Diskriminierung im Flugzeug? Plus-Size-Influencerin muss am Boden bleiben.
Flugreisen sind nicht für jedermann vergnüglich. Mit vielen Menschen gemeinsam auf engem Raum, wenig Beinfreiheit und dem Bewusstsein, dass hinter der dünnen Flugzeugwand minus 50 Grad Außentemperatur herrschen und es ca. 11 Kilometer hinab in die Tiefe geht. Wird dann auch noch der unbehagliche Platz von einem Sitznachbarn mit größerem Körperumfang eingenommen, ist das für viele Passagiere Grund für wütende Beschwerden. Für Betroffene sind solche Momente dann oftmals mit Scham verbunden.
Worum geht es?
Für die brasilianische Plus-Size-Influencerin Juliana Nehme war ein solches Erlebnis so traumatisch, dass sie anschließend klagte. Quatar Airways verwehrte ihr, aufgrund ihres Übergewichtes, den Zutritt zum Flugzeug. Juliana empörte sich auf ihrem Instagram-Kanal gegenüber ihren Followern. Die Stewardess hätte sie als „zu fett“ für die Sitze der Economy-Klasse bezeichnet. Juliana sollte ein Ticket der ersten Klasse mit größeren Sitzen kaufen. Ein solches hätte jedoch 3.000 Euro Aufpreis bedeutet. Da sich Juliana weigerte, startete der Flieger ohne sie und weiteren Mitgliedern ihrer Familie. Die geplante Heimreise von Beirut nach Brasilien konnte sie nicht antreten. Erst einige Tage später reiste sie mithilfe der brasilianischen Botschaft weiter.
Fluggesellschaft muss Therapie bezahlen
Wieder zuhause klagte die 38-jährige in Sao Paolo gegen Quatar Airways. Die Fluggesellschaft hätte sie aufgrund ihres Gewichtes diskriminiert. Die Richterin entschied zu Gunsten von Juliana und verurteilte Qatar Airways zu einer Entschädigungszahlung von umgerechnet ca. 3.500 Euro, die eine wöchentliche Therapie für Juliana für mindestens ein Jahr finanziert.
In dem Fall von Juliana kam vor allem das Fehlverhalten der Stewardess zum Tragen. Trotzdem stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich Fluggesellschaften nach den unterschiedlichen Bedürfnissen der Passagiere richten müssen.
In Deutschland wird zwischen Passagier und Fluggesellschaft ein Luftbeförderungsvertrag abgeschlossen. Rechtlich ist dieser eine Variante des Werkvertrages. Die konkreten Beförderungsleistungen sind zumeist in den allgemeinenAllgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Fluggesellschaft geregelt.
Bei einer mangelhaften Ausführung der Beförderungsleistung kann der Passagier unter bestimmten Umständen Minderung, Rücktritt oder Schadensersatz verlangen.
Jedoch handelt es sich nicht bei jedem Mangel an Komfort und Service auch direkt um einen Sachmangel, § 633 BGB. Gerade Fluggäste mit überdurchschnittlicher Körpergröße oder eben Körperbreite müssen sich auf einen Mangel an Bequemlichkeit einstellen. Die Airline muss vor allem auf die Sicherheit der Passagiere achten. Passagiere mit größerem Körperumfang brauchen z.B. einen Verlängerungsgurt, um sich anzuschnallen. Einheitliche Regeln für den Umgang mit übergewichtigen Flugpassagieren gibt es bisher nicht. Auch die Größe und Breite der Sitze oder der Abstand der Sitzreihen ist von Fluggesellschaft zu Fluggesellschaft unterschiedlich. In den AGB können diese grundsätzlich festlegen, wie sie mit einem Passagier verfahren, der beispielsweise nicht in den Sitz passt.
Diskriminierung beim Fliegen
Die Frage ist, wann es sich bei der Verfahrensweise um eine Diskriminierung handelt. Übergewicht ist in Deutschland keine Behinderung. Dadurch haben jene Menschen keine Rechte auf Sonderbehandlung oder besondere inklusive Maßnahmen. Die Airlines sind nicht verpflichtet, die Flugzeuge für Übergewichtige auszustatten. Für die Airlines ist ein höheres Gewicht auch ein Kostenfaktor. Umso schwerer die Maschine, umso höher der Kerosinverbrauch pro Flug und folglich auch der Preis. Es gibt daher Airlines, allerdings bisher nur im Ausland, die den Ticketpreis nach Gewicht des Passagiers berechnen. Andere fordern von stark übergewichtigen Personen ein zweites Flugticket zu buchen. Oder wie im Fall von Juliana, ein teureres Ticket für die erste Klasse.
Eine Diskriminierung dürfte hierzulande nur selten vorliegen. Dafür bedarf es in Deutschland einer Benachteiligung, eines Diskriminierungsmerkmals und es darf kein sachlicher Grund für die Benachteiligung vorliegen. Ein sachlicher Grund dürfte in den meisten Fällen in der Sicherheit der Fluggäste vorliegen. Kann sich ein Passagier trotz Gurtverlängerung nicht anschnallen, kann er von der Airline verpflichtet werden einen zweiten Platz zu buchen, damit seine Sicherheit gewährleistet werden kann. Ebenso ist ein Maximalgewicht für das Fliegen gerechtfertigt, wenn andernfalls eine Evakuierung bei einem Notfall nicht mehr möglich ist. Es bleibt also für alle Beteiligten ein Balanceakt zwischen Verständnis, Konsequenz und gegenseitiger Rücksichtnahme.
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