OLG Zweibrücken: Kokainfahrt auf E-Scooter führt zu Fahrverbot

OLG Zweibrücken: Kokainfahrt auf E-Scooter führt zu Fahrverbot

Welche (Straßenverkehrs-)Regeln gelten für das Fahren mit einem E-Scooter?

Der Betroffene soll unter Kokaineinfluss mit einem E-Scooter gefahren sein. Neben einer Geldbuße ordnete das AG Kaiserslautern auch ein Fahrverbot an. Zu Recht? Das OLG Zweibrücken musste entscheiden.

Worum geht es?

Allein in Hamburg sind auf den Straßen mehr als 9.000 E-Scooter auf den Straßen, in Berlin sind es sogar rund 11.000 der mobilen Geräte. Doch mit dem Boom der modernen Fortbewegungsmittel in den Städten Deutschlands mehren sich auch die Gerichtsentscheidungen, die sich um den E-Scooter drehen. Das OLG Zweibrücken hat nun entschieden, dass die Anordnung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots auch bei einer Trunkenheits- oder Drogenfahrt mit einem E-Scooter rechtmäßig sei. Die Richter:innen verwiesen auf das erhebliche Gefährdungs- und Verletzungspotential für Dritte.

Nach Kokainkonsum auf den E-Scooter

Das OLG Zweibrücken in Rheinland-Pfalz musste über die Rechtsbeschwerde eines Mannes entscheiden, der im Herbst 2020 an einem Abend im Stadtgebiet von Kaiserslautern auf einem E-Scooter unterwegs war. Grundsätzlich kein Problem, doch der Betroffene soll unter Kokaineinfluss gestanden haben. Zumindest sei bei einer Kontrolle durch die Polizei festgestellt worden, dass der Mann unterschiedliche Betäubungsmittel im Blut habe.

Das AG Kaiserslautern verurteilte ihn deswegen zu einer Geldbuße in Höhe von 500 Euro und verhängte zusätzlich ein Fahrverbot von einem Monat. Gegen das Fahrverbot versuchte sich der Betroffenen nun vor dem OLG Zweibrücken mit der Begründung zu wehren, dass beim Verwenden eines E-Scooters nicht regelmäßig ein Fahrverbot anzuordnen sei. 

Fahrverbot für Owi vs. Fahrverbot für Straftat

In Rede stand ein in § 25 I 2 StVG normiertes gesetzliches Regelfahrverbot. Danach kann die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot verhängen, wenn gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 I StVG, die sie unter grober oder beharrlicher Pflichtverletzung begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt wurde.

Davon zu unterscheiden ist das Fahrverbot aus § 44 StGB: Wird jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, kann ihm das Gericht für einen bestimmten Zeitraum verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Bei § 44 StGB handelt es sich um eine sogenannte Nebenstrafe – sie kommt in erster Linie in Betracht, wenn die abgeurteilte Straftat einen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs aufweist, aber auch dann, wenn ein Fahrverbot zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung erforderlich erscheint. Möglich ist auch die Verhängung des Fahrverbots, um dadurch eine Freiheitsstrafe zu vermeiden.

Im Fall vor dem OLG Zweibrücken ging es jedoch um ein Fahrverbot gemäß § 25 I 2 StVG. Zwar hat es den gleichen Kern wie das Fahrverbot aus § 44 StGB, allerdings besteht ein dogmatischer Unterschied. Bei der Norm aus dem Straßenverkehrsgesetz handelt es sich nicht um eine Nebenstrafe, sondern um eine Nebenfolge. Dies ergibt sich daraus, dass das Ordnungswidrigkeitsrecht keine Strafen kennt.

OLG Zweibrücken: Gefährdungspotential verstärkt

Das rheinland-pfälzische Gericht hat die Rechtsbeschwerde aber verworfen. Das Regelfahrverbot entfalle nicht allein deshalb, weil es sich bei dem geführten Fahrzeug „nur“ um einen E-Scooter handele. Weniger die vergleichsweise geringe Masse sei von Bedeutung als die Wahrscheinlichkeit, andere Verkehrsteilnehmer:innen mit einer unberechenbaren Fahrweise zu beeinflussen.

Aber auch einem E-Scooter komme trotzdem durch die vorhandene Fahrzeugmasse und die erreichbare Höchstgeschwindigkeit – die außerdem schneller erzielt werden könne als bei einem Fahrrad – ein erhebliches Gefährdungs- und Verletzungspotential für Dritte zu. Dies werde durch den Elektromotor verstärkt. Eine solche Kraft müsse von dem Fahrzeugführer auch beherrscht werden können, was im vorliegenden Fall nicht so gewesen sei.

Außerdem liege die besondere Gefährlichkeit der Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter darin, dass die drogen- und alkoholbedingten Gleichgewichtsbeeinträchtigungen und plötzlichen Lenkbewegungen wegen der stehenden Fahrpositionen und des kleineren Radumfangs deutlich größere Auswirkungen auf die Fahrweise hätten.

Die vom AG Kaiserslautern verhängte Rechtsfolge unterliege daher keinen Bedenken.

Promillegrenze für E-Scooter?

In anderen Verfahren blieb es hingegen nicht bei einer Ordnungswidrigkeit. Denn wer betrunken E-Scooter fährt, muss auch mit durchaus ernsteren Konsequenzen rechnen. So etwas wurde ein junger Mann im Winter 2020 mit 1,54 Promille erwischt – also 0,06 Promille unter der Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit, die beim Fahrradfahren gilt. Aber gilt diese Grenze auch für den E-Scooter?