Bundesrat feiert 1000. Sitzung

Bundesrat feiert 1000. Sitzung

Was ist der Bundesrat und welche Aufgaben hat er?

Der Bundesrat ist eines der fünf ständigen Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland. Neben Bundespräsident, Bundestag, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht ist der Bundesrat als Vertretung der Länder das föderative Bundesorgan. Über die Aufgaben und die Zusammensetzung ist den meisten aber weniger bekannt, als dies bei den übrigen Verfassungsorganen der Fall ist. Am 12. Februar 2021 feierte der Bundesrat sein 1000. Sitzungsjubiläum. Zu Gast war der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Grund genug, den Bundesrat einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Was macht der Bundesrat eigentlich, was sind seine Aufgaben und wie ist er zusammengesetzt?

Grundgesetzliche Verankerung

Die Regelungen über die Aufgaben und die Zusammensetzung des Bundesrates sind grundgesetzlich verankert. Diese finden sich in den Artikeln 50 bis 53 GG. In Art. 50 GG heißt es:

Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit.

Art. 51 Abs. 1 GG regelt die Zusammensetzung. Demnach besteht der Bundesrat aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen können. Daraus folgt, dass nur derjenige Mitglied des Bundesrates sein kann, wer Sitz und Stimme in einer Landesregierung hat. Daher hat die Opposition in den einzelnen Ländern keine Möglichkeit, sich im Bundesrat unmittelbar Gehör zu verschaffen. 

Oberste Bundesorgane, Art. 38 ff. GG
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Gemäß Art. 51 Abs. 2 des Grundgesetzes hat jedes Land mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern sechs Stimmen. Insgesamt hat der Bundesrat 69 Stimmen und demzufolge 69 ordentliche Mitglieder, denn Art. 51 Abs. 3 GG besagt, dass jedes Land nur so viele ordentliche Mitglieder für den Bundesrat benennen kann, wie es dort Stimmen hat. So macht die für Beschlüsse in der Regel erforderliche absolute Mehrheit 35 Stimmen und die manchmal notwendige Zweidrittelmehrheit 46 Stimmen aus. Die Stimmen eines Landes können außerdem nur einheitlich abgegeben werden.

Problem: Uneinheitliche Stimmabgabe im Bundesrat
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Der Bundesrat wird nicht “gewählt”

Bundesrats-Wahlen als solche gibt es nicht. Der Bundesrat kennt deshalb auch keine Wahlperioden. Er ist verfassungsrechtlich gesehen ein “ewiges Organ”, das sich aufgrund der Landtagswahlen erneuert. Die Wahlen zum Landesparlament haben dadurch stets auch eine bundespolitische Bedeutung. Durch die Wahl des Landtages durch die Bürger wählen diese also auch indirekt den Bundesrat mit. Denn das gewählte Landtagsparlament bestimmt die Landesregierung, welche ihrerseits die Bundesratsmitglieder aus ihrer Mitte bestellt. Durch die Wahlen der Bürger erhält der Bundesrat daher seine demokratische Legitimation. Die Staatsgewalt, die der Bundesrat ausübt, geht also vom Volke aus. 

Kommt nach einer Landtagswahl eine neue Regierung ins Amt, muss diese ihre Mitglieder für den Bundesrat neu benennen. Die Zusammensetzung des Bundesrates ändert sich also erst, wenn die neue Regierung im jeweiligen Landtag vereidigt wurde. Bis dahin geben Mitglieder der alten Regierung die Stimmen des Landes im Bundesrat ab.

Der Bundesrat hat eine eigene Geschäftsordnung (Geschäftsordnung des Bundesrates, kurz GO BR), die die interne Organisation regelt. So wird dort zum Beispiel geregelt, wie die Sitzungen des Bundesrates zu erfolgen haben, §§ 15 ff. GO BR.

Mitwirkung bei der Gesetzgebung

Der Bundesrat spielt eine weitaus wichtigere Rolle, als den meisten bekannt sein dürfte. So zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Bundesrates die Mitwirkung bei der Gesetzgebung des Bundes. Kein Bundesgesetz kommt zustande, ohne dass der Bundesrat damit befasst war. Das Gesetzgebungsverfahren wird unterteilt in Zustimmungs- und Einspruchsgesetze. 

Die Zustimmungsgesetze können nur dann in Kraft treten, wenn der Bundesrat ihnen ausdrücklich zustimmt. Diese sind grundgesetzlich explizit an verschiedenen Stellen zu finden. Zu den Zustimmungsgesetzen gehören beispielsweise Gesetze, die die Verfassung ändern. Hier muss der Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen (Art. 79 Abs. 2 GG). Darunter fallen außerdem Gesetze, die in bestimmter Weise Auswirkungen auf die Finanzen der Länder haben, Art. 105 Abs. 3 GG und Art. 104a Abs. 4 GG, und Gesetze, für deren Umsetzung in die Organisations- und Verwaltungshoheit der Länder eingegriffen wird, Art. 84 Abs. 1 GG. 

Im Regelfall  - also in den im Grundgesetz nicht explizit genannten Fällen - handelt es sich jedoch umEinspruchsgesetze. Bei diesen ist der Einfluss des Bundesrates geringer. Er kann seine abweichende Meinung dadurch zum Ausdruck bringen, dass er Einspruchgegen das Gesetz einlegt. Der Einspruch kann aber durch den Deutschen Bundestag überstimmt werden, sodass dieser dem Zustandekommen eines Gesetzes nicht im Weg steht. Beschließt der Bundesrat mit absoluter Mehrheit seiner Stimmen Einspruch einzulegen, kann dieser nur mit der absoluten Mehrheit im Bundestag (sogenannte Kanzlermehrheit) überstimmt werden. 

Erfahre mehr über das Gesetzgebungsverfahren
Prüfungsrelevante Lerneinheit

Der Bundesrat hat neben Bundestag und Bundesregierung zudem ein Initiativrecht in der Gesetzgebung. Dieses ist in Art. 76 Abs. 1 GG geregelt. Die vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwürfe werden zunächst der Bundesregierung zugeleitet. Sie kann innerhalb von sechs Wochen - in besonderen Fällen innerhalb von drei oder neun Wochen - eine Stellungnahme dazu abgeben. Danach ist der Gesetzentwurf an den Bundestag weiterzuleiten. 

Als eine politische Ergänzung des Initiativrechts wird auch das parlamentarische Mittel der Entschließung eingesetzt. Darunter versteht man Ersuchen, die in der Regel an die Bundesregierung gerichtet sind, um auf Probleme aufmerksam zu machen, die Auffassung des Bundesrates zu einem bestimmten Thema darzulegen oder Gesetzgebungsverfahren durch die Bundesregierung anzustoßen. Entschließungen sind rechtlich jedoch nicht verbindlich.

Zudem beteiligt sich der Bundesrat auch an der Verwaltung des Bundes. Dies geschieht im Wesentlichen durch die Mitwirkung an bestimmten Rechtsverordnung und Verwaltungsvorschriften, zu denen der Bundesrat seine Zustimmung erteilen muss (Art. 80 Abs. 2 GG und Art. 84 Abs. 2 GG). Gem. Art. 80 Abs. 3 GG hat der Bundesrat zudem ein eigenes Antragsrecht für Rechtsverordnungen. 

Mitwirkung in Europäischen Angelegenheiten

Für die Mitwirkungsrechte des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union ist Art. 23 GG entscheidend. Der so genannte Europaartikel wurde 1992 nach Verabschiedung der Maastrichter Verträge eingeführt und bestimmt, dass in Angelegenheiten der Europäischen Union der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mitwirken. Dies beruht auf dem Gedanken, dass die europäische Integration heutzutage weit fortgeschritten ist und daher der innerstaatliche Kompetenzverlust, den Bundestag und Bundesrat durch Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union erfahren, ausgeglichen werden soll. 

Unter anderem besteht eine umfassende und frühzeitige Informationspflicht der Bundesregierung. Die Unterrichtung bezieht sich auf alle Vorhaben, die für die Länder von Interesse sein könnten und umfasst Dokumente, Berichte und Mitteilungen von Organen der Europäischen Union und der Ständigen Vertretung Deutschlands über Sitzungen und Entscheidungen von EU-Gremien sowie Dokumente und Informationen über Initiativen und Stellungnahmen der Bundesregierung an Organe der Europäischen Union. Diese werden in den Ausschüssen und im Plenum des Bundesrates beraten. 

Der Bundesrat ist auch an der Festlegung der deutschen Verhandlungsposition aktiv zu beteiligen, soweit Interessen der Länder berührt sind. Dies ist der Fall, wenn der Bundesrat an einer innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder die Länder innerstaatlich zuständig wären. Betrifft ein Vorhaben im Schwerpunkt die Gesetzgebungskompetenzen der Länder oder die Einrichtung ihrer Behörden oder das Verwaltungsverfahren, so ist die Stellungnahme des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen. Das bedeutet, sie ist im Zweifel die entscheidende bei der Festlegung der deutschen Verhandlungsposition.

Außerdem wacht der Bundesrat über die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Dies erschließt sich aus dem Vertrag von Lissabon. Dafür steht unter anderem die Subsidiaritätsrüge zur Verfügung, bei der es sich um die Möglichkeit einer Präventivkontrolle am Beginn des Gesetzgebungsverfahrens handelt.

Richterwahl

Zu den Aufgaben des Bundesrates gehört nach Art. 94 Abs. 1 GG außerdem die Wahl der Hälfte der Richter am Bundesverfassungsgericht. Darüber hinaus sind ihm in einer Vielzahl von Fällen Mitwirkungsrechte bei der Besetzung von Ämtern, Verwaltungsräten, Beiräten, Fachausschüssen und anderen Gremien eingeräumt. So kann die Ernennung des Generalbundesanwalts und der Bundesanwälte nicht ohne Zustimmung des Bundesrates erfolgen.

Schaue Dir hier die (prüfungs-)relevanten Lerninhalte oder weiterführenden Beiträge zu diesem Thema an: