Noten zwischen Schwerpunkt und Examen fallen zu unterschiedlich aus
Das Jurastudium und dessen Konzeption sorgt häufig für Diskussionen. Schon 2019 wurde die Abschaffung der Gesamtnote auf dem Zeugnis des Ersten Staatsexamens gefordert. Durch die daraufhin folgende heftige Kritik wurde dieser Vorschlag zunächst nicht weiterverfolgt. In seiner 1000. Sitzung hat der Bundesrat nun erneut vorgeschlagen, die Gesamtnote vom Zeugnis des Ersten Staatsexamens zu streichen.
In der Sitzung am 12. Februar 2021 beschäftigte sich der Bundesrat unter anderem mit einer Reform des Deutschen Richtergesetzes (DRiG). In § 5d Abs. 2 S. 4 DRiG heißt es aktuell:
4Das Zeugnis über die erste Prüfung weist die Ergebnisse der bestandenen universitären Schwerpunktbereichsprüfung und der bestandenen staatlichen Pflichtfachprüfung sowie zusätzlich eine Gesamtnote aus, in die das Ergebnis der bestandenen staatlichen Pflichtfachprüfung mit 70 vom Hundert und das Ergebnis der bestandenen universitären Schwerpunktbereichsprüfung mit 30 vom Hundert einfließt; es wird in dem Land erteilt, in dem die staatliche Pflichtfachprüfung bestanden wurde.
In der Stellungnahme des Bundesrates zum “Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften” heißt es nun: “In Absatz 2 Satz 4 werden die Wörter „sowie zusätzlich eine Gesamtnote“ und die Wörter „ ,in die das Ergebnis der bestandenen staatlichen Pflichtfachprüfung mit 70 vom Hundert und das Ergebnis der bestanden universitären Schwerpunktbereichsprüfung mit 30 vom Hundert einfließt“ gestrichen.” Wegen der Verschiedenartigkeit der staatlichen Pflichtfachprüfung und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung sei künftig auf die Bildung der Gesamtnote zu verzichten und im Zeugnis beide Noten nur noch getrennt auszuweisen.
Ergebnisse vergleichbarer
Begründet wird dieser Vorschlag damit, dass sich ohne die Bildung der Gesamtnote die Examensergebnisse besser miteinander vergleichen lassen würden. Die Streichung der Gesamtnote wirke den im Bericht des Ausschusses der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister zur Koordinierung der Juristenausbildung (KOA) vom September 2019 festgestellten Fehlentwicklungen im Hinblick auf das in § 5d Absatz 1 Satz 2 DRiG enthaltene Gebot der Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung in den juristischen Prüfungen entgegen.
Die mangelnde Vergleichbarkeit der Noten bestehe dabei zum einen im Verhältnis zwischen universitärer Schwerpunktbereichsprüfung und staatlicher Pflichtfachprüfung. So fielen die erzielten Noten bei vielen Absolventinnen und Absolventen zu unterschiedlich aus. Zum anderen seien die Schwerpunktprüfungen auch im Verhältnis der Universitäten untereinander und sogar im Verhältnis der einzelnen Schwerpunktbereiche an ein und derselben Universität zu verschieden.
Der Verzicht auf die Gesamtnotenbildung stärke damit auch den Transparenzgedanken und biete die Chance, der universitären Schwerpunktbereichsausbildung als eigenständigem Teil der Ersten juristischen Prüfung mehr Beachtung zu verleihen und den Qualitätswettbewerb zu erhöhen. Dadurch könne auch einer schleichenden Entwertung der Ersten juristischen Prüfung und stärkeren Fokussierung auf die Zweite juristische Staatsprüfung entgegengetreten werden.
2019 befasste sich Justizministerkonferenz mit Streichung
Eine höhere Vergleichbarkeit der Ergebnisse im Ersten Examen hatte zuvor schon die Justizministerkonferenz gefordert. Im November 2019 hat sie sich auf die Abschaffung der Gesamtnote geeinigt. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung, der Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde, fand sich die Streichung der Gesamtnote jedoch nicht mehr wieder. Im Rahmen der Verbandsanhörung haben sich unter anderen die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Juristen-Fakultätentag, der Deutsche Juristinnenbund sowie der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften (BRF) für den Erhalt der Gesamtnote eingesetzt - erfolgreich. Nun ist das Thema durch die Stellungnahme des Bundesrates doch noch nicht vom Tisch.
Viel Kritik an geplanter Änderung
Zwar sorgte die Einführung des Schwerpunktbereichsstudiums 2003, welches im Zuge einer großen Jurastudium-Reform entstanden ist, bereits für viel Kritik: Nicht nur innerhalb der Bundesländer, oftmals schon an derselben Universität sind die Noten des Schwerpunktbereichs schwer zu vergleichen. Damit begründet der Bundesrat nun auch erneut die Streichung der Gesamtnote.
Die Kehrseite einer Abschaffung der Gesamtnote sei aber, dass diese an der Unvergleichbarkeit der Schwerpunktbereiche untereinander nichts ändere. Dafür seien andere Lösungen in Planung. Man könne zum Beispiel die Reduzierung des Anteils der Schwerpunktnote an der Gesamtnote oder die Harmonisierung der Prüfungsmodalitäten überdenken. Ein schlichter Verzicht auf die Bildung der Gesamtnote entwerte den Schwerpunkt dagegen so massiv, dass er in Zukunft weder den Universitäten die Mühe noch den Jurastudierenden den Aufwand wert wäre und stattdessen zur Nebensächlichkeit im Examen oder gar als notwendiges, aber störendes Übel betrachtet werde, sagen die Kritiker. Die Idee hinter der Einführung des Schwerpunktbereichsstudiums war hingegen gerade die, das Studium der Rechtswissenschaften wissenschaftlicher und individueller zu gestalten.
Gegenüber LTO erklärte der BRF, er fürchte eine Degradierung des Schwerpunktbereichsstudiums zu einem “bloßen Anhängsel” im Studium. Auch der Bundesfachschaftsverband will die Abschaffung verhindern. Das Schwerpunktbereichsstudium habe einen positiven Effekt auf die Jurist/innenausbildung.
Wie es nun weitergeht, bleibt abzuwarten. Nach der Stellungnahme des Bundesrates wird sich bald der Bundestag mit der Streichung der Gesamtnote zu beschäftigen haben. Eine Petition gegen das Vorhaben wurde bereits gestartet.
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