Familienrichter wegen Rechtsbeugung suspendiert

Familienrichter wegen Rechtsbeugung suspendiert

Familienrichter beugt Recht

Die letzten Corona Schutzmaßnahmen sind seit kurzem aufgehoben. Für einen Familienrichter aus Weimar hat die Corona Pandemie aber noch ein juristisches Nachspiel. Er ist vorläufig vom Dienst suspendiert und muss ab sofort auf 25 Prozent seiner Dienstbezüge verzichten. Er hatte 2021 am Amtsgericht die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie an Thüringer Schulen für unwirksam erklärt. Über den umstrittenen Beschluss wurde deutschlandweit diskutiert. Die Staatsanwaltschaft Erfurt durchsuchte im April 2021 und im Juni 2021 die Dienst- und Privaträume des Familienrichters. In Weimar demonstrierten Bürger gegen die Ermittlungen. So kam es zu teilweise skurrilen Szenen. Menschen legten weiße Rosen vor dem Gerichtsgebäude nieder, um dem Rechtsstaat zu gedenken und sich solidarisch mit dem Richter zu zeigen. Einige gehörten der bekannten Querdenker-Szene an.

Anklage wegen Rechtsbeugung

In dem nach § 83 Thüringer Richter- und Staatsanwältegesetz (ThürRiStAG) vom Landesjustizministerium angestrengten Verfahren, gab es jetzt erste Ermittlungserfolge. Die Staatsanwaltschaft konnte einen ausreichenden Verdacht für eine strafbare Rechtsbeugung feststellen. Der Richter muss sich jetzt selbst vor Gericht verantworten. Bis zu einer Entscheidung darf er seinen Beruf nicht ausüben.

Für Juristen besonders interessant ist, warum das LG Erfurt im Handeln des Richters eine Rechtsbeugung sieht. In dem zugrunde liegenden Fall wollte sich eine Mutter gegen eine Allgemeinverfügung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport wehren. Die Verfügung sah verschiedene Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie an Schulen vor, u.a. das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung.

Für Klagen gegen hoheitliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind die Verwaltungsgerichte zuständig.

Die Mutter strebte für ihre zwei Kinder am AG Weimar ein Kinderschutzverfahren gem. § 1666 BGB an. Ein solches kann vor den Zivilgerichten geführt werden, wenn das Wohl des Kindes gefährdet und die Eltern selbst nicht fähig sind, diese Gefahr abzuwenden.

Der Richter gab dem Verfahren statt und erklärte in einem über 150-seitigen Beschluss die Corona Schutzmaßnahmen des Ministeriums für unwirksam. Die Schüler müssten demnach keine Masken tragen oder Abstände einhalten und wären auch nicht verpflichtet, an Schnelltests teilzunehmen. In seinem Beschluss zitierte er drei Sachverständige, die die bestehenden Schutzmaßnahmen massiv kritisierten und deren Sinnhaftigkeit in Frage stellten. Seine Entscheidung begründete er schließlich mit dem Kindeswohl. Der Familienrichter legte außerdem dar, warum der Rechtsweg zu den Zivilgerichten einschlägig und er mithin zuständig sei.

Die Argumente des umfangreichen Schriftstücks entbehrten jedoch meist sowohl juristisch als auch medizinisch jeder wissenschaftlichen Grundlage. Es wirkte vielmehr so, als habe der Richter bewusst seine Zuständigkeit angenommen und in der Sache entschieden, da ihm die Corona Maßnahmen nicht passten. Aufgrund dieser Handlung könnte der Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllt sein. Rechtsbeugung nach § 339 StGB liegt vor, wenn ein Richter seine Macht nutzt bzw. missbraucht, um das Recht in seinem Sinne zu beugen, d.h. zu seinen Gunsten und nicht anhand der Rechtsordnung auszulegen.

Rechtsverfolgung und -verteidigung

Die Staatsanwaltschaft hat offenbar Beweise gefunden, die den Anfangsverdacht für eine Rechtsbeugung bestärken. Der prominente Rechtsbeistand des Familienrichters kritisierte die Ermittlungsarbeit der Behörden, insbesondere die Hausdurchsuchung und zweifelte die korrekte Beschlagnahme von Beweisen an. Er kündigte auch an, gegen die Suspendierung Beschwerde beim Oberlandesgericht einzulegen. Die juristische Aufarbeitung des Falls wird wohl die Corona Pandemie überdauern.

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