„Candy Love“ – Angreifbarer Prozess aufgrund Beweisverwertungsverbot?

„Candy Love“ – Angreifbarer Prozess aufgrund Beweisverwertungsverbot?

Die Kunst, es nicht noch einmal zu tun

In der Netflix-Dokumentation “Shiny Flakes: The Teenage Druglord” erzählt der wohl bekannteste Drogendealer Deutschlands, wie er einen Onlineshop für Drogen und Medikamente eröffnete und daraufhin ein Drogenimperium schuf.

Auf Netflix gab sich der sogenannte „Kinderzimmer-Dealer“ zunächst geläutert. Mit Freundin und neuem Job sah es so aus, als hätte er mit seinen illegalen Geschäften abgeschlossen.

Doch bereits am Ende der Dokumentation verriet die Staatsanwaltschaft, dass erneut gegen den ehemaligen Dealer ermittelt wird. Laut den Behörden soll er aus dem Gefängnis heraus einen vergleichbaren Online-Shop mit neuem Namen aufgebaut haben. Anstelle von „Shiny Flakes“ geht es im neuen Prozess nun um „Candy Love“.

Worum geht es?

Bundesweit bekannt wurde der von der Presse genannte “Kinderzimmer-Dealer” 2018, als die Polizei ihn in der elterlichen Wohnung in Leipzig festnahm und in seinem Zimmer insgesamt eine Tonne verschiedenster Drogen beschlagnahmte. Es handelte sich um einen der größten Rauschgiftfunde in Deutschland. Der damals 20-Jährige bekam wegen seiner festgestellten Unreife eine Strafe nach Jugendstrafrecht von 7 Jahren. 2019 konnte er vorzeitig die Haftanstalt verlassen. Doch nun steht er erneut vor Gericht.

Erste Strafe ohne Erfolg

Auch bei „Candy Love“ geht es um den Tatvorwurf des bandenmäßigen Rauschgifthandels, § 30a BtMG. Der mittlerweile 27-Jährige Leipziger soll aus dem Gefängnis heraus, zusammen mit mehreren Helfern, Drogen und verschreibungspflichtige Medikamente im Internet verkauft haben. Von April 2019 bis Januar 2021 habe er so laut Anklage 16,5 Kilo Amphetamin, 2,5 Kilo Haschisch und weitere Drogen innerhalb und außerhalb von Deutschland verkauft. Das Erstaunliche daran, sowohl bei „Shiny-Flakes“ als auch bei „Candy Love“ handelte es sich um frei zugängliche Online-Shops.

Erste Geständnisse im Prozess

Am dritten Verhandlungstag gaben zwei der insgesamt fünf Angeklagten ihre Beteiligung an dem Rauschgifthandel zu. Vor dem Leipziger Landgericht räumten beide Männer ein, sie hätten bei der Portionierung und Verpackung der Betäubungsmittel geholfen. Insgesamt sollen sie mehr als 400 Briefe mit illegaler Ware verschickt haben. Bei einem der Angeklagten handelt es sich sogar um einen Rechtsanwalt.

Ermittlerfehler könnte zu einem Beweisverwertungsverbot führen

Für das Strafmaß ist entscheidend, ob das Vorliegen des Bandenmerkmals einschlägig ist. Dafür muss die Staatsanwaltschaft die Beteiligung von mindesten drei Personen nachweisen. Zudem ist offen, ob es sich um jeweils einzelne Taten handelt oder durch das stetige Auffüllen eines Drogenvorrates eine einheitliche Tat angenommen werden kann. Die Kernfrage dürfte jedoch die Zulässigkeit der Telekommunikationsüberwachung des besagten Rechtsanwaltes sein. Der Anwalt war zunächst der Rechtsbeistand einer der Angeklagten. Ermittler hörten Telefongespräche zwischen ihm und dem späteren Angeklagten ab. Sollte der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt der Ermittlungsmaßnahme noch kein Beschuldigter gewesen sein, läge ein Beweisverwertungsverbot vor.

Verräterische Aussage in Netflix Dokumentation

Der bekannte Drogen-Dealer hat bisher noch nicht selber ausgesagt. Eine Aussage seinerseits ist jedoch angekündigt. Ein verräterisches Zitat aus der Netflix-Dokumentation könnte ihn im Prozess noch einholen. In einer Sequenz sprach er davon, mittlerweile bei einem Autohandel tätig zu sein. Im Mai 2019 bekamen Ermittler einen Hinweis auf einen Autohandel in Borna. Über diesen kamen die Ermittler der mutmaßlichen Dealer-Bande auf die Spur.

In der Serie wirkte der junge Leipziger intelligent und tüchtig. Selbstsicher verglich er „Shiny-Flakes“ mit einem Online-Schuhhandel. Sollte er wieder verurteilt werden, drohen ihm bis zu acht Jahre Haft. Die Chance, seine Geschäftstüchtigkeit für einen legalen Shop einzusetzen, hätte er damit erstmal verpasst. Ob ihm erneut eine Schuld nachgewiesen werden kann, bleibt abzuwarten.

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