Psychiater bedroht Frau durch Zitieren eines Märchens

Psychiater bedroht Frau durch Zitieren eines Märchens

Todesdrohung aus Märchen

In diesem bemerkenswerten Fall wurde das Gericht mit einem besonders kreativen Täter konfrontiert. Ein Psychiater und eine Mitarbeiterin der kassenärztlichen Vereinigung Hessen gerieten in einen so heftigen Streit, dass er ihr kurzerhand einen Auszug aus dem Märchen der Gebrüder Grimm zusandte. Das Schreiben hatte einen so eindeutigen Wortlaut, dass sich die Frau bedroht fühlte. Ein wahrhaft märchenhafter Rechtsfall!

Bei der Auseinandersetzung ging es um Regelungen zur Nutzung eines Videodienstanbieters für Videosprechstunden. Während des ursprünglich geschäftlichen Gesprächs brachte der Arzt seine Wut auf besonders originelle Weise zum Ausdruck. Nachdem er sich über mehrere Mails über den Nachnamen der Mitarbeiterin echauffierte, sendete er ihr im Dezember 2021 eine Mail, in der es u.a. hieß:

„Die falsche Magd, kommt Ihnen da was bekannt vor? In Ihrem Trauerspiel bin ich so etwas wie der “Alte König” und helfe Ihnen gern mal auf die Sprünge: “Welches Urteils ist diese würdig?” Da sprach die falsche Braut: “Die ist nichts Besseres wert, als dass sie splitternackt ausgezogen und in ein Fass gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln geschlagen ist; und zwei weiße Pferde müssen vorgespannt werden, die sie Gasse auf Gasse ab zu Tode schleifen.” – “Das bist Du”, spart der alte König, “und hast Dein eigen Urteil gefunden, und danach soll Dir widerfahren.”“

Aufgrund der vorherigen E-Mail Kommunikation verstand die Mitarbeiterin diese Mail als Todesdrohung. Zu Recht, wie es bereits das Amtsgericht entschied.

Es hatte den Mann wegen einer Drohung mit einem Verbrechen (§ 241 StGB) verwarnt und sich eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen vorbehalten. Gegen dieses Urteil wandte sich der Psychiater mit einer Sprungrevision bis zum Oberlandesgericht. Dieses verwarf die Revision jedoch, weil das Urteil des Amtsgerichts keine Rechtsfehler aufweise. Das Urteil ist daher rechtskräftig.

Grundsätzlich ist eine Drohung das Inaussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf das der Drohende vorgibt, Einfluss nehmen zu können. Eine Bedrohung i.S.d. § 241 Abs.1 StGB verlangt eine Bedrohung mit der Begehung eines Verbrechens (§ 12 Abs. 1 StGB), bzw. das Vortäuschen eines bevorstehenden Verbrechens (§ 241 Abs. 2 StGB). Totschlag (§ 212 StGB) wird als Verbrechen eingestuft, da es eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann die Frau auf metaphorische Weise mit dem Tode bedrohte, indem er sich auf das Märchen bezog.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute!

(OLG Frankfurt am Main, 04.05.2023 - 7 ORs 10/23)

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