Richterin zu knapp 4 Jahren Haft verurteilt

Richterin zu knapp 4 Jahren Haft verurteilt

Verhandlungsprotokolle gefälscht und Akten im Keller versteckt

Ein eher ungewöhnliches Bild in einer strafrechtlichen Verhandlung: Eine Strafrichterin aus Nordrhein-Westfalen wurde wegen Rechtsbeugung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. In dem Prozess vor dem Landgericht Hagen hatte die 37-Jährige eingeräumt, mehrere Akten einfach nicht bearbeitet zu haben. In dem Teilgeständnis der Angeklagten hieß es, sie habe eine Blockade im Kopf gehabt und sich um die Fälle einfach nicht mehr kümmern können.

Worum geht es?

Die angeklagte Richterin war am Amtsgericht Lüdenscheid als Strafrichterin tätig. In einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht soll die Frau, um ein vorangegangenes eigenes Versehen im Verfahrensablauf zu vertuschen, nachträglich das Hauptverhandlungsprotokoll gefälscht haben. Das eigentlich beendete Verfahren soll die Richterin so noch über knapp drei Jahre weiter betrieben haben.

In weiteren Strafverfahren soll die Frau die von ihr gesprochenen Urteile nicht binnen der gesetzlichen Frist gemäß § 275 StPO in schriftlicher Form zu den Akten gebracht und dieses Fristversäumnis jeweils später zu vertuschen versucht haben. Hierzu soll sie in allen Fällen Schriftstücke mit rückdatierten Daten verfasst haben. In mehreren Strafverfahren sowie familienrechtlichen Verfahren ließ die Richterin außerdem ganze Akten verschwinden. Diese wurden später in Umzugskartons im Keller der Richterin gefunden.

Anklage: Rechtsbeugung in 14 Fällen

Die Staatsanwaltschaft warf der Strafrichterin zwischen 2016 und 2020 in insgesamt 14 Fällen Rechtsbeugung vor. In neun Fällen soll die Richterin zugleich einen Verwahrungsbruch nach § 133 StGB und in einem anderen Fall zugleich eine Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB begangen haben.

Aber was genau ist eigentlich Rechtsbeugung? § 339 StGB besagt:

“Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.”

Damit unterfallen nicht nur abschließende Entscheidungen eines Richters oder einer Richterin, sondern auch alle anderen Maßnahmen zur Leitung eines Verfahrens, dem Tatbestand. Unter einer Beugung des Rechts versteht man dabei in der Regel einen schwerwiegenden bewussten Rechtsbruch. Die bloße Fehlanwendung des sachlichen Rechts oder des Verfahrensrechts unterfällt hingegen noch nicht dem Tatbestand.

§ 133 StGB regelt den Verwahrungsbruch. In § 133 Abs. 1 heißt es:

“Wer Schriftstücke oder andere bewegliche Sachen, die sich in dienstlicher Verwahrung befinden oder ihm oder einem anderen dienstlich in Verwahrung gegeben worden sind, zerstört, beschädigt, unbrauchbar macht oder der dienstlichen Verfügung entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”

Schwere Vorwürfe also, die die Staatsanwaltschaft gegen die Strafrichterin erhebt.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht sah in seinem Urteil die Rechtsbeugung in zehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in sechs Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung als bewiesen an (Urt. v. 18.11.2021, Az. 46 KLs 8/21 LG).

In dem Prozess hat die Angeklagte ein Teilgeständnis abgelegt. Sie räumte ein, mehrere Akten einfach nicht bearbeitet zu haben. Sie habe eine Blockade im Kopf gehabt und sich um die Fälle einfach nicht mehr kümmern können, hieß es in dem Teilgeständnis. 

Die Akten waren später in einem Umzugskarton im Keller der 37-Jährigen gefunden worden. Die Richterin soll außerdem versucht haben, die von ihr begangenen Fristversäumnisse anderen Mitarbeitenden des Amtsgerichts in die Schuhe zu schieben.

Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte die Richterin als voll schuldfähig eingestuft. Sie sei in den übrigen Fällen in der Lage gewesen, ihre Arbeit gewissenhaft und ordentlich zu erledigen. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass sie jederzeit die volle Realitätskontrolle gehabt habe.

Das Gericht sprach in der Urteilsbegründung von einer “hohen kriminellen Energie” bei der Angeklagten und lastete ihr vor allem negativ an, dass sie “keinerlei Skrupel hatte, ihr eigenes Fehlverhalten auf andere abzuwälzen”. Daher hielt das Landgericht eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten für tat- und schuldangemessen.

Schaue Dir hier die (prüfungs-) relevanten Lerninhalte zu diesem Thema an: