Die Höhe eines Tagessatzes richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters
Sein Versuch, sich gegen den Strafbefehl wegen einer Trunkenheitsfahrt zu wehren, ging nach hinten los: Die Geldstrafe für seine Fahrt mit dem E-Roller erhöhte sich von 1.500 Euro auf über 80.000 Euro. Bis zur Hauptverhandlung ging die Staatsanwaltschaft scheinbar von einer anderen Vermögenslage aus.
Worum geht es?
Wer die Vorteile von E-Scootern nutzen möchte, muss sich beim Fahren auch an die Regeln halten. Dazu gehört nicht nur die StVO, sondern auch das StGB – und das kann teuer werden. Trotz ihrer Ähnlichkeit zum Fahrrad gelten die E-Roller rechtlich gesehen im Straßenverkehr als Kraftfahrzeuge. Wer also betrunken mit ihnen unterwegs ist, macht sich wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar.
So erging es auch einem 33-Jährigen auf St. Pauli, er soll mit 1,3 Promille mit einem E-Roller durch das Hamburger Szeneviertel gefahren sein. Die Konsequenz: Ein Strafbefehl, der neben einem zehnmonatigen Führerscheinentzug auch eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro vorsah. Dagegen wollte der Mann vorgehen und legte Einspruch ein. Doch dies sollte ihm teuer zu stehen kommen: Seine Geldstrafe wurde auf 80.100 Euro erhöht. Wie kann das sein?
Strafbefehl: Entscheidung nach Aktenlage
Wenn es sich um ‚leichte‘ Kriminalität handelt, greift die Staatsanwaltschaft oftmals auf ein ressourcensparendes Instrument der Strafprozessordnung zurück: Das Strafbefehlsverfahren (§§ 407 ff StPO). Sie kann einen Strafbefehl bei Gericht beantragen, wodurch auf eine Hauptverhandlung verzichtet wird. Es wird dann nur nach der Aktenlage entschieden.
So war es auch am Anfang dieses Falles, was – im Nachhinein betrachtet – dem 33-Jährigen zugutekam. Denn anscheinend war der Staatsanwaltschaft die wirkliche Vermögenslage des Mannes nicht bekannt und entschied sich daher für eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro. In der anschließenden Hauptverhandlung sollte sich dies jedoch ändern.
Geldstrafe richtet sich nach persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
Denn wenn eine Geldstrafe (§ 40 StGB) verhängt wird, gibt es dafür keinen Katalog oder keine Tabelle. Vielmehr richtet sich die Höhe eines Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Nach der reinen Aktenlage musste die Staatsanwaltschaft schätzen und setzte eine wohl eher durchschnittliche Geldstrafe von 30 Tagessätzen je 50 Euro an, also insgesamt 1.500 Euro.
Bei dem Angeklagten handelte es sich aber nicht um irgendeinen 33-Jährigen, dem eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr vorgeworfen wurde. Vielmehr handelt es sich bei ihm um den Geschäftsführer der Modemarke „About You“. Erst durch den von ihm selbst eingelegten Einspruch konnte das AG Hamburg, vor dem die Hauptverhandlung stattfand, die tatsächlichen Vermögensverhältnisse feststellen.
Daher erhöhten sich die bislang geschätzten Tagessätze um das fünfzigfache, auf insgesamt 80.100 Euro. Zudem bleiben die drei Punkte in Flensburg und der zehnmonatige Führerscheinentzug bestehen.
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