene Wohnung hat. Wenn der Nachbar sogar der eigene Bruder ist, dann würden wahrscheinlich wenige zögern. Blöd nur, wenn es dann zum Streit kommt und dieser Bruder den Schlüssel nicht wieder zurückgibt. Der Kläger des vorliegenden Falles ging so weit, dass er als Reaktion sogar das Schloss austauschte. Das Amtsgericht (AG) München hatte nun zu klären, ob der Bruder die Kosten dafür tragen muss.
Was war passiert?
Die Brüder lebten zunächst friedlich im gleichen Mehrfamilienhaus und tauschten für den Notfall jeweils ihre Haustürschlüssel aus. Als es zwischen den beiden zu Meinungsverschiedenheiten kam, forderten die Brüder den Schlüssel des jeweils anderen zurück. Der Beklagte gab diesen jedoch nicht zurück. Bei der zweiten Aufforderung kurz vor Weihnachten 2022 drohte der Kläger, ein neues Schloss einbauen zu lassen und dem Bruder die Kosten in Rechnung zu stellen, falls er den Schlüssel weiterhin einbehalten würde. Nachdem daraufhin keine Reaktion des Beklagten erfolgte, tauschte der Kläger das Schloss wie angekündigt im Frühjahr 2023 für rund 686 Euro aus.
Erst knapp zwei Monate später, im Juni 2023, lieferte der Beklagte den Schlüssel bei seinem Bruder ab. Es sei ihm unter anderem wegen Krankenhausaufenthalten nicht möglich gewesen, den Schlüssel früher zurückzugeben. Vor dem AG München forderte der Kläger die ihm durch den Schlossaustausch entstandenen Kosten zurück.
AG weist Klage vollumfänglich ab
Das AG München, prüft zunächst das Vorliegen eines Verwahrungsvertrages. Daraus könnte sich nämlich ein Schadensersatzanspruch ergeben, wenn der Beklagte Pflichten aus diesem verletzt hätte. Dazu müssten die Parteien einen wirksamen Verwahrungsvertrag geschlossen haben und es dürfte sich nicht bloß um eine reine Gefälligkeit handeln. Abgrenzungskriterium ist das Vorliegen eines sogenannten Rechtsbindungswillen. Dazu stellt das Gericht fest, dass die Abrede, wechselseitig einen Hausschlüssel für eventuelle Notfälle aufzubewahren, vorliegend von Nachbarn getroffen worden sei. Dies stelle regelmäßig eine reine Gefälligkeit ohne Rechtsbindungswillen, einen schuldrechtlichen Leistungsanspruch zu begründen, dar. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, da es sich hier darüber hinaus noch um Brüder gehandelt habe, sodass zusätzlich ein familiäres Näheverhältnis gegeben sei. Ein Anspruch aus einem Verwahrungsvertrag scheide demnach aus.
Auch ein deliktischer Anspruch aus § 823 I BGB sei hier nicht gegeben. Es fehle bereits an der haftungsausfüllenden Kausalität, also der Kausalität zwischen Rechtsgutsverletzung und Schaden. Denn gem. § 249 I BGB hat der Schadenersatzpflichtige den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Im vorliegenden Fall wurde das Eigentum durch die nicht erfolgte Herausgabe des Schlüssels durch den Beklagten beeinträchtigt. Folglich bestehe ein Schadensersatzanspruch nur “in der Höhe der Kosten für einen Ersatzschlüssel, nicht aber in der Höhe der Kosten des Ersatzes des Schlosses”.
Ein schöner Fall mitten aus dem Leben, der sich gut als Inspiration für die nächste Schuldrechtsklausur eignet.
Du möchtest weiterlesen?
Dieser Beitrag steht exklusiv Kunden von Jura Online zur Verfügung.
Paket auswählen