Sind E-Scooter genauso gefährlich wie Autos?
Ein vergnüglicher Abend in der Bar, ein paar Biere und einige Wodka-Soda. Hier kann man sich die Frage stellen, ob man in diesem Zustand einen unter Umständen langen Nachhauseweg zu Fuß antreten will oder doch lieber den witzigen E-Scooter wählt, den man einfach mit einer App entsperren und sofort losfahren kann. Immer wieder bieten E-Scooter Stoff für diverse Gerichtsverfahren oder öffentliche Diskussionen. Wir haben zu Beginn des Jahres zum Beispiel diskutiert, ob die Promillegrenze der elektrischen Roller aufgrund der Vergleichbarkeit der Höchstgeschwindigkeiten an die Promillegrenze von Fahrrädern angepasst werden sollte. Diesen Beitrag kannst Du hier nachlesen.
Der Angeklagte traf im Frühjahr 2022 die folgenschwere Entscheidung, seine Vernunft auszuschalten und mit dem E-Scooter loszufahren. Allerdings wurde er von der Polizei angehalten. War es wirklich klüger nach der aktuellen Gesetzeslage, den E-Scooter zu wählen?
Die Entscheidung vor dem Amtsgericht
Der Angeklagte wurde im schicken Frankfurter Westend mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,64 Promille von der Polizei gestoppt und sodann einem Amtsrichter vorgeführt. Das Gericht verurteilte ihn daraufhin wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen von je 20 Euro und einem halben Jahr Fahrverbot. Seinen Führerschein durfte er allerdings behalten. Das Amtsgericht argumentierte, dass das Gefährdungspotenzial, welches von einer Fahrt mit einem E-Scooter ausgehe, geringer sei, als das von einer Fahrt mit einem Auto. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat auf die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft hin eine neue Entscheidung gefällt.
OLG Frankfurt: Der Führerschein wird entzogen
Diese Revision hatte nun Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main sei in Bezug auf die Entscheidung zur Entziehung der Fahrerlaubnis und zur Festlegung einer Sperrfrist für die Neuerteilung aufzuheben. Der Führerschein sei zu entziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 S.1 StGB gegeben sind. Dies sei der Fall, „wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Es findet dann weder eine Ermessensprüfung des Tatrichters, noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung statt. Die Begehung einer Trunkenheitsfahrt, wie sie in diesem Fall vorliegt, begründe eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nur in Ausnahmen kann von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden. Diese würden hier nicht bestehen.
Durch seine “gedankenlose Trunkenheitsfahrt” habe sich der Angeklagte grundsätzlich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Dass er kein Auto, sondern einen E-Roller nutzte, sei irrelevant. Die Roller seien nach der Wertung des Verordnungsgebers Elektrokleinstfahrzeuge (§ 1 eKFV) und damit auch Fahrzeuge, die den für sie geltenden allgemeinen Vorschriften unterlägen.
Das Oberlandesgericht war nicht überzeugt von der Argumentation des Amtsgerichts, dass eine Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter andere Menschen nicht in gleichem Maße gefährde wie eine Trunkenheitsfahrt mit einem motorisierten Fahrzeug. Die Richter erklärten, dass der Sturz eines Fußgängers oder Radfahrers aufgrund einer Kollision mit einem E-Scooter “schwere und potenziell sogar tödliche Verletzungen” verursachen könne. Zudem könne ein Fahrfehler eines alkoholisierten E-Scooter-Fahrers dazu führen, dass stärker motorisierte Verkehrsteilnehmer zum Ausweichen gezwungen werden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis diene daher nicht nur dazu, zu verhindern, dass der Täter weiterhin betrunken ein Kraftfahrzeug führt, sondern allgemein dem Schutz der Verkehrssicherheit, urteilten die Richter.
Die Entscheidung des OLG ist nicht anfechtbar. Das Amtsgericht muss die Sache nun neu verhandeln.
Dieser Fall verdeutlicht erneut: Don’t drink and drive!
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