Polizeibewerber mit "Loyalty, Honor, Respect, Family" - Tattoo in Old English

Polizeibewerber mit

Ein Tattoo ist nicht gleich ein Tattoo - oder: Was erlaubt ist und was nicht

„Ein schöner Rücken kann auch entzücken“ – oder der Karriere bei der Polizei entgegenstehen. Weil der Bewerber über seine gesamte Schulter die Worte „Loyalty, Honor, Respect, Family“ in einer auffälligen Schriftart gestochen hatte, erfolgte seine Ablehnung. Nun ersuchte er Rechtsschutz.

Worum geht es?

Die Gewerkschaft der Polizei bezeichnet die Polizei selbst als „Querschnitt unserer vielfältigen Gesellschaft“. Daran gemessen dürfte es in den Reihen der Beamtinnen und Beamten auch einige Tätowierungen geben, schließlich ist jede fünfte Person in Deutschland tätowiert. Und grundsätzlich sollten Tattoos bei der Polizei auch kein Problem mehr darstellen. Oder?

In Rheinland-Pfalz wurde nun über ein Rücken-Tattoo eines Polizeibewerbers gestritten, sogar das OVG Koblenz musste ran: „Loyalty, Honor, Respect, Family“ – der Dienstherr bezweifelte die charakterliche Eignung des tätowierten Mannes. Und das zu Recht, so das OVG.

Großes Tattoo in auffälliger Schrift

Knapp 23 Prozent der Männer in Deutschland sollen mindestens einmal tätowiert sein, ein Bewerber für den gehobenen Polizeidienst in Rheinland-Pfalz wäre dann einer davon: Im Herbst 2022 bewarb er sich bei der Polizei, doch dies vergeblich. Denn seine Einstellung wurde durch den Dienstherrn mit Verweis auf bestehende Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeidienst abgelehnt. Der Grund: Sein Rücken. Auf dem Rücken des Bewerbers waren über die gesamte Schulterbreite die Worte „Loyalty, Honor, Respect, Family“ zu lesen, gestochen in der traditionellen Schriftart „Old English“.

Gegen die Ablehnung zog der Mann vor Gericht, doch seine begehrte einstweilige Anordnung auf die vorläufige Einstellung lehnte das VG Trier ab. Das OVG musste ran.

Tattoos: Was ist erlaubt – und was nicht?

Bevor wir uns dem Ergebnis des OVG Koblenz widmen, wollen wir uns zunächst genauer anschauen, was im Polizeidienst auf der Haut erlaubt ist – und was nicht. Das OVG in Rheinland-Pfalz führte dazu aus:

Das Tragen einer Tätowierung steht der Einstellung eines Bewerbers entgegen, wenn und soweit die Tätowierung durch ihren Inhalt gegen (zukünftige) beamtenrechtliche Pflichten verstößt.

Wichtig: Ein Pflichtverstoß ergebe sich – anders als gegebenenfalls noch vor einigen Jahren – heute gerade nicht mehr generell aus dem Tragen einer Tätowierung. Der Dienstherr dürfe sich dem „Wandel dieser Anschauungen“ (also der Tätowierungen) nicht verschließen, erläuterte das OVG Koblenz unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerwG. Daher könne er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon allein deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend oder unästhetisch halte.

Aber: Eine andere Beurteilung könne sich aus dem konkreten Inhalt und der Ausgestaltung der Tätowierung durch einen Gesamteindruck ergeben, so das Gericht. Dabei müsse es sich nicht um strafbare Abbildung halten – auch grundsätzlich erlaubte Motive könnten so dazu führen, dass die Verfassungstreue bezweifelt werden könne. Und so sei es hier, entschied das Gericht.

OVG Koblenz: Ablehnung rechtmäßig

Das Gericht entschied, dass der Dienstherr zurecht an der Verfassungstreue des Bewerbers habe zweifeln dürfen. Die große Tätowierung auf dem Rücken des Bewerbers habe Anlass gegeben, die charakterliche Eignung in Frage zu stellen, so das Gericht. Insbesondere die Schriftart sei ausschlaggebend, da die Schriftart „Old English“ Ähnlichkeiten zu dem Schriftzug der verfassungsfeindlichen und seit längerem verbotenen Gruppierung „blood and honour“ aufweise. Außerdem seien die Worte „Loyalty, Honor, Respect, Family“ ebenfalls in Inhalten der rechtsextremistischen Gruppierung „Oldschool Society“ zu finden. Das Gericht schrieb in seiner Entscheidung dazu:

[…] Die Kombination von gewählter Schriftart und Inhalt der Tätowierung nähren bereits Zweifel daran, ob der Träger, der sich seine Tätowierung als plakative Meinungskundgabe zurechnen lassen muss, für die Werte, für die Polizeivollzugsbeamte stehen – insbesondere Wahrung der Freiheitsrechte […] und Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln – uneingeschränkt einsteht.

Die Ablehnung des Bewerbers sei also rechtmäßig gewesen, entschied das OVG Koblenz – und folgte damit auch nicht den Versuchen des Bewerbers, das Tattoo ganz harmlos erscheinen zu lassen. Er brachte nämlich vor, dass er die Schriftart „Old English“ nur ausgewählt habe, weil er sich privat für die Geschichte des „britischen Imperiums“ interessiere und zudem Verwandtschaft dort habe. Für das Gericht sei diese Erklärung allerdings „lebensfremd“, weshalb es bei der Ablehnung blieb.

(OVG Koblenz (2. Senat), Beschluss vom 08.12.2022 – 2 B 10974/22)