StPO-Reform: Verweigert der Bundespräsident die Ausfertigung?

StPO-Reform: Verweigert der Bundespräsident die Ausfertigung?

Umstrittene StPO-Reform wird immer noch geprüft

Schon seit Ende September liegt das Gesetz für die umstrittene StPO-Reform bei Frank Walter Steinmeier zur Ausfertigung bereit – hat der Bundespräsident Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit? Und wenn ja: Dürfte er die Ausfertigung verweigern?

Worum geht es?

Im Laufe des Jahres wurde oft über eine umstrittene Reform der StPO berichtet, die die Wiederaufnahme eines Verfahrens unter besonderen Voraussetzungen auch nach einem rechtskräftigen Freispruch ermöglichen soll. Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag dann das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“ verabschiedet, Mitte September passierte es auch den Bundesrat. 

Doch ein letzter Schritt im Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht erfüllt: Die Ausfertigung durch den Bundespräsidenten. Diese lässt gerade etwas auf sich warten. Hat der Bundespräsident verfassungsrechtliche Zweifel?

Wiederaufnahme auch nach Freispruch möglich?

Schuldig nach Freispruch – nach einem vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf soll dies unter bestimmten Bedingungen möglich sein. Dafür wurde bereits vom Bundestag und Bundesrat das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“ beschlossen, das eine Änderung der Wiederaufnahme in § 362 StPO vorsieht.

Die Straftatbestände Mord (§ 211 StGB) und andere Tötungsverbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch sollen danach auch nach einem rechtskräftigen Freispruch verfolgt werden können, wenn neue Beweismittel vorliegen. Als neue Beweismittel sollen insbesondere moderne DNA-Analysen und andere, fortgeschrittene kriminalistische Techniken, in Betracht kommen.

Gerechtigkeit um jeden Preis? Zumindest müssen bei der Suche nach Gerechtigkeit die verfassungsrechtlichen Grundsätze beachtet werden – insbesondere im Strafprozess. Daher hagelte es vor, während und nach dem Gesetzgebungsverfahren harsche Kritik von allen Seiten. Verfassungsrechtler:innen, Strafrechtler:innen, Anwaltsverbände und auch das Bundesministerium für Justiz brachten ihre Bedenken vor, dass die Reform gegen den Grundsatz „ne bis in idem“ verstoßen würde. Nach dem in Art. 103 III GG verankerten Grundsatz darf niemand wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden – dazu gehöre auch das Verbot der Doppelverfolgung nach einem Freispruch.

Umfang des Prüfungsrechts des Bundespräsidenten

Diese Bedenken dürften ihren Weg auch in das Bundespräsidialamt gefunden haben. Zumindest lässt die lange Prüfung des Bundespräsidenten Steinmeier diesen Schluss zu. Seit Ende September wird überprüft, ob das „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“ mit unserer Verfassung vereinbar ist.

Das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten ist damit nicht nur in der Praxis höchst spannend, sondern auch beliebter Prüfungsstoff in staatsorganisationsrechtlichen Examensklausuren. Schließlich können innerhalb der Prüfung viele relevante Themen abgefragt werden – wie Grundrechte, Staatsprinzipien und Gesetzgebungsverfahren.

Was für ein Prüfungsrecht kommt dem Bundespräsidenten eigentlich zu? Nach Art. 82 I 1 GG werden nur solche Gesetze vom Bundespräsidenten ausgefertigt und verkündet, die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind.

Daraus folgt zunächst (nur) ein formelles Prüfungsrecht: Der Bundespräsident darf als Staatsoberhaupt die formelle Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes überprüfen, etwa hinsichtlich des Gesetzgebungsverfahrens. Falls er es für formell verfassungswidrig hält, darf er die Ausfertigung verweigern.

Umstritten ist jedoch, ob dem Bundespräsidenten auch ein materielles Prüfungsrecht zusteht. Das klausurrelevante Problem zum materiellen Prüfungsrecht des Bundespräsidenten haben wir in einer Lerneinheit klausurorientiert für Dich zusammengetragen – Du kannst es Dir hier anschauen: Materielles Prüfungsrecht des Bundespräsidenten.

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