Altkanzler Schröder klagt gegen den Bundestag wegen gestrichener Privilegien

Altkanzler Schröder klagt gegen den Bundestag wegen gestrichener Privilegien

Verlust von Sonderrechten: Was steht ehemaligen Kanzlern zu?

Weil ihm die Büroräume und das Personal gestrichen wurden, hat Altkanzler Schröder Klage vor dem VG Berlin erhoben. Jüngst hatte der Haushaltsausschuss eine Neuregelung dafür getroffen. Zweifelhaft sei aber Schröders Klagebefugnis.

Worum geht es?

Wegen seiner Haltung zu dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und generell wegen seiner Verflechtungen in die russische Energieindustrie steht Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) in der Kritik. Dies brachte verschiedene Konsequenzen mit sich: So wurden ihm mehrere Ehrenmitgliedschaften entzogen, auf dem Internetauftritt der SPD ist er nicht mit in der Liste der großen Sozialdemokraten zu finden.

Die größte Aufmerksamkeit bekam aber eine Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestags zu der Zeit: Schröder wurden die Sonderrechte für seine Büroräume gestrichen, die einem Altkanzler bzw. der Altkanzlerin eigentlich auf Lebenszeit zustehen. Dagegen zieht der Hannoveraner nun nach Berlin vor das Verwaltungsgericht und klagt. Doch Zweifel bestehen schon an seiner Klagebefugnis.

Privilegien von Altkanzlern

Wer es einmal in die ersten Reihen der Politik geschafft hat, profitiert davon auch noch nach Beendigung des Amtes. Für die Mitglieder im Bundestag etwa regelt das Abgeordnetengesetz weitere Versorgungsansprüche, die – je nach Dauer der Mitgliedschaft – bis zu 65 Prozent der Abgeordnetenentschädigung hoch sein können. Ähnlich ist es bei der Bundesregierung – hier greift das Bundesministergesetz (BminG): Das Ruhegehalt kann je nach Amtsdauer eine Pension von bis zu rund 12.000 Euro für ein ehemaliges Regierungsmitglied ergeben.

Für alle Altkanzler, die Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) und auch für die ehemaligen Bundespräsidenten gibt es aber noch mehr: Büroräume inklusive Personal. Die Altkanzlerin etwa bekommt seit einigen Monaten ihr neues „Altkanzlerinnen-Büro“ gestellt, wozu neun Mitarbeiter:innen mit Gehältern bis zu 10.000 Euro gehören. Es verwundert daher nicht, dass dieses Privileg hohe Kosten für den Staat mit sich bringt. Für die Büroräume des Altkanzler Schröders waren allein im Jahr 2021 mehr als 400.000 Euro angefallen.

Eine gesetzliche Grundlage für die Büroräume, wie es etwa für Schröders Ruhegehalt in Höhe von 8.300 Euro das BminG ist, gibt es jedoch nicht. Vielmehr entscheidet der Haushaltsausschuss des Bundestages, welche Mittel für die ehemaligen Regierungschefs zur Verfügung gestellt werden. Und diese galten bislang auf Lebenszeit. Erst vor wenigen Monaten hatte die Ampelkoalition Neuregelungen getroffen und die Sonderrechte davon abhängig gemacht, ob die früheren Politiker:innen überhaupt noch Aufgaben im Zusammenhang mit ihrem ehemaligen Amt wahrnehmen.

Haushaltsausschuss streicht teilweise Sonderrechte

Ob dies bei Schröder noch der Fall sei, verneinte der Ausschuss im Mai – und strich ihm damit das Geld für Büro und Personal. Sein Ruhegehalt und der Personenschutz sind davon nicht berührt. Allerdings sei die Entscheidung des Ausschusses nicht aufgrund Schröders Haltung zum russischen Angriffskrieg oder seiner Verflechtung in die Energiefirmen getroffen, heißt es in dem Beschluss. Man könne vielmehr keine „fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt“ bei Schröder erkennen. Tatsächlich ist die Regelung pauschal getroffen und könnte daher auch für die anderen ehemaligen und künftige Regierungschefs gelten. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses erfolgte kurz nachdem das Europäische Parlament im Mai mit großer Mehrheit Sanktionen gegen Schröder forderte.

Klagebefugnis zweifelhaft

Nachdem im Bundestag beschlossen wurde, dass Altkanzlern wie Schröder teilweise die Sonderrechte entzogen werden, erhob er nun Klage vor dem VG Berlin. Vertreten wird er dabei von einer Anwaltskanzlei aus Hannover, die sich bereits öffentlichkeitswirksam äußerte. Es werde „behauptet, Herr Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder nehme die sog. ‚nachwirkenden Dienstpflichten‘ nicht mehr war“, heißt es. Und weiter: Allerdings werde „nicht festgelegt, was ‚nachwirkende Dienstpflichten‘ überhaupt sind, wie ihre Wahr- bzw. Nichtwahrnehmung zu ermitteln ist und welches Prozedere es im Übrigen dabei einzuhalten gilt.“

Tatsächlich wird schon länger von verschiedenen Seiten kritisiert, dass es an klaren Regulierungen fehle. Ob Schröders Klage vor dem VG Berlin daher Erfolg haben wird, wird dennoch bezweifelt: Prof. Dr. Klaus Herrmann etwa bezweifelt in einem Gastbeitrag auf LTO bereits seine Klagebefugnis.

§ 42 II VwGO:

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur
zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder
seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein
.

Herrmann führt in seinem Gastbeitrag aus, dass eine Rechtsverletzung fernliegend sei. Beamte und sonstige Beschäftigte im öffentlichen Dienst hätten keinen Anspruch darauf, dass für ihre Tätigkeit zusätzliche oder andere Stellen durch den Haushaltsausschuss geschaffen werden müssen. Anderenfalls könne jeder Beamte sich auf seine subjektiven Rechte berufen und gegen die Haushaltsplanung des Bundestags klagen.

Dennoch: Die Entscheidung des VG Berlin dürfte spannend werden.

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