Zwei Verfahren, eine Rechtsfrage
Der BGH konkretisiert den Umfang von Schadensersatzansprüchen bei Umzügen, die wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Vermieters erfolgten. Gehören auch Maklerkosten in Höhe von 30.000 Euro für eine neue Eigentumswohnung dazu?
Worum geht es?
Der VIII. Zivilsenat des BGH ist unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständig. Nun hat er zwei Verfahren entschieden, die dieselbe Rechtsfrage betrafen. Kann ein Mieter auch eine Erstattung von Maklerkosten ersetzt verlangen, wenn er aufgrund einer Pflichtverletzung des Vermieters umziehen muss?
Fälle aus Berlin und Stuttgart kamen zum BGH
Die beiden Verfahren liegen örtlich weit auseinander, in rechtlicher Hinsicht ging es allerdings um dieselbe Frage. Zum einen gab es einen Mieter in Berlin, dem wegen Eigenbedarfs die Mietwohnung gekündigt wurde. Daraufhin zog er nicht in eine neue Wohnung zur Miete, sondern kaufte sich eine Eigentumswohnung – unter Mithilfe eines Maklers. Dieser verlangte für seine Dienstleistung eine Provision in Höhe von rund 30.000 Euro. Mit der Zeit stellte sich dann aber heraus, dass der Ex-Vermieter den angekündigten Eigenbedarf überhaupt nicht realisierte. Der ehemalige Mieter zog daher vor Gericht, warf ihm die Vortäuschung des Eigenbedarfs (und damit eine Pflichtverletzung) vor und verlangte von ihm die Erstattung der Maklerkosten in voller Höhe.
Ähnliches trug sich im Raum Stuttgart zu, auch hier begehrte ein Mieter den Ersatz von sogenannten Kündigungsfolgeschäden. Er kündigte sein ohnehin mit Streit belastetes Mietverhältnis fristlos, weil ein vom Vermieter beauftragter Handwerker den Balkon der Wohnung ohne sein Einverständnis betreten haben soll. Nun hieß es auch hier Umzug und auch hier folgte keine weitere Wohnung zur Miete, sondern der Kauf eines Einfamilienhauses. Die Maklergebühren beliefen sich in diesem Fall auf rund 13.000 Euro, die der Mieter als späterer Kläger vom früheren Vermieter erstattet bekommen möchte.
Pflichten im Mietvertrag, § 535 BGB
Prüfungsrelevante Lerneinheit
Wie ist die Rechtslage?
Die beiden Kläger begründeten ihre Ansprüche auf Ersatz der Maklerkosten mit § 280 I BGB. Der wegen „Eigenbedarf“ gekündigte Mieter trug vor dem zuständigen Landgericht vor, es handele sich um eine Verletzung der nachvertraglichen Treuepflicht – zum entstandenen Schaden gehörten daher auch die angefallenen Maklerkosten für den Ersatzwohnungskauf. Das Landgericht Stuttgart zog ebenfalls einen Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB in Betracht, weil der Stuttgarter Mieter aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens des Vermieters zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen sei.
Prüfung eines Schadensersatzanspruchs, §§ 280 ff. BGB
Prüfungsrelevante Lerneinheit
Aber greift der Schadensersatzumfang so weit, dass auch die Maklergebühren für den Kauf von Eigentum erstattungsfähig sind? Damit musste sich der BGH beschäftigen und hat per Urteile entschieden: Nein. Maklerkosten, die zum Zwecke des Erwerbs von Eigentum aufgewandt worden, stellen keinen erstattungsfähigen Schaden dar, heißt es in der entsprechenden Mitteilung.
Zu seiner Begründung führte der Zivilsenat aus, dass beide Mietern durch die Käufe nicht nur ihren Besitzverlust ausgeglichen, sondern Eigentümerpositionen eingenommen hätten. Zwar handele es sich dabei um eine adäquat kausale Reaktion des Mieters.
Jedoch sind die im Zuge des Eigentumserwerbs aufgewandten Maklerkosten nicht mehr vom Schutzzweck der jeweils verletzten Vertragspflicht umfasst.
Die vertragliche Haftung bestehe nämlich nur für diejenigen Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Es sei daher stets ein Zusammenhang mit dem verletzten Gebrauchserhaltungsinteresse des Mieters erforderlich, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Bei Maklerkosten sei dies nicht der Fall.
Seine Entscheidung begründete der BGH weiter damit, dass es einen Unterschied zwischen Wohnen auf Zeit und Eigentum gebe. Es gehöre zum Wesen eines Mietvertrags, dass dem Mieter (lediglich) ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung auf Zeit zustehe. Diese Zeitkomponente müsse auch bei der Bestimmung der Ersatzfähigkeit von Schäden berücksichtigt werden. Der Abschluss eines Mietvertrages zeige das Interesse an einem begrenzten Gebrauchsrechts des Mieters.
Erwirbt er eine Wohnung beziehungsweise ein Hausanwesen zu Eigentum verfolgt er bezüglich der Deckung seines Wohnbedarfs andere Interessen als bisher.
Die Klage aus Berlin ist somit endgültig abgewiesen. Das Verfahren des Stuttgarter Mieters geht zurück an die vorherige Instanz, denn es stehe noch nicht eindeutig fest, dass das unerlaubte Betreten des Balkons auch der tatsächliche Anlass für die Kündigung war. Dies muss vom Stuttgarter Landgericht geprüft werden.
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