Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht
Mit mehreren Verfassungsbeschwerde wollten Aktivist:innen die Landesregierungen zu mehr Klimaschutz bewegen. Doch anders als bei der aufsehenerregenden „Klimaklage“ gegen den Bund nahm das BVerfG die Beschwerden nicht zur Entscheidung an. Warum nicht?
Worum geht es?
Im April 2021 ertönte aus Karlsruhe ein Paukenschlag: Das BVerfG erklärte das Bundes-Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig, weil es die zukünftige Generation in ihren Freiheitsrechten verletze. Der Gesetzgeber musste nachbessern.
Nun aber haben die Richter:innen der 1. Kammer des Ersten Senats mehrere Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Mit ihren sog. Klimaklagen wollten die Schüler:innen, Jugendlichen und jungen Erwachsenen diesmal die Bundesländer zu mehr Klimaschutz verpflichten. Das Gesetz auf Bundesebene reiche aber aus, so das BVerfG.
Bundesländer genauso verantwortlich wie der Bund?
Auch diesmal wurden die insgesamt elf Verfassungsbeschwerden von vornehmlich jungen Beschwerdeführenden, darunter Klima-Aktivist:innen von Fridays For Future, Schüler:innen und Studierende. In ihrem Vorhaben wurden sie, wie bereits bei der Klimaklage aus dem April 2021, von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unterstützt. Sie richteten sich gegen die Landesregierungen aus Brandenburg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Inhaltlich wendeten sie sich entweder gegen bereits bestehende gesetzlichen Landesklimaschutzgesetze (so beispielsweise in Niedersachsen und Bayern), größtenteils aber gegen das Unterlassen des jeweiligen Gesetzgebers, einen Reduktionspfad für Treibhausgasemissionen zur Einhaltung des verbleibenden CO2-Budgets und hinreichende Instrumente zur Erreichung der Klimaschutzziele gesetzlich zu normieren. Um solche CO2-Budgets ging es auch in der Klimaklage aus April 2021 gegen den Bundesgesetzgeber. Remo Klinger, Anwalt der DUH, kommentierte:
Klimaschutz ist nicht nur Bundes-, sondern auch Landessache. Nicht nur die Bundesregierung ist verpflichtet, das Klima mit verbindlicher Gesetzgebung und umfassenden Maßnahmen zu schützen, sondern auch die Landesregierungen.
Und in puncto Klimaschutz sehe es bei den Ländern noch schlechter aus als auf Bundesebene, so Klinger. Die Beschwerdeführenden rügten daher unter Berufung auf die aufsehenerregende „Klimaentscheidung“ des BVerfG die Verletzung von ihren Freiheitsrechten, vor allem von „Art. 2 I GG in Verbindung mit Art. 20a GG“: Ihre Freiheit werde von den Bundesländern nicht hinreichend geschützt, weil enorme CO2-Reduktionslasten auf sie zukommen können. Nicht nur der Bund müsse handeln – sondern auch die Länder.
Keine Regelung für einzelne CO2-Budgets
Doch ihre Verfassungsbeschwerden scheiterten vor dem BVerfG. Der Knackpunkt: Ihre Beschwerdebefugnis und das CO2-Budget. Denn zur Darlegung ihrer Beschwerdebefugnis müssten Beschwerdeführende begründen, so das BVerfG, inwiefern die angegriffene Regelung eine „eingriffsähnliche Vorwirkung“ entfalte. Dafür müsse der jeweilige Gesetzgeber im konkreten Fall einem grob erkennbaren Budget für CO2 unterliegen. Es müsse feststehen, welches Bundesland wann wieviel CO2 einzusparen habe. Eine solche Regelung gebe es aber nicht in den Ländern, auch sei im einfachen Bundesrecht keine Maßgabe ersichtlich, in welchem Bundesland wann welche Emissionsreduktionen zu realisieren seien.
Zwar könne es aus praktischen Gründen notwendig sein, so das BVerfG, Maßnahmen für den Klimaschutz seitens des Bundes und der Länder stärker zu koordinieren als dies bislang geschehen sei. Dann sei auch nicht von vornherein auszuschließen, dass es entsprechende Reduktionsvorgaben für die Länder kommen könnte. Allerdings könne sich eine solche Koordination im Bund-Länder-Verhältnis angesichts des „sektoralen Steuerungssatzes des Klimaschutzgesetzes“ auch erübrigen.
BVerfG: Bundesgesetz genügt
Außerdem seien die Schutzpflichten aus Art. 2 II 1 GG und Art. 14 I GG, also der Leib- und Lebensschutz sowie die Eigentumsgarantie, nicht verletzt. Das BVerfG verwies darauf, dass es eine (schützende) gesetzliche Regelung auf Bundesebene gebe, die die grundrechtlichen Schutzpflichten verletzen würde. Es sei nicht ersichtlich, dass das Fehlen eines Landesklimaschutzgesetzes hieran etwas ändern könnte.
DUH sieht „klarstellende Hinweise“
Trotz mangelnden Erfolgs begrüßte die DUH die „klarstellenden Hinweise“ des BVerfG. Es werde deutlich, dass die Ziele des Bundes ohne eigene Landesgesetze gar nicht zu erreichen wären. Die Organisation forderte den Bundesgesetzgeber auf, in diesem Punkt zu überarbeiten:
Die Verfassungsrichter haben heute eindeutig klargemacht, dass der Bund die alleinige Verantwortung trägt, dass Deutschland das Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtend einhält und die Rechte künftiger Generationen schützt.
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