Die verhängnisvolle Perücke aus dem online Shop

Die verhängnisvolle Perücke aus dem online Shop

Trotz Kryptowährung Spuren hinterlassen

Vor über drei Jahren erpresste der Angeklagte die Drogeriekette dm. Über drei Jahre hat es auch gedauert, den Täter überhaupt ausfindig zu machen. Letztlich gelang dies, weil der Angeklagte eine besonders auffällige Perücke trug, welche er bei Amazon gekauft hatte. So auffällig, dass ein Zuschauer der Sendung “Aktenzeichen XY … ungelöst” sie wiedererkannte und den entscheidenden Hinweis gab. Die Ermittler kamen auf die Spur des Angeklagten und konnten ihn über die Verfolgung diverser Bitcoin Transaktionen schließlich als Täter überführen.

Was war geschehen?

Der 53-jährige Angeklagte wurde vom Karlsruher Landgericht wegen Erpressung (§ 253 StGB) und wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (§ 308 StGB) verurteilt. Der Angeklagte hatte die Taten zu Prozessbeginn gestanden und wurde nun zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt. Zusätzlich soll er eine halbe Million Euro an das Unternehmen zahlen.

Der Mann lebte zuletzt in Konstanz und der Schweiz und hatte im September 2019 von dm rund eine halbe Million Euro in Bitcoin erpresst. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, hatte er in einer Freiburger dm Filiale einen Sprengsatz gezündet. Der Detonationszeitpunkt war außerhalb der Öffnungszeiten, niemand wurde verletzt, aber es entstand ein Schaden von 20.000 Euro. Er habe für Unordnung sorgen und seine Ernsthaftigkeit unter Beweis stellen wollen.

Er betrat am Vorabend mit Brille und Perücke maskiert die Freiburger Filiale und legte eine selbstgebastelte Bombe. Die Utensilien dafür habe er in der Schweiz problemlos besorgen können. Vielleicht hätte er auch auf diesem Wege lieber eine Perücke suchen sollen, denn die bei Amazon bestellte Perücke wurde ihm zum Verhängnis. Im Januar 2020 suchte die Freiburger Polizei nämlich mithilfe der Sendung “Aktenzeichen XY … ungelöst” nach dem Verdächtigen. Die Bilder einer Überwachungskamera vor Ort zeigten den Angeklagten, der sich am Vorabend der Detonation wenige Minuten vor Ladenschluss im relevanten Bereich aufgehalten hatte. Ein Zuschauer kannte die Perücke von Amazon und brachte die Ermittler so auf die Spur des Angeklagten. Im fraglichen Zeitraum verkaufte Amazon nämlich nur 200 Stück dieser Haarersatzteile - eines an den Angeklagten.

Das Motiv des Angeklagten war, dass er nach wiederholtem Burnout nicht mehr als Pfleger arbeiten konnte und sich bis zur Rente ein Auskommen sichern wollte.

Auf die Spur gekommen

Trotz Verschleierungsmaßnahmen gelang es den Fahndern, mithilfe eines Experten für Kryptowährungen, die erpressten Bitcoins zurückzuverfolgen. Im vergangenen Sommer wurde das Wohnhaus des Angeklagten in der Schweiz durchsucht, wobei Beweismittel wie explosive Stoffe und Schusswaffen sichergestellt wurden. Der Angeklagte sitzt seit Ende Juli vergangenen Jahres in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert, während der Verteidiger auf ein mildes Urteil plädierte, ohne ein konkretes Strafmaß zu nennen. Das Gericht blieb unter der Forderung der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Angeklagten zu sieben Jahren Haft. Trotz der “hohen kriminellen Energie” sei aber strafmildernd zu berücksichtigen, dass kein Mensch verletzt worden sei, der Angeklagte die Tat vollständig einräumte und die erpresste halbe Million höchstwahrscheinlich vom Angeklagten komplett zurück gezahlt werden könne. Neben 350.000 € in Bitcoins, die bereits eingezogen wurden, können noch Fahrzeuge und eine Yacht veräußert und der Erlös an das geschädigte Unternehmen dm herausgegeben werden. “Er hat das Geld nicht verprasst”, stellte das Gericht fest.

Weder die Staatsanwaltschaft noch der Angeklagte legten Berufung ein, sodass das Urteil rechtskräftig ist. Die Zeit in Haft will der Angeklagte nutzen, um eine Elektro-Ausbildung zu machen, in seinen Pflegeberuf möchte er nicht zurück, habe ihn dieser erst zu der Tat getrieben.

(LG Karlsruhe, Urteil vom 14.04.2023, Az. 3 KLs 630 Js 46841/21)