250.000 Euro: Sparkassenleiter wegen Untreue verurteilt

250.000 Euro: Sparkassenleiter wegen Untreue verurteilt

Oft vernachlässigt, aber klausurrelevant: Der Straftatbestand der Untreue

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 18.05.2021 die Verurteilung zweier Geschäftsleiter einer bayerischen Kreissparkasse wegen Untreue überwiegend bestätigt. Die An­ge­klag­ten hat­ten wie­der­holt Aus­ga­ben mit Mit­teln der Kreis­spar­kas­se ge­tä­tigt, die nicht deren Zwe­cken dien­ten - und damit unter an­de­rem Rei­sen und Fei­ern fi­nan­ziert. Der Gesamtschaden wird auf etwa 250.000 € geschätzt.

Das Land­ge­richt Mün­chen II hatte den Straftatbestand der Untreue gem. § 266 I StGB als er­füllt an­ge­se­hen und die An­ge­klag­ten zu Be­wäh­rungs­stra­fen ver­ur­teilt. Die hier­ge­gen ein­ge­leg­ten Re­vi­sio­nen eines An­ge­klag­ten und der Staats­an­walt­schaft hatten nur zu einem Teil Er­folg.

Worum geht’s?

Das Landgericht München II hat den früheren Vorstandsvorsitzenden einer Kreissparkasse, den Bankkaufmann B., und den Landrat K., der als Vorsitzender des Verwaltungsrats die Aufsicht über den Vorstand der Kreissparkasse ausübte, wegen Untreue gem. § 266 I StGB in jeweils mehreren Fällen zu Freiheitsstrafen verurteilt. Der Angeklagte B. wurde zu einem Jahr und sechs Monaten und der Angeklagte K. zu elf Monaten Haft verurteilt - die Vollstreckung dieser Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt (Urteil vom 8. April 2019 - W5 KLs 64 Js 31544/14).

In der Pressemitteilung des BGH heißt es, dass - nach den Feststellungen des Landgerichts - der Angeklagte B. in den Jahren 2009 bis 2012 wiederholt mit Mitteln der Kreissparkasse Ausgaben getätigt hat, die nicht deren Zwecken dienten. So reisten die Angeklagten mit ihren Ehefrauen und anderen Verwaltungsratsmitgliedern für über 70.000 € auf Kosten der Kreissparkasse nach Wien und ins Stubaital und übernachteten in Fünf-Sterne-Hotels. 

Außerdem bestritt der Angeklagte B., welcher selbst passionierter Jäger ist, mit Geldern der Kreissparkasse als “Spende” Ausgaben für den Schießstand eines Tiroler Jagdverbands über 13.500 €. In einem anderen Fall ließ der Angeklagte B. die Kreissparkasse die Kosten für eine private Geburtstagsfeier eines Verwaltungsratsmitglieds in Höhe von rund 30.000 € bezahlen. Schließlich verteilte der Angeklagte B. an seine Kollegen in Verwaltungsratssitzungen Geschenke. Das Landgericht ging von einem Gesamtschaden von rund 250.000 € aus.

Der Straftatbestand der Untreue

Aber was besagt der hier einschlägige Straftatbestand der Untreue eigentlich und was hat dieser für Tatbestandsvoraussetzungen? § 266 I StGB ist ein reines Vermögensdelikt und lautet:

Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wie man dem Gesetzeswortlaut entnehmen kann, hat die Untreue zwei Alternativen. Die erste, hier einschlägige Alternative, umfasst den sogenannten Missbrauchstatbestand.

Der Missbrauchstatbestand der Untreue setzt zunächst eine Verpflichtungs- oder Verfügungsbefugnis voraus. Der Täter braucht somit im Rahmen des § 266 I 1. Alt. StGB eine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten. Diese Befugnis kann durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumt worden sein.

Als Tathandlung fordert die Untreue in Form des § 266 I 1. Alt. StGB den Missbrauch der Befugnis. Dies ist das rechtsgeschäftliche Handeln im Rahmen des rechtlichen Könnens unter Überschreitung des rechtlichen Dürfens. Der Täter macht folglich im Außenverhältnis mehr, als er im Innenverhältnis darf.

Weiterhin ist für die Untreue im Bereich der ersten Alternative eine Vermögensbetreuungspflicht erforderlich. Vom BGH wird diese Vermögensbetreuungspflicht als ein fremdnützig typisiertes Schuldverhältnis von einiger Bedeutung bezeichnet. Es wird insofern eine gewisse Selbständigkeit im Umgang mit fremdem Vermögen in Form einer Hauptpflicht verlangt, die von gewisser Dauer und von einem gewissen Umfang ist.

Zuletzt ist im Tatbestand der Untreue nach § 266 I StGB ein Vermögensnachteil zu prüfen. Dieser entspricht dem Begriff des Vermögensschadens beim Betrug.

In subjektiver Hinsicht muss der Täter zudem vorsätzlich gehandelt haben.

Aufbau der Prüfung: Untreue, § 266 I 1. Alt. StGB
Relevante Lerneinheit

Revision des Angeklagten B. überwiegend erfolglos

Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten B. blieb überwiegend erfolglos. Die Würdigung des Landgerichts, der Angeklagte B. habe nur persönliche Präferenzen verfolgt und dadurch seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Kreissparkasse verletzt, war frei von Rechtsfehlern. 

Allein in den Fällen, in denen der Angeklagte B. auf Bitte des Angeklagten K. die Kreissparkasse jeweils die Kosten für ein Abschlussessen nach überregionalen Zusammenkünften der Landräte bezahlen ließ, hat der Bundesgerichtshof beide Angeklagte freigesprochen. Da diese Abendessen auch dem Erfahrungsaustausch der Landräte dienten, standen die Ausgaben im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Landkreises, der Träger der Kreissparkasse ist. Die Kreissparkasse kam insoweit ihrer gesetzlichen Aufgabe nach, den Landkreis im regionalpolitischen Bereich zu unterstützen.

Revisionen der Staatsanwaltschaft teilweise erfolgreich

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft hingegen waren teilweise erfolgreich. Das Landgericht hatte den Angeklagten B. von weiteren Vorwürfen, Gelder der Kreissparkasse durch eine Spende anlässlich eines Naturschutzprojekts, durch Geschenke für das Büro des Landrats K. sowie durch Weihnachtsgeschenke an Kollegen aus dem Verwaltungsrat und dem Vorstand veruntreut zu haben, freigesprochen. 

Dies hielt der Nachprüfung des BGH nicht stand: Die Spenden ließen keinen unternehmerischen Zweck erkennen. Bei den Geschenken habe das Landgericht nicht bedacht, dass es um Zuwendungen innerhalb der Leitungsorgane der Kreissparkasse ginge und sie damit von vornherein – anders als bei Spenden zur Förderung des Ansehens der Kreissparkasse – nicht deren Interessen dienten. Aus den gleichen Gründen habe der Freispruch des Angeklagten K. in den Fällen keinen Bestand, in denen er die an ihn gerichteten Geschenke annahm.

BGH: Kein Fall von § 331 und § 333 StGB

In einem Punkt drang die Staatsanwaltschaft hingegen nicht mit ihrer Beanstandung durch: Sie hatte in der Revision gefordert, dass der Angeklagte B. infolge der Geschenke zu den Verwaltungsratssitzungen und der Ausrichtung der Geburtstagsfeier auch wegen Vorteilsgewährung gem. § 333 StGB als Vorstufe einer Bestechung hätte verurteilt werden müssen. Gleiches gelte für den Angeklagten K., der sich infolge der Annahme der Geschenke wegen Vorteilsannahme gem. § 331 StGB strafbar gemacht habe. 2015 wurden §§ 331 I und 333 I StGB leicht geändert. Da die Taten zwischen 2009 und 2012 stattfanden, war in der Entscheidung noch der alte Wortlaut heranzuziehen.

§ 331 I StGB in der damaligen Fassung lautet: 

Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 333 I StGB in der damaligen Fassung besagt:

Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die landgerichtliche Beweiswürdigung enthalte laut BGH insoweit keine Rechtsfehler, weshalb die Tatbestände der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien.

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