VG Berlin zur Rückholaktion: Rei­sende müssen Corona-Rück­hol­flüge zum Teil zahlen

VG Berlin zur Rückholaktion: Rei­sende müssen Corona-Rück­hol­flüge zum Teil zahlen

Das VG Berlin entschied in zwei Fällen: Reisende müssen sich an Kosten für die Rückholaktion beteiligen

Die von der weltweiten Rückholaktion des Auswärtigen Amtes betroffenen Reisenden dürfen an den Kosten für die Rückholflüge grundsätzlich beteiligt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin nun in zwei Klageverfahren entschieden.

Worum geht es?

Im Zusammenhang mit der weltweiten Verbreitung von Covid-19 kam es seit Mitte März 2020 im Ausland zu hoheitlich verhängten Ausgangssperren, Grenz- und Flughafenschließungen sowie einer weitgehenden Einstellung des kommerziellen Passagierflugverkehrs.

Im Rahmen der Rückholaktion der Bundesregierung organisierte das Auswärtige Amt sogenannte Repatriierungsflüge für im Ausland befindliche, deutsche Staatsangehörige in das Bundesgebiet. Seit dem 18. März 2020 wurden so ca. 67.000 Personen jeweils auf freiwilliger Basis und auf der Grundlage ausdrücklicher Einverständniserklärungen auf 270 Flügen in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeholt, wofür der Bund ca. 95 Millionen Euro verauslagte. Die Bundesrepublik Deutschland verlangte dafür von den zurückgeholten Reisenden jeweils pauschalierten Auslagenersatz, den sie mit entsprechenden Leistungsbescheiden geltend macht. Insgesamt sind hiergegen um die 150 Klagen beim VG Berlin anhängig. Das VG Berlin entschied nun in zwei Fällen: Die Rückholer müssen zum Teil zahlen.

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VG Berlin: Bescheide zu Recht ergangen

Die Kläger:innen wenden unter anderem ein, die herangezogene Rechtsgrundlage sei nicht anwendbar. Durch den Corona-Lockdown seien ihnen erhebliche Kosten entstanden, welche sie bisher nicht ersetzt bekommen hätten, so dass die zusätzlichen Erstattungsforderungen der Bundesrepublik Deutschland für sie zumindest in voller Höhe nicht tragbar seien. Auch seien die Auslagenpauschalen unangemessen, da sie weitaus günstigere Rückflüge gebucht hätten.

Die Bescheide sind auf Grundlage des § 6 Abs. 2 Konsulargesetz ergangen. § 6 des Konsulargesetzes regelt die Hilfe für deutsche Staatsbürger bei Katastrophenfällen. § 6 besagt:

(1) Wenn im Konsularbezirk Naturkatastrophen, kriegerische oder revolutionäre Verwicklungen oder vergleichbare Ereignisse, die der Bevölkerung oder Teilen von ihnen Schaden zufügen, eintreten oder einzutreten drohen, sollen die Konsularbeamten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um den Geschädigten oder den Bedrohten, soweit sie Deutsche sind, Hilfe und Schutz zu gewähren. Dies gilt auch für Abkömmlinge von Deutschen und für nichtdeutsche Familienangehörige von Deutschen, wenn sie mit diesen in Haushaltsgemeinschaft leben oder längere Zeit gelebt haben.
(2) § 5 Abs. 5 gilt entsprechend. Soweit die Entwicklung der Lage im Konsularbezirk, die persönlichen Verhältnisse des Hilfs- oder Schutzbedürftigen oder sonstige besondere Umstände es erfordern, kann von der Geltendmachung der Ansprüche auf Auslagenersatz abgesehen werden.
(…)

Das VG Berlin widerspricht der Ansicht der Kläger:innen: Die auf dieser Grundlage erlassenen Bescheide seien zu Recht ergangen, weil es sich bei der Corona-Pandemie um einen Katastrophenfall im Sinne der Norm handele. Die weltweite Betroffenheit einschließlich Deutschlands schließe die Anwendbarkeit der Vorschrift nicht aus. Die von der BRD organisierte Rückholung mittels gecharterter Flugzeuge sei zur Hilfeleistung für die im Ausland festsitzenden deutschen Staatsangehörigen erforderlich gewesen.

In der Pressemitteilung des VG Berlin zu den ergangengen Urteilen heißt es:

“Die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vorgenommene Pauschalierung der Auslagen begegne keinen rechtlichen Bedenken, da die festgesetzten Pauschalen pro Flug von 1.000 Euro (Neuseeland) bzw. 600 Euro (Mexiko) jedenfalls unter den der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich entstandenen Kosten gelegen hätten. Zur Einholung von Vergleichsangeboten für die Charterkosten sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Die erwartete Ko-Finanzierung der Rückholaktion durch den EU-Zivilschutzmechanismus in Höhe von 35 % schließe die Rückforderung nicht aus. Für einen Verzicht auf die Kostenerstattung sei kein Raum gewesen. Besondere Umstände für eine Ermessensentscheidung der Beklagten hätten nicht vorgelegen. Daher habe es ihr auch freigestanden, die Erstattungsbescheide mit Hilfe automatischer Einrichtungen zu erlassen und von einer Anhörung abzusehen.”

Das VG Berlin hat aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Berufungen in beiden bisher ergangenen Urteilen zugelassen. Bleibt abzuwarten, ob die Kläger:innen Berufung einlegen oder die Urteile in Rechtskraft erwachsen.

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