LG Koblenz zur Tierhalterhaftung

LG Koblenz zur Tierhalterhaftung

Haftet die Pferdehalterin für einen Unfall in der Schwangerschaftsvertretung?

Nach dem Studium der Tiermedizin ist das Jurastudium wohl der Bildungsweg, der sich immer wieder mit Pferden beschäftigt. In einer aktuellen Entscheidung des LG Koblenz ging es um den Sturz einer Reiterin, die als Schwangerschaftsvertretung eine Stute ausritt. Greift hier § 833 BGB?

Worum geht es?

Während einer Schwangerschaftsvertretung kam es zu einem Sturz. Die Szene spielte sich jedoch nicht im Büro ab, sondern auf dem Rücken eines Pferdes: Aufgrund ihrer Schwangerschaft brauchte eine Pferdehalterin Unterstützung und bat eine andere Reiterin, ihr Pferd gelegentlich zu reiten. Greift hier die Tierhalterhaftung aus § 833 BGB?

Versicherung klagt auf Behandlungskosten

Vor dem LG Koblenz stritten die Krankenversicherung der Verletzten als Klägerin und die Halterin des Pferdes als Beklagte. Die Klägerin trug vor, die Geschädigte sei im Winter 2017 von der Beklagten gebeten worden, die dreijährige Stute gelegentlich zu reiten. Sie selbst sei dazu aufgrund einer Schwangerschaft nämlich nicht in der Lage. Anfang Dezember 2017 habe die andere Reiterin dann einen Ausritt mit dem Pferd unternommen, bei dem die Stute jedoch plötzlich gebuckelt habe. Dadurch sei die Frau vom Pferd gestürzt und habe sich den Arm gebrochen.

Die Krankenversicherung klagte nun auf Ersatz der Behandlungskosten in Höhe von rund 5.000 Euro und nahm die Halterin des Pferdes in Anspruch. Diese beharrte jedoch darauf, dass sie das Pferd nicht der Geschädigten, sondern nur deren Tochter anvertraut habe. Die andere Reiterin habe sich also eigenverantwortlich durch den Ausritt gefährdet und den Reitunfall selbst verschuldet. Wie ist die Rechtslage?

LG Koblenz: Halterin muss für Kosten aufkommen

Für die Richterin am Koblenzer Landgericht war die Rechtslage klar und verurteilte die Beklagte dazu, der Versicherung die entstandenen Kosten zu erstatten. Nach einer Mitteilung des Gerichts sei die Richterin davon überzeugt, dass der Beklagten durchaus bekannt war, dass auch die Geschädigte (also die Mutter) sich um das Tier kümmern würde. Dies habe sich aus der Vernehmung der Reiterin und der Tochter ergeben.

Als Halterin des Tieres hafte die Beklagte deshalb nach § 833 BGB für Schäden, die ihr Pferd verursacht habe. Bei der Norm handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung – bei der sich jedoch eine spezifische Tiergefahr realisieren muss. Dies sei hier der Fall gewesen: Die Richterin sah es als erwiesen an, dass die Stute plötzlich gebuckelt habe und so die Reiterin zu Boden fiel. Bezüglich der verwirklichten Tiergefahr heißt es seitens des Gerichts:

Denn auch in diesem Fall habe sich eine typische Tiergefahr verwirklicht. Ein Pferdehalter sei für die Folgen eines Reitunfalls nämlich immer dann verantwortlich, wenn sich das Tier „selbstgesteuert“ verhalte und es dadurch zu einem Unfall komme.

Auch kein Gefälligkeitsverhältnis

Schließlich handele es sich bei der Schwangerschaftsvertretung auch nicht um eine Gefälligkeit, so das Gericht. Die Beklagte könne sich daher nicht darauf berufen. Ein Verzicht der gestürzten Reiterin auf etwaige Schadensersatzansprüche sei nicht anzunehmen, heißt es. Dies begründete die Richterin damit, dass man hier nicht unterstellen könne, dass sie der Beklagten einen solchen Gefallen habe tun wollen, der – im Schadensfall - letztlich nur der Versicherung der Beklagten zugute komme.

Das Urteil vom 25.05.2022 ist noch nicht rechtskräftig.

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