A. Einleitung
Im Assessorexamen ist in allen Bundesländern zwingend (mindestens) ein Entwurf einer zivilgerichtlichen Entscheidung, in der Regel ein Urteil, anzufertigen. Auch für die praktische Arbeit in der Zivilstation gehört das Wissen um Aufbau und Abfassung eines Zivilurteils zum unverzichtbaren Handwerkszeug. Mit einer neuen Serie wollen wir daher die folgende Frage beantworten: Wie schreibe ich ein Zivilurteil?
Die zentrale Norm über den Aufbau eines Zivilurteils ist § 313 ZPO, die von § 311 ZPO und § 315 ZPO flankiert wird. Danach besteht das Zivilurteil aus folgenden Abschnitten:
Rubrum (§ 313 I Nr. 1–3 ZPO),
Urteilsformel (sogenannter Tenor, § 313 I Nr. 4)
Tatbestand (§ 313 I Nr. 5, II ZPO)
Entscheidungsgründe (§ 313 I Nr. 6, III ZPO).
Daneben hat das Urteil ggf. eine Rechtsbehelfsbelehrung zu enthalten (§ 232 ZPO). Es schließt mit den Unterschriften der erkennenden Richterinnen und Richtern ab (§§ 315 I, 309 ZPO).
B. Das Rubrum eines Zivilurteils
Rubrum
Prüfungsrelevante Lerneinheit
Aus dem Rubrum eines Urteils (Urteilskopf) gehen die zur Identifizierung des Rechtsstreits erforderlichen Angaben hervor: Wer hat die Entscheidung in welcher Sache getroffen und wer ist von der Rechtskraft dieser Entscheidung betroffen? Dieser Funktion dient der Aufbau eines Rubrums. Weil der Aufbau im Detail aber nicht gesetzlich verbindlich geregelt ist und viele verschiedene (regionale) Besonderheiten existieren, sollten sich Referendarinnen und Referendare an den für ihr Gericht und ihrem Prüfungsamt geltenden Gepflogenheiten orientieren.
Üblicherweise wird oben links in der Ecke zunächst das Aktenzeichen des Rechtsstreits angegeben. Das ist in der ZPO zwar nicht zwingend vorgegeben, ergibt sich aber aus § 4 I 1 der jeweiligen Aktenordnung („Jedes Aktenstück erhält ein Aktenzeichen, unter dem alle dazugehörigen Schriftstücke zu führen sind“). Darunter setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den sogenannten Verkündungsvermerk (§ 315 III ZPO), der in Klausuren wegzulassen ist, weil der richterliche Urteilsentwurf zu fertigen ist. In der Mitte wird das entscheidende Gericht bezeichnet, darunter folgt die Wendung „Im Namen des Volkes“ (§ 311 I ZPO). Sodann folgt die Bezeichnung der Urteilsart (bspw. „Urteil“, „Teilurteil“, „Vorbehaltsurteil“, s.a. § 313b I 2 ZPO).
Mit der (linksbündigen) Einleitungsformel „In dem Rechtsstreit“ wird übergeleitet zu den Angaben zu den Parteien des Rechtsstreits (§ 313 I Nr. 1 ZPO), die so genau erfolgen muss, dass eine Zwangsvollstreckung erfolgen kann (vgl. den in § 750 I 1 ZPO verankerten Grundsatz der Parteiidentität bei der Zwangsvollstreckung). Bei den Parteiangaben kann man sich an § 130 Nr. 1 ZPO orientieren und sie mit Vornamen, Familiennamen, Straße, Hausnummer und Wohnort aufführen. Auch gesetzliche Vertreter sind nach § 313 I Nr. 1 ZPO mit vollständiger Angabe des Namens und der Anschrift zu bezeichnen, weil an diese die Zustellung auszuführen ist (§ 170 ZPO). Das bedeutet, dass vor allem bei juristischen Personen (bspw. GmbH, AG) oder sonstigen rechts- und damit parteifähigen (§ 50 ZPO) Personengemeinschaften (bspw. Außen-GbR, OHG, KG) auf die korrekte Angabe der Vertretungsverhältnisse zu achten ist. Schließlich sind auch die Prozessbevollmächtigten mit vollständigem Namen und Anschrift anzugeben (§ 313 I Nr. 1 ZPO). Auch dies erklärt sich daraus, dass an diese die Zustellung zu erfolgen hat (§ 172 ZPO).
In der konsequenten Fortsetzung der Einleitungsformel („In dem Rechtsstreit“) wird für den Kläger häufig der Genitiv und für den Beklagten der Akkusativ verwendet (sogenannte Grammatik der Parteibezeichnungen). Schließlich ist (rechtsbündig) die Rolle in dem Rechtsstreit zu nennen, wobei im Rubrum – anders als in den übrigen Abschnitten des Urteils - alle Rollen in dem Rechtsstreit anzugeben sind. Das wird vor allem bei Widerklagen relevant (bspw. „Klägers/Widerbeklagten“ und „Beklagten/Widerkläger“). Treten auf Kläger- und/oder Beklagtenseite mehrere Personen auf (Streitgenossenschaft im Sinne von §§ 59 ff. ZPO), sind sie nacheinander unter fortlaufender Nummerierung aufzuführen.
Nach den Parteiangaben folgen die Angaben zu Gericht und den entscheidenden Richterinnen und Richtern (§ 313 I Nr. 2 ZPO). Benannt werden (am Landgericht) die zuständige Zivilkammer (vgl. §§ 71, 75 GVG), der Nachname der erkennenden Richterinnen und Richter sowie deren Amtsbezeichnung (s. § 19a DRiG). Schließlich ist der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung anzugeben (§ 313 I Nr. 3 ZPO). Dieser bestimmt die zeitliche Reichweite der Rechtskraft und ist für eine mögliche Präklusionswirkung wichtig (vgl. § 767 II ZPO). Dabei ist darauf zu achten, dass nicht fälschlicherweise der Verkündungstermin genannt wird. Das Rubrum leitet schließlich mit der Wendung „… für Recht erkannt:“ über zum Tenor des Urteils (§ 313 I Nr. 4 ZPO).
Ein typisches Rubrum könnte damit wie folgt aussehen:
2 O 18/19
Landgericht Hamburg
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn Peter Petersen, Musterstraße 7, 20095 Hamburg,
Klägers,
- Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Theresa Hansen, Dorfstraße 19, 20095 Hamburg -
gegen
Frau Petra Mustermann, Hauptstraße 23, 20095 Hamburg,
Beklagte,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Max Power, Nebenstraße 7, 20095 Hamburg -
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Müller, die Richterin am Landgericht Meier und den Richter Schmidt
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2020
für Recht erkannt:
C. Fazit und Ausblick
Auch wenn die Anfertigung eines Rubrums wenig aussagt über die juristischen Fähigkeiten und Kenntnisse einer Referendarin oder eines Referendars, ist es Grundlage des ersten Eindrucks der Korrektorin oder des Korrektors von einer Klausur - dieser Effekt sollte nicht unterschätzt werden! In der kommenden Woche werde wir uns mit den Grundfragen des Tenors eines Zivilurteils befassen.
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