Neues aus dem Erbrecht
Das OLG Frankfurt am Main hat jüngst entschieden, dass ein von seiner Tante adoptiertes Kind bei gesetzlicher Erbfolge im Falle des Versterbens einer weiteren Schwester seiner Mutter sowohl den Erbteil seiner Adoptivmutter als auch den Erbteil seiner leiblichen Mutter, ebenfalls einer Schwester der Erblasserin, erben kann. Damit hat das OLG beschlossen, dass der Adoptivsohn in so einem Fall zwei gesetzliche Erbteile erhalte.
Worum geht’s?
Bei den Beteiligten des streitgegenständlichen Verfahrens handelt es sich um Nichten und Neffen einer Frau, der Erblasserin. Diese verstarb kinderlos; auch ihr Ehemann sowie ihre Eltern waren vorverstorben. Die Erblasserin hatte zudem zwei Schwestern, welche bereits vor ihr starben. Der Antragsteller ist das leibliche Kind einer dieser Schwestern. Nachdem diese starb, wurde er von der zweiten Schwester der Erblasserin adoptiert. Sowohl seine leibliche Mutter als auch die Adoptivmutter waren zum Zeitpunkt des Versterbens der Erblasserin also bereits verstorben. Die Erblasserin hinterließ kein Testament.
Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Antragsteller einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge, der ihn - neben den anderen Nichten und Neffen - als Erben zu ½ (¼ nach der Adoptivmutter, ¼ nach der leiblichen Mutter) ausweist. Das Amtsgericht entsprach dem Antrag des Antragstellers. Dagegen legten die übrigen Nichten und Neffen der Erblasserin Beschwerde zum OLG Frankfurt am Main ein - ohne Erfolg.
OLG Frankfurt am Main: Antragsteller erhält Erbteil von zwei Vierteln
Das OLG Frankfurt a.M. sprach dem Adoptivsohn die zwei gesetzlichen Erbteile zu. Zu Recht sei das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass ein adoptiertes Kind in die gesetzliche Erbfolge sowohl nach seiner leiblichen Mutter als auch nach der Adoptivmutter eintrete, so der zuständige Senat. Im konkreten Fall erhalte der Antragsteller daher einen Erbteil von zwei Vierteln. Dies ergebe sich aus § 1756 I BGB. Grundsätzlich erlöschen gemäß § 1755 I BGB mit Annahme einer Adoption die Verwandtschaftsverhältnisse zu den bisherigen Verwandten sowie die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Hier seien die Verwandtschaftsverhältnisse zu den bisherigen Verwandten nach der Adoption jedoch ausnahmsweise nicht erloschen. § 1756 I BGB regele eine Ausnahme, sofern die Annehmenden im zweiten oder dritten Grad mit dem Kind verwandt seien. Das sei bei der Adoption des Antragstellers der Fall. In § 1756 I BGB heißt es:
(1) Sind die Annehmenden mit dem Kind im zweiten oder dritten Grad verwandt oder verschwägert, so erlöschen nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den Eltern des Kindes und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Diese gesetzliche Ausnahme sei auch im Erbrecht zu berücksichtigen und führe zu dem Erhalt mehrerer Erbteile, da die Adoptionsmutter und die leibliche Mutter eine Verwandtschaft zur verstorbenen Erblasserin vermitteln würden.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das OLG Frankfurt am Main die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Eine Entscheidung, die Anlass dazu gibt, sich wieder einmal mit dem immer wieder examensrelevanten Erbrecht auseinanderzusetzen und die gesetzliche Erbfolge genauer unter die Lupe zu nehmen.
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