BGH zur Bewertungseinheit bei mehreren Diebstahlshandlungen

BGH zur Bewertungseinheit bei mehreren Diebstahlshandlungen

Verwirklichung des Diebstahlstatbestandes durch einen praxisnahen „Griff in die Kasse“

Der Fall ist für Klausuren besonders interessant, da es sich hier um die Verwirklichung des Diebstahlstatbestandes durch einen praxisnahen „Griff in die Kasse“ handelt und sich der BGH mit der konkurrenzrechtlichen Bewertung mehrerer Diebstahlshandlungen befassen musste. Zu beachten sind dabei die Voraussetzungen für die Annahme einer “Bewertungseinheit” im Allgemeinen und insbesondere auf den hier relevanten Tatbestand des § 242 Abs. 1 StGB. Außerdem bietet der Fall Anlass, sich die Regelbeispiele in § 243 Abs. 1 S. 2 StGB, die verminderte Schuldfähigkeit in § 21 StGB sowie prozessuale Fragen – wie etwa zu den Voraussetzungen und Grenzen einer Verständigung im Strafverfahren – nochmal genauer anzuschauen.

A. Sachverhalt

Der T beginnt im Alter von 18 Jahren damit, an Geldspielautomaten zu spielen. Er verbraucht seine finanziellen Mittel, leiht sich Geld, bestiehlt seinen Vater und verspielt auch Geld, das er heimlich vom Konto seiner Freundin abgehoben hat. Wenig später beginnt er als Servicekraft in einer Spielothek zu arbeiten und einige Jahre später erlangt der T eine Arbeitsstelle in der Spielbank „F“; dort wird er Assistent der Geschäftsleitung. Als solcher hat er Zugriff auf die bei der Spielbank erzielten Bareinnahmen im Tresor. Er macht sich rasch mit den Abläufen vertraut und erkennt die „systemischen Schwachstellen“ bei der Erfassung, Kontrolle und Weiterleitung von Tageseinnahmen. Zugleich steigert sich die Spielleidenschaft des T zu einem pathologischen Spielen. Am Spielen in einer Spielbank reizen ihn die dort möglichen hohen Gewinne. Damit will er zwar auch seine Schulden „auf einen Schlag“ begleichen können. Im Wesentlichen geht es ihm aber darum, sein Bedürfnis nach Glücksgefühlen zu befriedigen.

Er beginnt, regelmäßig eine andere Spielbank („W“) aufzusuchen. Nachdem dortige Spielgewinne bekannt geworden sind, macht T seinen Angehörigen und seiner Freundin teure Geschenke, gleicht das Soll auf seinem Girokonto aus und erwirbt Luxusgegenstände. Um in der Spielbank „W“ spielen zu können, stiehlt der T Devisen aus dem Tresor der Spielbank „F“. Dabei befindet er sich in dem Irrglauben, die entnommenen Gelder durch Gewinne zurückzahlen zu können. Die im Tresor gelagerten Devisen stellen für ihn einen nahezu unerschöpflichen Vorrat dar. Entgegen seiner vordergründigen Absicht, die entnommenen Geldbeträge aus seinen Gewinnen auszugleichen und in den Tresor zurückzulegen, hält er es für wahrscheinlich, dies nicht erreichen zu können. Das nimmt er in Kauf. Daraufhin nimmt der T erstmals 5.000 Schweizer Franken aus dem Tresor, um sie für sich zu verwenden. Die Devisen tauscht er bei einer Sparkasse in Euro um (ca. 4.100,00) und verspielt dieses Geld. Bei dem Devisenumtausch wird er namentlich erfasst, weil der Betrag die registrierungspflichtige Höhe von 2.500 Euro überschreitet. Beim später wiederholt durchgeführten Umtausch von Devisen vermeidet er die Überschreitung dieser Grenze. Die Wegnahme von Devisen aus dem Tresor der Spielbank „F“, die auf das Konto der Spielbank bei der Sparkasse eingezahlt werden sollen, verschleiert der T durch falsche Angaben gegenüber Mitarbeitern und durch Manipulation von Devisenaufstellungen. Insgesamt entnimmt er dem Tresor innerhalb mehrerer Monate Geld in ausländischer Währung im Gegenwert von etwa 280.000,00 Euro, führt diese Beträge aber nicht vollständig an die Spielbank „F“ zurück.

Nachdem das System der Devisenabrechnung bei der Spielbank „F“ umgestellt worden ist und der T nicht mehr mit dem Transport von Devisen zur Sparkasse betraut ist, entschließt er sich, Euro-Bargeld aus den Tageseinnahmen zu entwenden. Zwar geht er davon aus, die entnommenen Beträge nach Spielgewinnen zurücklegen zu können, was ihm aber auf Dauer nicht gelingt. Das aus Tageseinnahmen stammende Bargeld in Euro wird in sog. Safebags im Tresor der Spielbank „F“ gelagert und an drei Werktagen pro Woche von Mitarbeitern eines Transportunternehmens abgeholt. Von diesem Unternehmen wird das Bargeld später zur Bundesbank gebracht und einem Konto der Spielbank gutgeschrieben. In einem Zeitraum von etwa drei Monaten öffnet der T bei fünfzehn Gelegenheiten vor der Übergabe an Mitarbeiter des Transportunternehmens verschiedene Safebags, entnimmt deren Inhalt ganz oder teilweise und verpackt eventuelle Restbeträge oder aus Spielgewinnen zurückgeführtes Geld in neue Safebags, die er passend beschriftet. So „erbeutet“ der T insgesamt mehr als 1 Mio. Euro.

Zusammen entwendet der T Euro-Bargeld und in Euro getauschte Devisen in Höhe von ca. 1,8 Mio. Nach Rückführung eines Teils der Beträge beträgt der Verlust der Spielbank „F“ noch mehr als 1 Mio.

Wie hat sich T strafbar gemacht?

In diesem Fall geht es insbesondere um die folgenden Lerninhalte:

B. Entscheidung

I. Untreue, § 266 StGB

T hat sich nicht wegen Untreue nach § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB strafbar gemacht, indem er mehrfach über das im Tresor der Spielbank „F“ lagernde Bargeld verfügt bzw. später mehrfach Bargeld aus den sog. Safebags entnommen hat. Für die Verwirklichung des Missbrauchstatbestandes („wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht“) fehlte es dem T – der zwar Assistent der Geschäftsführung war, aber lediglich faktischen Zugriff auf die Gelder hatte – an einer Vermögensbetreuungspflicht. „Betreuen“ setzt insoweit die Möglichkeit zu selbstständigem Handeln mit verschiedenen Handlungsalternativen im Sinne eines Entscheidungsspielraums voraus. Dazu hier der BGH:

„II.1.a) Untreue (…) lag angesichts der unselbständigen Aufgaben des [T] (…) nicht nahe.“

II. Diebstahl, § 242 Abs. 1 StGB

T könnte sich aber – in mehreren Fällen – wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er über das im Tresor der Spielbank „F“ lagernde Bargeld verfügt bzw. später Bargeld aus den sog. Safebags entnommen hat. Dazu müsste er eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht weggenommen haben, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen.

1. Objektiver Tatbestand

Fraglich ist, ob T das Geld – jeweils für ihn „fremde“, also nicht in seinem Eigentum stehende Sachen – weggenommen hat. Wegnahme im Sinne des § 242 StGB ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Ein Bruch fremden Gewahrsams liegt vor, wenn der Gewahrsam gegen oder ohne den Willen des Inhabers aufgehoben wird. Gewahrsam ist die tatsächliche Herrschaft über eine Sache einer natürlichen Person, die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird, was nach den Umständen des Einzelfalls und nach der Verkehrsauffassung – Anschauung des täglichen Lebens – zu beurteilen ist (faktischer Gewahrsamsbegriff). Haben mehrere Personen gleichrangigen Mitgewahrsam, so kann diesen jeder von ihnen brechen. Über die Frage des Mit- oder Alleingewahrsams bei einem Dienstverhältnis entscheiden die jeweiligen Umstände (vgl. etwa BGH, NStZ-RR 1996, 131, 132: ein Geschäftsinhaber hat im Verhältnis zum „Kassenverwalter“ bei einer jederzeitigen Einwirkungsmöglichkeit auf den Kassenbestand übergeordneten Gewahrsam – sog. gestufter Gewahrsam; nach a.A. in der Literatur [etwa Rönnau, JuS 2009, 1088, 1090] hat der Kassenverwalter schon keine Sachherrschaft). In Abhängigkeitsverhältnissen kann der Untergeordnete – nach Auffassung der Rechtsprechung – also den Gewahrsam des Übergeordneten brechen, nicht aber umgekehrt (s. auch BGH, NStZ 1983, 455 zum Einstecken von Geld durch einen sog. Sortenkassierer bei einer Bank). Dazu der BGH:

„II.1.b) (…) der [T hat] den übergeordneten Gewahrsam der Spielbank F. durch Wegnahme von Bargeld gebrochen“

T hat also den objektiven Tatbestand des § 242 Abs. 1 StGB erfüllt.

2. Subjektiver Tatbestand

T wollte die Spielbank „F“– jedenfalls mit bedingten Vorsatz – enteignen und er hatte die Absicht, sich zumindest vorübergehend eine eigentümerähnliche Verfügungsgewalt über das Bargeld anzumaßen.

Fraglich ist, wie sich ein etwaiger Rückführungswille des T – der die Entnahmen der Gelder durch seine erhofften Spielgewinne wieder auffüllen wollte – auf die subjektive Tatseite ausgewirkt hat. Wenn bei der Wegnahme ein Rückführungswille besteht, handelt es sich um eine bloße Gebrauchsanmaßung („furtum usus“), die eine Strafbarkeit nur in Ausnahmefällen (§§ 248b, 290) begründet. Damit ein lediglich unbefugter Gebrauch vorliegt, muss der Wille des Täters im Zeitpunkt der Wegnahme dahin gehen, den Berechtigten in eine solche Lage zu versetzen, das er seine ursprüngliche Verfügungsgewalt über die Sache ohne besondere Mühe wieder ausüben kann (BGH, NStZ 1996, 38), wobei an sich kein Identitätswechsel erfolgen darf, also eine bloße Bereitschaft zum Ausgleich nicht ausreichend ist.

T hatte zwar vordergründig die Absicht, die entnommenen Geldbeträge aus seinen Gewinnen wieder auszugleichen und in den Tresor zurückzulegen. Er hielt es aber für wahrscheinlich, dies nicht erreichen zu können und nahm dies (billigend) in Kauf. Auch ging er bei den Entnahmen aus den sog. Safebags davon aus, die entnommenen Beträge nach Spielgewinnen zurücklegen zu können. Auf Dauer gelang ihm dies aber wiederum nicht. Insgesamt fehlt es dem T hier an einem sicheren Rückführungswillen.

T hat auch den subjektiven Tatbestand des § 242 Abs. 1 StGB erfüllt.

3. Zwischenergebnis

T, der rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, ist wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) schuldig.

4. Strafzumessung

T hat gewerbsmäßig i.S.v. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB gestohlen, also in der Absicht, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die Verwirklichung dieses Regelbeispiels – das tatbestandsähnlich zu prüfen ist – führt grds. zu einer Anhebung des in § 242 Abs. 1 StGB normierten Regelstrafrahmens.

Fraglich ist, ob T bei Tatbegehung auch im Zustand verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von 21 StGB gehandelt hat, weil er „spielsüchtig“ gewesen ist. Dadurch würde zwar seine Schuld nicht entfallen, aber eine Herabsetzung des Regelstrafrahmens von § 242 Abs. 1 StGB gemäß § 49 StGB in Betracht kommen (bzw. der Entfall der Regelwirkung des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB, so dass T hier – obwohl er „gewerbsmäßig“ gestohlen hat – nur nach dem Regelstrafrahmen zu bestrafen wäre). Dazu der BGH:

„III.1. Pathologisches Spielen stellt für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB dar; vielmehr kommt es auf den Grad und das Ausmaß psychopathologischer Symptome und deren konkrete Auswirkungen auf das Verhalten des Täters bei der Begehung der jeweiligen Tat an. Die Beurteilung erfordert konkretisierende und widerspruchsfreie Darlegungen dazu, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei der Begehung der konkreten Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der jeweiligen Tatsituation ausgewirkt hat. Maßgeblich ist bei einer Spielsucht, ob der Betroffene dadurch gravierende psychische Veränderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn eine Spielsucht diagnostiziert ist und zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Täter bei Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne von § 21 StGB anzunehmen sein (…).“

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die vorgenannten Voraussetzungen bei jeder einzelnen Bargeldentnahme durch T vorgelegen haben, bestehen nicht. T handelte vorliegend durchaus in ganz unterschiedlichen Tatsituationen und Lebensverhältnissen, die gegen die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit sprechen – wie die erheblichen Geldgewinne, die nicht nur zur Verdeckung der Diebstähle in den Tresor zurückgeführt, sondern auch für teure Geschenke oder Einkäufe verwendet wurden. Ferner hat T lange Zeit seine Arbeitstätigkeit ausgeführt, ohne aufzufallen. Die genauen Tatvorbereitungen durch Analyse und Ausnutzung der „systemischen Schwächen“ im Betriebsablauf der Spielbank „F“ sowie die Komplexität der Ausführungshandlungen der Diebstähle sprechen daher ebenfalls indiziell gegen eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des T.

T hat danach also nicht im Zustand verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB gehandelt.

III. Konkurrenzen

Fraglich ist, wie viele Taten T begangen hat und wie diese konkurrenzrechtlich zueinander stehen. In Betracht kommt etwa, die Handlungen des T als Diebstahl in zwei Fällen zu bewerten. Dafür könnten zunächst zwei Tatkomplexe gebildet werden – „Entnahmen aus dem Tresor“ einerseits und „Entnahmen aus den Safebags“ andererseits – und diese jeweils zu einer „Bewertungseinheit“ zusammengefasst werden, weil sie jeweils von einem „einheitlichen Stehlwillen“ des T getragen gewesen und im zweiten Komplex die „vorgenommenen oder vorgetäuschten Rückführungen von Geldbeträgen miteinander so verzahnt [gewesen sind], dass die Handlungen als eine Tat erschienen“. Dazu der BGH:

„II.2.a) Verletzt „dieselbe Handlung“ mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt (§ 52 Abs. 1 StGB). Der Handlungsbegriff knüpft dabei vor allem an den Vollzug eines Verhaltens im natürlichen Sinn an, also praktisch an willensgesteuerte Körperbewegungen. Die Verknüpfung einer mehrfachen Tatbestandserfüllung zur Tateinheit ist ggfs. in einer Überlagerung von mehreren Ausführungshandlungen zu sehen.
Eine Tat im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB ist zunächst bei einer einzigen Handlung im natürlichen Sinn gegeben. Darüber hinaus kann von einer Tat auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen zu einer „natürlichen Handlungseinheit“ zusammengefasst werden, weil zwischen mehreren strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt und die Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (…). Eine weitere Fallgruppe des § 52 Abs. 1 StGB ist die tatbestandliche Handlungseinheit bei mehraktigen oder zusammengesetzten Delikten sowie bei Dauerdelikten. Darüber hinaus kann bei Delikten mit pauschalierenden Handlungsbeschreibungen oder fortlaufenden Tatbestandsverwirklichungen eine Tat im Rechtssinne vorliegen. Der Sache nach stellt auch die „Bewertungseinheit“ eine Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat dar (…). Dabei geht es regelmäßig um einen Tatbestand, der typischerweise im Gesetz in pauschalierender, weit gefasster und verschiedene natürliche Handlungen zusammenfassender Weise beschrieben ist und der dementsprechend trotz mehrerer - nicht wegen teilweisen Zusammenfallens von Tathandlungen oder wegen eines auch räumlich und zeitlich engen Zusammenhangs tateinheitlich verbundener - derartiger Handlungen als nur einmal erfüllt angesehen wird (…).
Das trifft auf Diebstahl regelmäßig nicht zu. Bei dem als Wegnahme fremder beweglicher Sachen definierten Diebstahlstatbestand kommt es konkurrenzrechtlich vor allem darauf an, ob eine natürliche Handlung oder mehrere Wegnahmehandlungen vorliegen. Im letzteren Fall können verschiedene natürliche Handlungen derart in einem engen zeitlichen, räumlichen und situativen Zusammenhang stehen, dass sie sich objektiv als zusammengehöriges Tun darstellen, das ggfs. auch auf einer einheitlichen Willensentschließung beruht. Andernfalls folgt aus der Mehrzahl tatbestandsmäßiger Handlungen eine Tatmehrheit im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB.
b) Nach diesen Maßstäben ist die Konkurrenzbewertung des Landgerichts rechtsfehlerhaft.
aa) Soweit der [T] durch eine einzige Handlung eine Mehrzahl von Geldscheinen und Münzen weggenommen hat, liegt eine Tat vor, weil sie sich in einer natürlichen Handlung erschöpft. Hat der [T] unmittelbar nacheinander aus mehreren Safebags jeweils Geldscheine und Münzen weggenommen, kann eine natürliche Handlungseinheit vorliegen. In Fällen der Wegnahme von Geldscheinen und Münzen an verschiedenen Tagen ist dagegen grundsätzlich von Tatmehrheit auszugehen.
bb) Darauf, dass der [T] von vornherein den Entschluss gefasst hatte, wiederholt Bargeld aus dem Tresor wegzunehmen, um damit in der Spielbank W. zu spielen, kommt es nicht an. Allein der Umstand, dass der Täter vorab den Entschluss zur Begehung einer Mehrzahl von Taten fasst und ein einheitliches Ziel verfolgt, kann weder die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit noch eine Tateinheit begründen, sofern sich die tatbestandsmäßigen Ausführungshandlungen nicht überschneiden (…). Erst recht besteht kein Grund zur Annahme einer „Bewertungseinheit“.
Auch die Tatsache, dass der [T] in der Absicht gehandelt hat, sich durch wiederholte Wegnahme von Bargeld aus dem Tresor der Spielbank „F“ eine fortlaufende Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen, ändert nichts an der Handlungsmehrheit.
Schließlich kommt der späteren Rückgabe von anderen als den zuvor weggenommenen Geldscheinen und Münzen keine konkurrenzrechtliche Bedeutung zu. Sie lässt als Schadensminderung den zuvor beendeten Diebstahlstatbestand unberührt.
c) Das Landgericht durfte jedenfalls nicht ohne weiteres in Anwendung des Zweifelssatzes davon ausgehen, dass der [T]  in beiden Tatkomplexen nur jeweils eine Tat begangen habe.
Nimmt der Täter über einen längeren Zeitraum hinweg durch eine Mehrzahl gleichartiger Handlungen unbefugt Geldbeträge an sich, deren Gesamtsumme später feststellbar ist, nicht aber die Einzelhandlungen, so kann „in dubio pro reo“ von einer Handlung ausgegangen werden (…). Das kommt aber nur in Betracht, wenn sich das Gericht nach Gesamtwürdigung aller Tatsachen und Beweismittel nicht davon überzeugen kann, dass wenigstens im Sinne einer Mindestfeststellung eine Zahl von Einzeltaten bestimmt werden kann.
Das Landgericht hat zum Tatkomplex B im Urteil bereits verschiedene Handlungen dargestellt, die, soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt, als Tatmehrheit zu bewerten sind. Im Tatkomplex A hat es die Möglichkeit, im Sinne von Mindestfeststellungen eine Handlungsmehrheit festzustellen, nicht in Betracht gezogen. Jedenfalls ist aus den Urteilsgründen nicht nachzuvollziehen, warum das Landgericht nicht aus den zur Berechnung des Gesamtschadens dienenden Daten, die im Urteil auch nicht mitgeteilt werden, eine Mindestzahl von Einzeltaten ermittelt hat. Zumindest die erste Wegnahme von 5.000 Schweizer Franken ist als solche festgestellt.“

T hat daher – nach bisherigen Feststellungen – insgesamt in mindestens 16 Fällen einen Diebstahl begangen (ein Fall betreffend die „Tresorentnahmen“ und 15 Fälle betreffend die Safebags). Diese Fälle sind konkurrenzrechtlich getrennt voneinander zu bewerten, stehen also zueinander in Tatmehrheit.

IV. Ergebnis

T hat sich in (mindestens) 16 tatmehrheitlich begangenen Fällen wegen Diebstahls strafbar gemacht.

Hinweis: Das Landgericht hatte den F nach einer Verständigung (§ 257c StPO) wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt und gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von knapp 1,1 Mio. Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil richtete sich die zu Ungunsten des F eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge (Verletzung materiellen Rechts). Der 2. Strafsenat des BGH hat das Urteil aufgehoben und mitsamt der vom Landgericht zur Sache getroffenen Feststellungen aufgehoben und wieder zurückverwiesen.

Fraglich ist, ob das in der ersten Hauptverhandlung abgelegte Geständnis des T nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden darf, wenn das neue Tatgericht bei seiner Entscheidung den Rahmen der mit dem Erstgericht getroffenen Verständigung gemäß § 257c StPO verlassen will. Dazu der BGH:

„V.2. Zwar ist die neue Tatsacheninstanz nicht an eine Verständigung gebunden, die in der Vorinstanz zustande gekommen war (…). Ein verständigungsbasiertes Geständnis wird auch nicht unverwertbar, wenn ein Angeklagter in einem Verfahren, in dem nur eine Revision zu seinen Gunsten eingelegt ist, durch das Verschlechterungsverbot gemäß §358*Abs.*Satz 1 StPO geschützt wird (…). Es würde nach Auffassung des Senats aber dem Fairnessgrundsatz widersprechen, wenn nach einer Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache aufgrund einer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision eine Verschlechterung des Urteils für den Angeklagten unter Überschreitung der Obergrenze des in der Verständigung zugesagten „kleinen Strafrahmens“ im Sinne von §257c*Abs.*Satz 2 StPO erfolgt (…). Was insoweit nach verbreiteter Auffassung für ein Berufungsgericht nach einer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Berufung der Staatsanwaltschaft gegen ein auf einer Verständigung beruhendes Urteil gilt (…), muss auch nach der revisionsgerichtlichen Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache aufgrund einer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision der Staatsanwaltschaft für das neue Tatgericht gelten.“

Das frühere Geständnis des T darf daher ggfs. durch das neue Tatgericht nicht mehr verwertet werden.

C. Prüfungsrelevanz

Die Entscheidung des 2. Strafsenats gibt nicht nur Anlass, sich mit der Verwirklichung des Diebstahlstatbestandes durch einen praxisnahen „Griff in die Kasse“ eines (Spielbank-)Angestellten zu befassen, sondern auch mit der konkurrenzrechtlichen Bewertung mehrerer Diebstahlshandlungen. Dazu legt der BGH die Voraussetzungen für die Annahme einer „Bewertungseinheit“ im Allgemeinen und – bezogen auf den Tatbestand des § 242 Abs. 1 StGB – im Besonderen ausführlich und überzeugend dar. Abseits davon begegnet es keinen Bedenken, sich zur Prüfungsvorbereitung erneut mit Regelbeispielen (§ 243 Abs. 1 S. 2 StGB), verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) sowie prozessualen (Zusatz-)Fragen wie den Voraussetzungen und Grenzen einer Verständigung im Strafverfahren näher zu befassen.