StVO: Anspruch auf Einschreiten gegen Gehwegparker?

StVO: Anspruch auf Einschreiten gegen Gehwegparker?

Verpflichtungsklage vor dem VG Bremen

Ordnungswidriges Parken auf dem Gehweg, doch die Behörde schreitet nicht ein. Die Stadt gehe im gesamten Gebiet nicht gegen das Gehwegparken vor, hieß es zur Begründung. Die Bewohner:innen dreier Straßen klagten – mit Erfolg?

Worum geht es?

Das Parken in der Stadt kann oft lästig sein, denn es gibt immer mehr Menschen mit Autos. Im Jahr 2020 etwa lag die Autodichte je 1000 Einwohner:innen bei 451. Das macht die Parkmöglichkeiten geringer. Ein „Glück“ für die Autofahrer:innen, dass in einigen Straßen in Bremen das Halten und Parken nicht mit Verkehrsschildern geregelt ist. Aber des einen Glück ist des anderen Leid: Die Bewohner:innen haben vor dem VG Bremen wegen den ordnungswidrigen Gehwegparker:innen geklagt.

Ärger über Parksituation

Im Norden Deutschlands, in der Hansestadt Bremen, ärgerten sich Eigentümer und Bewohner über die Parksituation in eigenen Straßen. Es handelt sich um drei Einbahnstraßen, circa 5 Meter breit, die dazugehörigen Gehwege haben eine Breite von 2 Metern. Doch Verkehrszeichen, die das Halten und Parken von Autos in diesen Straßen regeln, gab es nicht. Die Fahrzeuge wurden daher auf beiden Straßenseiten zur Hälfte auf den Gehwegen geparkt, was sie einengte. Durch das „Halbbordparken“ seien Fußgänger eingeschränkt, insbesondere seien Kinder, Eltern mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer:innen betroffen.

In einem Gespräch mit der Straßenverkehrsbehörde erfuhren sie: Das Problem sei bekannt und das Parken auch ordnungswidrig. Man schreite aber dennoch nicht ein, da in der gesamten Stadt gegen diese Form des Parkens nicht eingeschritten werde.

Einige der Anwohner erhoben daher eine Verpflichtungsklage vor dem VG Bremen. Sie begehrten, das Amt für Straßen und Verkehr dahingehend zu verpflichten, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das regelmäßige Gehwegparken in den drei Einbahnstraßen zu unterbinden.

VG Bremen: Kläger haben Anspruch aus StVO

Die Kläger:innen hatten nun vor dem VG Bremen Erfolg. Das Gericht führte aus, dass sie – soweit es um die Anordnung von Verkehrszeichen bzw. anderen verkehrsrechtlichen Maßnahmen begehren, einen Anspruch gem. § 45 I, IX 1 StVO hätten. Darin heißt es, dass die Straßenverkehrsbehörde die Benutzung bestimmter Straßen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung beschränken oder verbieten dürfe. Verkehrszeichen dürfen nur dort angeordnet werden, wo dies aufgrund der besonderen Umstände erforderlich ist.

Aus dieser Norm resultiere ein Anspruch der Kläger:innen, was nicht nur im vorliegenden Fall in der Praxis, sondern auch in Klausuren im Studium entscheidend war. Aus der Norm leitete das Gericht die Klagebefugnis der Kläger:innen ab. Denn werde ein Anspruch auf Einschreiten gegen Dritte geltend gemacht, so das VG Bremen, dürfe nicht von vorherein ausgeschlossen sein, dass die Eingriffsnorm individuellen Interessen der Rechtssuchenden zu dienen bestimmt sei. Weiter heißt es in der Entscheidung:

Es ist allgemein anerkannt, dass der Einzelne aus § 45 StVO, der strukturell in erster Linie auf den Schutz der Allgemeinheit gerichtet ist, ausnahmsweise ein subjektiv-öffentliches Recht gegenüber der Straßenverkehrsbehörde ableiten kann, soweit die von dieser Regelung geschützten Rechtsgüter und Interessen auch sein Individualinteresse erfassen.

Außerdem ergebe sich ein Anspruch auf Einschreiten aus § 12 IV und 4a StVO, wonach das Parken auf Gehwegen grundsätzlich verboten ist. Die Norm diene aber nicht ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit, sondern auch konkret dem Schutz der Gehwegnutzer:innen.

Entschließungsermessen auf Null reduziert

Die Weigerung der Straßenverkehrsbehörde, in den Einbahnstraßen Maßnahmen gegen das dauerhafte Gehwegparken zu ergreifen, sei daher rechtswidrig. Sie sei die zuständige Behörde, die geeignete Maßnahmen zum Schutz der Anwohner:innen ergreifen könne. Die Art und Auswahl der Mittel, also zum Beispiel das Aufstellen von Verkehrsschildern, stünden zwar in ihrem Ermessen. Doch da es sich nach Auffassung des VG Bremen um eine massive Beeinträchtigung handeln würde, sei das Entschließungsermessen der Behörde auf Null reduziert. Sprich: Sie muss handeln.