Keine Freigabe für das Album “Sonny Black” von Bushido
In Karlsruhe wurde Bushidos Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Damit ist die letzte Chance des Gangsta-Rappers, sein Album „Sonny Black“ vom Index zu bekommen, dahin. 2019 bestätigte bereits das BVerwG die Indizierung des gewaltverherrlichenden Mediums – zu Recht, so nun das BVerfG.
Worum geht es?
„Lass lieber den Anwalt schlichten; Immer wenn die Nachbarn snitchen“: Auch wenn Rapper Bushido in seinem Lied „Gehen wir rein“ rappend und von seinem Rechtsbeistand überzeugt ist, konnte auch dieser vor dem BVerfG keinen Erfolg für den Gangster-Rapper erzielen. In Karlsruhe wurde Bushidos Verfassungsbeschwerde gegen die Indizierung seines Albums nämlich nicht zur Entscheidung angenommen. Die Indizierung von „Sonny Black“ verletze ihn nicht in seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 III 1 GG, so das BVerfG.
Album „Sonny Black“ auf dem Index
Die Kunstfreiheit ist in Deutschland ein hohes Gut, sodass grundsätzlich jede und jeder erstmal Musik veröffentlichen kann. Einschränkungen kann es aber etwa dann geben, wenn die Bundeprüfstelle in Bonn genauer hinhört und ein Kunstwerk als jugendgefährdendes Medium indiziert – es landet dann aufgrund des Jugendschutzes auf dem „Index“.
So geschah es auch mit Bushidos Album „Sonny Black“, das 2014 erschien. Es besteht aus 15 Titeln, deren Texte überwiegend von Bushido stammen. Die Bundesprüfstelle beschloss aber, dass das gesamte Album nach § 18 I JuSchG zu indizieren sei. Damit verbunden ist das Verbot, das Musikalbum gegenüber Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen, zu bewerben und zu verbreiten.
Die Bundesprüfstelle kam zu dieser Entscheidung, weil das Album „Sonny Black“, das auch ein Alias von Bushido darstelle, geeignet sei, Kinder und Jugendliche „sozialethisch zu desorientieren“. Die Texte seien verrohend und würden Kriminalität, insbesondere den Drogenhandel, verherrlichen. Außerdem seien sie frauendiskriminierend und homophob.
Bushido bestritt gegen diese Entscheidung den Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten, bis das BVerwG im Jahr 2019 allerdings die Entscheidung der Bundesprüfstelle bestätigte. Nun legte der Rapper Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein und rügte einen Eingriff in seine Kunstfreiheit.
§§ 15, 18 JuSchG verfassungskonform
Insbesondere seien die entscheidenden Normen aus dem JuSchG verfassungswidrig, so Bushido, da durch ein verändertes Musiknutzungsverhalten über das Internet das aktuelle Indizierungsverfahren überhaupt nicht mehr geeignet sei, den Jugendschutz umfassend zu gewährleisten. Diesem Argument konnten die Verfassungsrichter:innen aber genauso wenig abgewinnen wie dem Vorbringen, dass das Jugendschutzgesetz als milderes Mittel zu einer (gesamten) Indizierung erlauben müsse, nur einzelne Titel des Albums zu indizieren. Das BVerfG verwies auf den legitimen Zweck des Jugendschutzes, den die Indizierung fördere. Und führte aus:
Auch an der Erforderlichkeit eines Indizierungsverfahrens, das auf den jugendgefährdenden Gesamtcharakter eines Trägermediums abstellt, bestehen verfassungsrechtlich keine Zweifel.
Entscheidungen nicht zu beanstanden
Insgesamt würden die Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des BVerwG daher nicht Bushidos Kunstfreiheit aus Art. 5 III 1 GG verletzen. Zwar sei die Indizierung des Albums ein schwerwiegender Eingriff in den Wirkbereich der Kunstfreiheit. Dieser sei aber gerechtfertigt. Sowohl die Bundesprüfstelle als auch das BVerwG hätten sich ausführlich mit einer Abwägung von Kunstfreiheit und Jugendschutz befasst – im Lichte des „Gangsta-Raps“. Was genau unter „Gangsta-Rap“ und seinen typischen Eigenschaften zu verstehen sei, hat das BVerfG in seiner Entscheidung nun zunächst klar definiert:
[…] musikalisch unterlegte und geführte Auseinandersetzung in harter Sprache als selbstermächtigende Reaktion auf Marginalisierung, die unter anderem auf […] Stilmittel wie Übertreibung, Gewaltphantasien, Abwertung anderer Personen […], Provokation und sogenanntes „Posing“ als betonte Selbstermächtigung setzt […].
Diese Eigenart des Genres sei in den Entscheidungen hinreichend berücksichtigt worden, so das BVerfG. Maßgeblich für die Abwägung, dem Jugendschutz gegenüber der Kunstfreiheit den Vorrang einzuräumen, sei die verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Erwägung, dass sich Bushido in seinem Album von den frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Textpassagen nicht distanziert habe. Dies hätte etwa in satirischer Art, durch Verfremdung oder aber auch ausdrücklich passieren können – geschah jedoch nicht. Es sei daher gerade nicht ohne weiteres erkennbar, dass die Texte keinen Realitätsbezug aufweisen würden, im Gegenteil: Durch eine Bezugnahme auf autobiografische Details und den Alias seiner selbst stärke Bushido vielmehr eine Identifikation mit dem berappten Charakter und dessen Verhalten.
Wissenschaftliche Erkenntnisse stützen Entscheidung
Die Abwägungsentscheidung ändere sich auch deshalb nicht, weil Bushido ein Privatgutachten in Auftrag gegeben habe, welches im Ergebnis zeige, dass durch eine werkgerechte Interpretation keine Herabwürdigung von Frauen und Homosexuellen verbunden sei. Das Privatgutachten schlussfolgere auch, dass eine Indizierung von „Sonny Black“ eigentlich dazu führen müsste, dass der gesamte „Gangsta-Rap“ verboten gehöre.
Das BVerfG schloss sich dieser Argumentation nämlich nicht an. Bushido sei sich darüber bewusst, welche Wirkung seine Texte hätten, er habe sein künstlerisches Wirken auch darauf angelegt. Vielmehr würden sich die Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des BVerwG auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, die belegen würden, dass Kinder und Jugendliche den Wortlaut der Texte ernst nehmen und adaptieren könnten. Dies könnte zu Nachahmungen und einem Verhalten führen, welches „Sonny Black“ als Vorbild habe.
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