Schadensersatz für „mangelhaften“ Hund?

Schadensersatz für „mangelhaften“ Hund?

Gibt es eine „Normalbeschaffenheit” bei Haustieren?

Die Freude am neuen Mitbewohner mit vier Beinen hielt nicht lange: Nach kurzer Zeit gab die Klägerin den Welpen, den sie aus einer rumänischen Auffangstation zu sich nahm, wieder ab. Von dem Tierschutzverein verlangte sie nun Schadensersatz. Mit Erfolg?

Worum geht es?

In Deutschland gibt es rund 10 Millionen Hunde in den Haushalten. Auch die Klägerin in diesem Fall, der vor dem AG München nun entschieden wurde, wollte sich einen Vierbeiner zulegen. Mithilfe eines Tierschutzvereins, der als Vermittler auftrat, erwarb sie einen rumänischen Straßenhund aus einer Auffangstation. Kurze Zeit später gab sie den Welpen aufgrund seines Verhaltens wieder ab und fordert Schadensersatz von dem Tierschutzverein. War der Mischlingswelpe „mangelhaft“?

Tierschutzverein als Vermittler

Anfang 2021 wendete sich die Klägerin an den Verein und wollte einen vier Monate alten Welpen aus einer rumänischen Auffangstation bei sich aufnehmen. Wie in solchen Verfahren üblich, musste die Klägerin dafür zunächst eine Selbstauskunft ausstellen. In dieser wurde seitens des Tierschutzvereins auf mögliche Probleme bei der Aufnahme eines Hundes aus einer Auffangstation aufmerksam gemacht: Reisestress, eine Futterumstellung, andere Klimaverhältnisse aber auch nicht erkennbare Krankheiten könnten am Anfang zu besonderen Umständen führen. Es wurde daher um Geduld und Verständnis in der Eingewöhnungsphase des Tieres gebeten. Nachdem eine ehrenamtliche Mitarbeiterin des Vereins das Wohnumfeld der Klägerin überprüft hatte, wurde ihr schließlich der vier Monate junge Hund übergeben.

Doch schnell soll es zu Problemen gekommen sein: Die Klägerin bezeichnete den Welpen als verhaltensauffällig, er sei ständig durch die Wohnung gerannt und habe an Tapeten und Möbelstücken geknabbert. Zudem habe er sich in einem schlechten Gesundheitszustand befunden. Die Klägerin gab das Tier daher wieder in eine Pflegestelle ab und verlangte ihre Kosten – unter anderem die Vermittlungsgebühr, Hundetraining, Tierarztrechnungen – in Höhe von rund 615 Euro von dem Verein zurück.

AG München: Geschuldete Beschaffenheit (+)

Der Verein meinte hingegen, dass das Verhalten Welpen typisch sei. Der Mischling habe sich erst an seine neue Umgebung gewöhnen müssen, worauf auch in der Selbstauskunft hingewiesen worden sei. Dieser Auffassung folgte nun auch das AG München und wies die Klage ab. In der Begründung heißt es:

Es lag […] keine Beschaffenheit bezüglich des Verhaltens oder der Gesundheit des überlassenen Hundes vor, die ein Käufer nach Art des Hundes nicht erwarten konnte i.S.d. § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F.

Bei lebenden Tieren sei zwar eine “Normalbeschaffenheit” feststellbar, die den durchschnittlichen Erwartungen der Käuferin genügen müsse. Im vorliegenden Fall weiche die Beschaffenheit des Welpen aber nicht von einer solchen ab, so das Gericht. Die Klägerin sei auf ein unter Umständen gestresstes Verhalten sowie gesundheitliche Probleme in der Selbstauskunft aufmerksam gemacht worden. Der Verein müsse daher keinen Schadensersatz zahlen.

Neues Kaufrecht seit 01.01.2022

Grundlage für die Münchner Entscheidung war damit der kaufrechtliche Sachmangel gemäß § 434 BGB, allerdings noch in seiner alten Fassung. Seit dem 01.01.2022 gilt das „neue Kaufrecht“, wobei der Gesetzgeber den Sachmangelbegriff in § 434 BGB komplett neu gefasst hat. Wirklich „neu“ ist dabei aber eigentlich nur die Tatsache, dass es – anders als bislang – einen Gleichrang von subjektivem und objektivem Fehlerbegriff gibt. Was es damit genau auf sich hat, haben wir für Dich in diesem Beitrag zusammengefasst: Neues Kaufrecht und Vertrag über digitale Produkte – Die wichtigsten klausurrelevanten Änderungen.

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