Kinderrechte werden doch nicht im Grundgesetz verankert

Kinderrechte werden doch nicht im Grundgesetz verankert

Die Verhandlungen zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz sind gescheitert

Das wichtige Projekt der Großen Koalition wird in der aktuellen Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt. In der abschließenden Verhandlungsrunde, welche aus Vertretern der Bundestagsfraktionen bestand, konnte keine Einigung erzielt werden. Die Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht sei zutiefst enttäuscht. 

Lambrecht warf der Union und Opposition mangelnden Willen zur Einigung vor. Die SPD-Politikerin äußerte, dass dies besonders schade sei, da man kurz vor einer Einigung gestanden habe und sich so eine Gelegenheit nicht so schnell wieder bieten werde.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Der “Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte” der Bundesregierung vom 31. März 2021 sah eine ausdrückliche Verankerung der Kinderrechte im Verfassungstext vor.

In dem Entwurf der Bundesregierung heißt es:

“Kinder sind Träger aller Grundrechte und gleichzeitig besonders schutzbedürftig. Aus dem Verfassungstext geht das bislang aber nicht explizit hervor. Um zu verdeutlichen, welch hohe Bedeutung Kindern und ihren Rechten in unserer Gesellschaft zukommt, sollen ihre Rechte als wesentliche staatliche Wertentscheidungen ausdrücklich im Verfassungstext verankert und dadurch besser sichtbar gemacht werden.”

Das BVerfG habe erstmals im Jahr 1968 ausdrücklich betont, dass Kinder selbst Grundrechtsträger seien und Anspruch auf den Schutz des Staates hätten. Das Kind sei ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. 

Daraus habe das BVerfG abgeleitet, dass das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den Auftrag des Staates bilde, über die Pflege und Erziehung der Kinder durch die Eltern zu wachen. In der Folge habe eine ständige Rechtsprechung die Grundrechte von Kindern im Lichte ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit anerkannt.

Der Text des Grundgesetzes erwähne die Grundrechte von Kindern hingegen nicht ausdrücklich - was durch den Gesetzentwurf der Großen Koalition, bestehend aus CDU, CSU und SPD, nun geändert werden sollte. Dabei sei aber stets zu beachten, dass Kinder nicht die einzigen Grundrechtsträger seien. 

Wenn Grundrechte von Kindern nunmehr ausdrücklich im Verfassungstext Erwähnung fänden, heißt es weiter in dem Entwurf, sollen dadurch die grundrechtlichen Interessen anderer Personen nicht geringer veranschlagt werden. Insbesondere sei es ein Kernanliegen dieser Grundgesetzänderung, das Elternrecht und die Elternverantwortung nicht zu beschränken.

Das sagen die anderen Fraktionen

Der Vorstoß der Bundesregierung fand vergangene Woche keine Zustimmung. “Wir haben von Beginn an gesagt, dass wir für einen schlechten Kompromiss nicht zur Verfügung stehen würden”, sagten die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Katja Keul und die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, Ekin Deligöz, in einem gemeinsamen Statement vergangene Woche. “Wir bedauern das sehr, gleichzeitig können wir keiner Vorlage zustimmen, die keinerlei Fortschritt für die Kinderrechte in Deutschland bedeutet. Der Vorschlag der Koalition enthält mit der Gewährleistung verfassungsmäßiger Rechte und des rechtlichen Gehörs überflüssige Verweise auf bereits geltendes Recht und damit letztlich nur eine Umschreibung, dass sich für die Kinder in Deutschland nichts ändern soll.”

Auch die FDP kritisierte die grundsätzliche Herangehensweise des Projekts. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Stephan Thomae, monierte: “Von Anfang an leidet dieses Projekt an einem Geburtsfehler. Verhandelt haben den Entwurf zu Beginn nur das BMI mit dem BMJV, also zwei Regierungsministerien. Es musste der Großen Koalition aber klar gewesen sein, dass für eine Grundgesetzänderung auch die FDP und die Grünen mit ihren Vorschlägen von Anfang an hätten einbezogen werden müssen, auf deren Stimme es letztendlich ankommt”, so der Jurist Thomae. “In den Verhandlungen haben wir nur noch einen Entwurf vorgefunden, bei dem es keinen echten Spielraum für Änderungen mehr gab. So kann keine Grundgesetzänderung gelingen.”

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