BVerfG zu Tabakverkauf

BVerfG zu Tabakverkauf

Aromatisierter Tabak bleibt verboten

Menthol-Zigaretten bleiben verboten: Das BVerfG wies eine Verfassungsbeschwerde gegen das Tabakerzeugnisgesetz als unzulässig ab. Der Fall eignet sich hervorragend, um den Zusammenhang von EU-Richtlinien und ihrer Umsetzung in deutsches Recht zu wiederholen.

 

Worum geht es?

Altkanzler Helmut Schmidt bunkerte in seinen letzten Lebensjahren rund 38.000 Menthol-Zigaretten bei sich zu Hause. Der passionierte Raucher, der im Jahr 2015 verstarb, sorgte sich nämlich darum, dass seine geliebten Zigaretten mit Menthol-Geschmack bald verboten sein könnten. Und damit sollte er recht behalten: Seit dem 20. Mai 2020 sind in der EU ausnahmslos alle Zigaretten mit charakteristischen Aromen verboten. Dies geht auf die Besorgnis zurück, dass sie aufgrund ihres Geschmacks den Tabakkonsum fördern könnten.

Das Verbot resultiert aus einer EU-Tabakrichtlinie, die 2014 verabschiedet wurde und aktuell Thema in Karlsruhe beim BVerfG war. Am 20. Mai 2016 wurde sie in deutsches Recht umgesetzt, dann folgte eine vierjährige Übergangszeit. Seit dem 20. Mai 2020 gilt das Verbot ausnahmslos. Ein mittelständischer Produzent aus Berlin legte gegen Regelungen aus dem Tabakerzeugnisgesetzes (TabakerzG) und die dazugehörige Verordnung (TabakerzV) Verfassungsbeschwerde ein. Die Beschwerdeführerin produzierte nämlich insbesondere Tabak mit Menthol-Geschmack. Durch das Verbot rügte sie bei den Verfassungsrichtern Verletzungen verschiedener Grundrechte, insbesondere der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 I GG.

 

Verfassungsbeschwerde unzulässig

In Karlsruhe wurde die Verfassungsbeschwerde allerdings nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig sei. In dem frisch veröffentlichen Beschluss der 2. Kammer des ersten Senats führten die Richter aus, dass eine Überprüfung der angegriffenen Regelungen am Maßstab der deutschen Grundrechte nicht eröffnet sei. Der Grund: Das TabakerzG und die TabakerzV würden zwingende unionsrechtliche Vorgaben in deutsches Recht umsetzen. Und diese unionsrechtlichen Vorgaben, namentlich die EUPTD-II-Richtlinie, wurde bereits vom EuGH hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit Unionsgrundrechten überprüft. Dabei bezieht sich das BVerfG auf die „Planta-Tabak“-Entscheidung vom 30. Januar 2019. Der EuGH bestätigte in der Entscheidung, dass das unionsweite Verkaufsverbot für aromatisierte Tabakprodukte rechtmäßig sei. Damals klagte das Berliner Unternehmen „Planta Tabak“ (daher der Name der Entscheidung) gegen das Verkaufsverbot. Die europäischen Richter werteten aber den Gesundheitsschutz höher als die Warenverkehrsfreiheit. Insbesondere gehe es um den Schutz junger Menschen, die durch Menthol-Zigaretten möglicherweise leicht an den Tabakkonsum herangeführt würden. 

 

Rüge verspäteter Umsetzung ebenfalls unzulässig

In ihrer Verfassungsbeschwerde rügte die Beschwerdeführerin ebenfalls, dass die EU-Richtlinie nicht rechtzeitig in deutsches Recht umgesetzt worden sei. Wäre dies geschehen, hätte sie eventuelle Maßnahmen treffen können, um etwa ihre Produktionsabläufe umzustellen. Dabei zielt sie darauf ab, dass Deutschland eine Regelung schon vor dem 20. Mai 2016 hätte erlassen können – unionsrechtlich sind Mitgliedstaaten nämlich nicht daran gehindert, Vorschriften zur Umsetzung einer Richtlinie vor ihrer Anwendbarkeit zu erlassen. Deutschland entschied sich aber für ein Verkaufsverbot ab dem 20. Mai 2016 mit anschließendem Übergangszeitraum.

Das BVerfG wertete auch diesen Vortrag als unzulässig. In dem Beschluss heißt es: 

Die Beschwerdeführerin zeigt nicht nachvollziehbar auf, dass die geltend gemachten Investitionskosten und Ertragseinbußen nicht ohnehin aufgrund der zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben entstanden wären […].

 

Sie habe nicht ausreichend dargelegt, wie eine frühere Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht vor dem 20. Mai 2016 ihr etwaige Einbußen verhindert hätte. Eine Grundrechtsverletzung diesbezüglich sei daher ebenfalls nicht ersichtlich.

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