BGH zur Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen bei der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion in einem Fußballstadion

BGH zur Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen bei der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion in einem Fußballstadion

Wie ist das Tatbestandsmerkmal “eine große Zahl von Menschen” auszulegen?

Brandstiftungsdelikte eignen sich hervorragend für eine Prüfungskonstellation, nicht zuletzt auch wegen der Möglichkeit, bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen bekannte Auslegungsmethoden zu wiederholen und anzuwenden. Der 3. Strafsenat wendet eine solche bei der Konkretisierung des Begriffs „einer großen Zahl von Menschen“ im Rahmen von § 308 Abs. 1 StGB an, und zwar die „tatbestandsspezifische Auslegung“.

A. Sachverhalt (Beschluss vom 08.12.2021 – 3 StR 264/21)

Der X zündet während eines laufenden Bundesligaspiels einen in Deutschland nicht zugelassenen Böller im Innenraum des vollbesetzten Fußballstadions. Durch die Detonation erleiden 21 in der Nähe befindliche Personen Verletzungen wie etwa Knalltraumata, Kopfschmerzen oder Hörminderungen.

Wie hat sich X strafbar gemacht?

B. Entscheidung

I. Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, § 308 StGB

X könnte sich gemäß § 308 Abs. 1 und 2 StGB wegen Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion strafbar gemacht haben, indem er den Böller gezündet hat und dadurch mehrere Personen verletzt wurden.

1. Objektiver Tatbestand
a) Grunddelikt, § 308 Abs. 1 StGB

Dazu müsste X anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet haben. Eine Explosion ist dann gegeben, wenn es zu einer plötzlichen Volumenvergrößerung und dadurch zu Druckwellen mit außergewöhnlicher Beschleunigung kommt (BGH, NStZ 2022, 102, 104, Rn. 39). Geeignete Tatmittel sind sämtliche Explosivstoffe, also alle Stoffe, die durch Entzündung aber auch Überdruck zur Explosion gebracht werden können. X hat hier einen (illegalen) Böller gezündet und damit mittels Entzündung eine Explosion im vorgenannten Sinne herbeigeführt. Ferner hat X dadurch eine – konkrete – Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen geschaffen; durch die Detonation erleiden dort mehrere Personen Verletzungen (Knalltraumata, Kopfschmerzen etc.).

Hinweis: Den Tatbestand des § 308 Abs. 1 StGB verwirklicht etwa auch derjenige, der ein Gas-Benzin-Luft-Gemisch, das aus geöffneten Propangasflaschen und verschüttetem Benzin entsteht, entzündet, wodurch es zu einer Explosion und einem Brand in Haus kommt (BGH, B. v. 16.09.2020 – 2 StR 159/20). Gleiches gilt bei der Sprengung eines Geldautomaten mit eingeleitetem Gas.

b) Erfolgsqualifikation, § 308 Abs. 2 StGB

Fraglich ist, ob X auch die Voraussetzungen der Erfolgsqualifikation nach § 308 Abs. 2 StGB erfüllt hat, also durch die Tat „eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen“ verursacht hat. In Betracht kommt Letztes. Insgesamt 21 Personen sind durch die Explosion (spezifischer Gefahrenzusammenhang) an ihrer Gesundheit geschädigt worden (s.o.). Es müsste sich aber auch um eine „große Zahl von Menschen“ handeln:

„1.b) Die Frage, welche Mindestanzahl die Annahme einer großen Zahl von Menschen im Sinne von § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB erfordert, ist bislang - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschieden. Während im Schrifttum überwiegend in Anlehnung an die Auslegung des insoweit gleichlautenden § 306b Abs. 1 Alt. 2 StGB mit im Einzelnen unterschiedlichen Begründungen Zahlen zwischen „mehr als drei“ (…; für eine Mindestanzahl von zwanzig Personen: …) und fünfzig Personen (…) genannt werden, hat der Bundesgerichtshof - ebenfalls für das gleichlautend in § 306b Abs. 1 Alt. 2 StGB enthaltene Merkmal - eine Anzahl von vierzehn Personen als ausreichend angesehen (…; hinsichtlich einer Anzahl von acht verletzten Personen allerdings im Ergebnis abweichend: BGH, …).

c) Jedenfalls die vorliegend eingetretene Verletzung von 21 Personen erfüllt das gesetzliche Merkmal der Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen im Sinne des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB. Der Auffassung, dass eine größere Personenanzahl erforderlich sei, ist nicht zu folgen, weil hierdurch der Anwendungsbereich des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB unangemessen eingeengt würde.
Dies ergibt sich aus einer tatbestandsspezifischen Auslegung, wie sie der Bundesgerichtshof bereits zu § 306b Abs. 1 Alt. 2 StGB vorgenommen hat. Dort ist mit Blick auf die Systematik des maßgebenden Normgefüges von Bedeutung, dass die Qualifikationsnorm sich auf sämtliche Tatobjekte im Sinne der § 306 Abs. 1 und § 306a Abs. 1 StGB erstreckt, weswegen die erforderliche Tathandlung der Inbrandsetzung beliebige Objekte erfasst. Hierdurch fallen auch solche Objekte in den Anwendungsbereich der Vorschrift, bei denen schon ihrer Art nach eine Gefährdung unübersehbar großer Menschengruppen eher fernliegt. Daneben muss der Strafwürdigkeitsgehalt des Qualifikationstatbestands des § 306b Abs. 1 Alt. 2 StGB lediglich demjenigen des § 306b Abs. 1 Alt. 1 StGB, also der schweren Gesundheitsbeschädigung eines Menschen, entsprechen. Schließlich ist der Strafrahmen des § 306b Abs. 1 StGB gegenüber demjenigen des § 306a Abs. 1 StGB lediglich im Mindestmaß geringfügig von einem auf zwei Jahre erhöht, wohingegen das Höchstmaß gleichbleibt (…).

Diese Gesichtspunkte gelten in entsprechender Weise für die insoweit wortlautgleiche Vorschrift des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB: Auch die Strafvorschrift des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion nach § 308 StGB stellt in ihrem Abs. 2 im Vergleich zu Abs. 1 keine erhöhten Anforderungen an die Sprengstoffexplosion als solche, etwa mit Blick auf deren Umfang oder die Qualität des Tatorts. Hieraus folgt, dass auch solche Sprengstoffexplosionen tatbestandlich erfasst sein können, bei denen schon ihrer Art nach mit der Gefährdung unübersehbar großer Menschengruppen kaum zu rechnen ist. Weiter entspricht der Strafwürdigkeitsgehalt des Qualifikationstatbestands § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB demjenigen des § 308 Abs. 2 Alt. 1 StGB, der seinerseits wiederum mit § 306b Abs. 1 Alt. 1 StGB wörtlich übereinstimmend auf die schwere Gesundheitsschädigung eines Menschen abstellt; § 306b Abs. 1 StGB und § 308 Abs. 2 StGB weisen demnach ein insoweit identisches Normgefüge auf. Ebenso ist die Abstufung der Strafrahmen innerhalb beider Delikte bzw. Deliktsgruppen identisch.

Für die Übertragbarkeit der vorstehend dargelegten Auslegungskriterien auf die Strafvorschrift des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB spricht weiter, dass es sich bei der Vorschrift ausweislich der gesetzlichen Überschrift des 28. Abschnitts gleichfalls um ein gemeingefährliches Delikt handelt, welches durch den Gesetzgeber mit einer Erfolgsqualifikation versehen worden ist. Schließlich führt es nicht zu einem anderen Ergebnis, dass das Grunddelikt § 308 Abs. 1 StGB anders als § 306 Abs. 1, § 306a Abs. 1 StGB als konkretes Gefährdungsdelikt ausgestaltet ist; denn die Herbeiführung des Gefahrerfolges ist zwar kein gesetzliches Merkmal des abstrakten Gefährdungsdelikts, wohl aber typische Folge der unter Strafe gestellten gemeingefährlichen Tathandlung und deshalb gesetzgeberisches Motiv der Vertatbestandlichung (…).“

X hat auch die Voraussetzung einer Gesundheitsschädigung „einer großen Zahl von Menschen“ erfüllt.

2. Subjektiver Tatbestand

X hat hinsichtlich der Verwirklichung des Grundtatbestandes mit (bedingtem) Vorsatz gehandelt. Er hat nicht nur vorsätzlich die Explosion herbeigeführt; er hat zum Zeitpunkt der Tathandlung auch erkannt und billigend in Kauf genommen, dass die Explosion nicht vollständig beherrschbar ist und dass die Anwesenheit anderer Personen zum Zeitpunkt der Explosion in deren Wirkungsbereich nahe liegt. Wer im Innenraum eines vollbesetzten Fußballstadions einen Böller zündet, der muss und kann damit rechnen, dass durch die herbeigeführte Explosion sehr dicht umstehende Personen verletzt werden.

Im Hinblick auf die Erfolgsqualifikation müsste X bezüglich der schweren Folge seiner Tat mindestens fahrlässig im Sinne von § 18 StPO gehandelt haben (vgl. § 308 Abs. 5 StGB), wobei objektive Fahrlässigkeit noch nicht genügt, sondern die Fahrlässigkeit die aus dem Grunddelikt resultierende, für dieses spezifische Gefahr umfassen muss. Die insoweit maßgebliche Sorgfaltswidrigkeit des X liegt vorliegend in der Verwirklichung des Grunddelikts. Und mit den Verletzungen der umstehenden Personen (Knalltraumata, Kopfschmerzen und Hörminderungen) hat sich jeweils eine konkrete Individualgefahr durch die spezifische Gefährlichkeit der Explosion, also den schädigungsgeeigneten Zustand, realisiert.

3. Zwischenergebnis

Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich.
X hat sich wegen Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 und 2 StGB) strafbar gemacht.

Hinweis: Der Straftatbestand des § 308 StGB enthält noch eine weitere Erfolgsqualifikation in Absatz 3 („Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen“), eine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination in Absatz 6 sowie einen minder schweren Fall nach Absatz 4. Der Verwirklichung des § 308 Abs. 2 StGB – wie hier – folgt eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren (bis zu 15 Jahren, § 38 Abs. 2 StGB). Taten nach Absatz 2 als auch nach Absatz 3 sind Verbrechen (§ 12 Abs. 3 StGB gilt nicht), so dass auch die Strafbarkeit des Versuchs gegeben ist (vergleiche dazu auch BGH zum Versuch eines erfolgsqualifizierten Delikts ).

II. Gefährliche Körperverletzung, §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB

X könnte sich auch wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB strafbar gemacht haben, indem er den Böller gezündet und damit andere Personen verletzt hat.

Dazu müsste X eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt haben. Eine „körperliche Misshandlung“ ist jede üble und unangemessene Einwirkung auf den Körper des Verletzten, die dessen körperliches Wohlbefinden mehr als bloß unerheblich beeinträchtigt, wobei sich die Beurteilung der Erheblichkeit dabei nach der Sicht eines objektiven Betrachters – nicht nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen – bestimmt und sich insbesondere nach der Dauer und der Intensität der störenden Beeinträchtigung richtet (vgl. BGH, NJW 2009, 1360, 1363, Tz. 36). Als „Gesundheitsbeschädigung“ ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden Zustandes anzusehen, wobei es insoweit nicht darauf ankommt, auf welche Art und Weise die Beeinträchtigung erfolgt ist (s. BGH, NStZ 2015, 269).

Das Hervorrufen von Knalltraumata, Kopfschmerzen und Hörminderungen ist beim Verletzten jeweils mit Schmerzen verbunden und beeinträchtigt das körperliche Wohlbefinden objektiv erheblich. Ferner wird dadurch auch ein pathologischer Zustand geschaffen, also jeweils die Gesundheit geschädigt.

Fraglich ist, ob X die Körperverletzung auch mittels eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB begangen hat. Ein „anderes gefährliches Werkzeug“ ist jeder bewegliche Gegenstand, der, als Mittel zur Herbeiführung einer Körperverletzung eingesetzt, nach seiner Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen, wobei es nicht auch auf die Art und rechtsgutsbezogene Zielrichtung seines Einsatzes ankommt. Eine gefährliche Körperverletzung begeht also, wer seinem Opfer durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eine Körperverletzung beibringt. Der von X gezündete – illegale – Böller, der aus einem genehmigungspflichtigen Sprengstoffgemisch hergestellt worden war, hatte eine im Nahumfeld unkontrollierbare Sprengwirkung mit entsprechender Druckwelle und war daher geeignet, bei nahestehenden Personen erhebliche Verletzungen ihres Körpers herbeizuführen.

X hat den objektiven Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllt. Er hat ferner auch mit dem erforderlichen – bedingten – Vorsatz in Bezug auf den Grundtatbestand sowie die Qualifikation gehandelt; er hat billigend in Kauf genommen, dass durch den Einsatz des – erkennbar – gefährlichen Böllers eine Vielzahl von Menschen in dem dichtgedrängt besetzten Fußballstadion zu Schaden kommen.

Rechtfertigungs- und/oder Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich.

X hat sich auch wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht, und zwar – wegen der Verletzung mehrerer Personen – in 21 Fällen gleichartiger Tateinheit im Sinne von § 52 StGB. Diese ist abzugrenzen von der natürlichen Handlungseinheit: „(…) höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen, insbesondere das Leben von Menschen, [sind] einer additiven Betrachtungsweise, wie sie der (…) natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich (…). Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu vernichten, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen (…). Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene.“ (vgl. dazu BGH, NStZ-RR 1998, 233).

III. Ergebnis

X hat sich wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in 21 rechtlich zusammentreffenden (in Tateinheit stehenden) Fällen strafbar gemacht.

Hinweis: Das Landgericht, dessen Urteil der X mit seiner Revision angegriffen hat, hatte für diese Straftaten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Einen minderschweren Fall hatte es abgelehnt und es strafschärfend berücksichtigt, dass es sich um eine geplante Tat gehandelt habe, der X „auf einen günstigen Moment gewartet [hat], um den Knallkörper zu zünden und die Tat zu begehen“ und er sich auch wegen gefährlicher Körperverletzung in 21 Fällen (mit dauerhaften Folgen) schuldig gemacht hat.

C. Prüfungsrelevanz

Brandstiftungsdelikte eignen sich hervorragend für eine Prüfungskonstellation, nicht zuletzt auch wegen der Möglichkeit, bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen bekannte Auslegungsmethoden zu wiederholen und anzuwenden. Der 3. Strafsenat wendet eine solche bei der Konkretisierung des Begriffs „einer großen Zahl von Menschen“ im Rahmen von § 308 Abs. 1 StGB an, und zwar die „tatbestandsspezifische Auslegung“. Diese Methode ist nicht neu und etwa schon im Zusammenhang mit § 306b Abs. 1 StGB herangezogen worden, wo es ebenfalls um die Voraussetzung „einer großen Zahl von Menschen“ ging (vgl. BGH, NStZ 1999, 84, 85). In Fällen, in denen es um die konkretisierende Festlegung von bestimmten Mengen (hier: Anzahl von Menschen) oder Kenngrößen geht, ist eine solche Auslegung geboten, also etwa auch bei der Bestimmung eines Vermögensverlustes „großen Ausmaßes“ im Rahmen von § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB (besonders schwerer Fall des Betruges) oder von § 335 Abs. 2 Nr. 1 StGB (besonders schwerer Fall der Bestechlichkeit). Diese Methode stellt auf die „Systematik des maßgebenden Normgefüges“ ab, insbesondere das Zusammenwirken von Grundtatbestand, Qualifikation und Regelbeispiel im Hinblick auf erfasste Tatobjekte sowie Strafandrohungen. So nimmt etwa die besonders schwere Brandstiftung nach § 306b Abs. 1 StGB – die ebenfalls eine Gesundheitsschädigung „einer großen Zahl von Menschen“ voraussetzt – ohne Weiteres Bezug auf § 306 Abs. 1 StGB, wovon die Inbrandsetzung auch von solchen Objekten erfasst wird, bei denen eine Gefährdung von vergleichsweise wenigen Menschen möglich ist (wie etwa eine „Hütte“ oder ein „Kraftfahrzeug“). Das spricht aus der Sicht des BGH dafür, dass sich das Merkmal „große Zahl von Menschen“ daran zu orientieren hat.

Das Tatbestandsmerkmal „einer großen Zahl von Menschen“ in § 308 Abs. 2 StGB ist also nicht objektiv und losgelöst von der konkreten Strafnorm zu prüfen. Ähnliches gilt auch bei der Geldwäsche nach § 261 StGB für das „Sich-Verschaffen“; dazu führt der BGH aus, dass „der unterschiedliche Bedeutungsinhalt dieses Tatbestandsmerkmals in anderen Straftatbeständen zeigt, dass [es] tatbestandsspezifisch – anhand des jeweiligen Normzwecks – auszulegen ist. Ähnlich dazu ist auch die „betrugsspezifische Auslegung“ bei § 263a StGB (dazu BGH, NStZ 2016, 149).

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