Verurteilung eines Angeklagten wegen Beibringung von K.O.-Tropfen

Verurteilung eines Angeklagten wegen Beibringung von K.O.-Tropfen

Beurteilung von Beibringung von K.O.-Tropfen im Rahmen des § 224 StGB

K.O.-Tropfen kommen leider immer wieder zum Einsatz. Die farb- und geruchlosen Tropfen werden von den Opfern häufig nicht bemerkt und können verheerende Folgen haben. Oft verbindet man das Verabreichen von K.O.-Tropfen mit dem Besuch von Diskotheken oder Bars. Im vorliegenden Fall verabreichte der Angeklagte einer engen Freundin bei einem Besuch einen mit K.O.-Tropfen angereicherten Tee. Er versicherte ihr, dass sie an diesem Abend “gut schlafen werde” und wartete, bis sie in einen bewusstlosen Zustand fiel. Was ist dann passiert und wie hat der Mann sich nach dem StGB strafbar gemacht? Das Landgericht Augsburg hat entschieden.

Was war geschehen?

Alles begann ganz unscheinbar, als der Angeklagte im Jahr 2020 im Internet nach einer geeigneten Hundesitterin für seinen Hund suchte. Die Geschädigte meldete sich bei dem Angeklagten, woraufhin es zu mehreren Treffen kam. In den Treffen sollte die damals 25-Jährige insbesondere den Hund des Angeklagten näher kennenlernen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden. Obwohl die Betroffene den Angeklagten klar und deutlich abwies und eine intime Beziehung mehrmals ablehnte, blieb sein Wunsch nach sexuellem Kontakt bestehen. Also entschloss sich der Angeklagte, sein Ziel des sexuellen Kontaktes selbst durchzusetzen. Er beschloss, die Geschädigte durch die Verabreichung des narkotisierenden Mittels „Oxazepam“ in einem Tee willenlos zu machen. Das Mittel hatte er zuvor in einer Apotheke erworben. Am Abend des 13. März 2022 setzte er seinen Plan dann in die Tat um. Als die junge Frau ihn am Abend in seiner Wohnung besuchte, bereitete er ihr den präparierten Tee zu. Um sicherzustellen, dass sie den Wirkstoff nicht bemerkte, verstärkte er den Teegeschmack durch die Hinzugabe von zwei Teebeuteln und versicherte ihr, dass sie gut schlafen werde.

Nachdem sie den Tee getrunken hatte, fiel sie aufgrund der hohen Dosis auf dem Sofa des Angeklagten in einen bewusstlosen Zustand. Der Angeklagte nahm die Gefahr, dass die Geschädigte nicht angemessen auf mögliche Nebenwirkungen wie Erbrechen reagieren kann, billigend in Kauf. Ein Erbrechen in einem solchen Zustand kann erhebliche Konsequenzen haben und sogar zu einem Erstickungstod führen. Wie geplant, entkleidete der Angeklagte die Geschädigte und führte ungeschützten Geschlechtsverkehr mit ihr durch.

Erst am nächsten Morgen erlangte die junge Frau wieder das Bewusstsein. Sie litt noch am nächsten Tag unter anderem an Schwindelgefühlen und starker Müdigkeit. Zudem musste sie sich mehrmals übergeben. Seit dem Vorfall leidet sie außerdem unter Angstzuständen. Trotz Erinnerungslücken hat die junge Frau den Verdacht, der Angeklagte habe sie vergewaltigt.

Die Entscheidung des Gerichts

Durch die intensive Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung und durch das rechtsmedizinische Gutachten bestätigte sich der Verdacht. Das Gericht sah den Tatbestand der besonders schweren Vergewaltigung nach § 177 VIII Nr. 1 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit gefährlicher Körperverletzung als erfüllt an. Nach § 224 I Nr. 1 StGB liegt eine gefährliche Körperverletzung vor, wenn die Körperverletzung durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen begangen wird. Dem Gericht nach handele es sich bei dem verabreichten Oxazepam um einen Stoff, der geeignet ist, durch seine thermische, chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu beeinträchtigen. Zudem sei die Körperverletzung auch mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 I Nr. 2 StGB begangen worden. Ein gefährliches Werkzeug im Sinne der Norm ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Das Betäubungsmittel in seiner Funktion als gefährliches Werkzeug sei nach der konkreten Art der Benutzung dazu geeignet gewesen, bei dem Opfer erhebliche Körperverletzungen in Form von den beschriebenen Nebenwirkungen herbeizuführen. Hier muss beachtet werden, dass nach der Rechtsprechung auch eine chemische Wirkweise von § 224 I Nr. 2 StGB erfasst wird (BGH vom 24.1.2017, 1 StR 664/16). Auf Konkurrenzebene verdrängt § 224 I Nr. 1 StGB jedoch § 224 I Nr. 2 StGB. Zudem handele es sich bei dem heimlichen Verabreichen der K.O.-Tropfen auch um einen hinterlistigen Überfall nach § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Im Ergebnis verurteilte das Gericht den Angeklagte wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit (§ 52 StGB) mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.